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Karrieresprung

Karrieresprung

Titel: Karrieresprung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Erfmeyer
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Grundschule in der Nähe waren. Dann stießen sie mit einem Glas Sekt auf ihr Kind an.
    Knobels Erinnerung an den Moment, als er Lisa am Feldweg das erste Mal berührt hatte, war in ihm eingebrannt. Doch mit der Zeit hatte er einen Abzug dieses Bildes gefertigt und ihn zu einem anderen Bild verändert. Auf dem Abzug war es nicht mehr die jugendliche unerfahrene Lust, mit der er Lisa begehrt und entblößt hatte, sondern ein tabuloser Rausch, in dem sie sich einander hingaben; die in flüchtigen Gedanken und Träumen erlittene und gelebte Lust verband sich immer häufiger nicht mit Lisa, sondern einer anonymen gesichtslosen Weiblichkeit, mit der er seine Begierden teilte. Die Farben auf dem Bildabzug entfernten sich immer mehr von den Pastelltönen der Vorlage. Sie waren grell und die Konturen hart. Sein anfängliches Beschämen wich mit dem Ergebnis seiner Analyse, dass all dies der Lauf der Dinge sein müsse. Die heftige begehrende Verliebtheit auf dem Original schien außergewöhnlich. Sie erlebt haben zu dürfen, forderte seinen Dank und berechtigte nicht zur Klage über ihren Verlust.
    Als man sich eines Tages im Dubrovnik über die Trennung der Eheleute Reitinger unterhielt und darüber, wie man die eigenen Ehepartner kennen gelernt hatte, erfand Knobel, wie Lisa ihn mit dem Fahrrad verfolgt und schließlich, als er erschöpft am Wegesrand angehalten hatte, ihn an sich gezogen und ihn lang leidenschaftlich geküsst habe. Alles Weitere deutete er mit unmissverständlichen Worten an und enthielt sich anzüglicher Details. Er überließ seine Zuhörer ihrer Phantasie und genoss ihr gespanntes Schweigen und Löffkes schmutziges bellendes Lachen. Der Senior beglückwünschte ihn zu seiner Gattin.

    Lisa hatte sich schon Namen für das Kind ausgesucht, und Knobel kommentierte ihre Vorschläge mit kritischen Anmerkungen.
    Die Nachspeise wurde serviert, und Knobel schleckte genüsslich die Schokoladen-Ingwermousse mit Zimt-Quarkschaum. Er zwinkerte ihr zu und machte eigene Namensvorschläge, jedoch nicht ernsthaft, sondern wie ein Spiel, in dem Lisa nun gefordert war, seine Vorschläge zu verwerfen. Seine Füße suchten unter dem Tisch nach ihren, und er berührte sie sanft.

20
    Die Klageschrift von Weinsteins Anwalt war knapp. Auf der Blattoberseite prangte in fetten schwarzen Buchstaben der Name des Anwalts, rechts und links von noch fetteren Paragraphenzeichen flankiert. Die Klageschrift selbst führte in blasser dünner Schrift auf eineinhalb Seiten aus, dass Herr Weinstein dem beklagten Herrn Rosenboom den geforderten Betrag übergeben habe und man sich einig gewesen sei, dass Rosenboom ihn binnen drei Monaten zurückzuzahlen habe. Die drei Monate waren verstrichen, und die beigefügte Fotokopie einer Quittung belegte, dass Rosenboom das Geld erhalten haben musste. Eine weitere Kopie wies nach, dass Weinstein seinen Gegner vor Erhebung der Klage erfolglos zur Zahlung angemahnt hatte. Die Klageschrift endete mit der flüchtigen Unterschrift des Anwalts, der Weinstein schon im ersten Verfahren vertreten hatte.
    Knobel prüfte den Fall mit schulmäßiger Genauigkeit, doch der ebenso kurze wie eindeutige Sachverhalt offenbarte keine Anhaltspunkte, an denen er aussichtsreich hätte einhaken können.
    Er konzentrierte sich auf die wenig Erfolg versprechende Idee, sich mit der Behauptung zu verteidigen, dass Weinstein das Geld Rosenboom geschenkt habe. So sehr Knobel seine Phantasie auch angestrengt hatte, um eine Geschichte zu konstruieren, die eine Schenkung glaubhaft erscheinen ließ, es wollte ihm nichts Plausibles einfallen. Jeder seiner Einfälle überzeugte nicht, weil zum Zeitpunkt der angeblichen Schenkung Weinstein bereits gegen Rosenboom wegen des feuchten Hauses prozessierte. Dies freilich machte auch unerklärlich, warum Weinstein seinem Mandanten überhaupt Geld gegeben haben sollte. Denn auch die Behauptung des Herrn Weinstein, dass er das Geld Rosenboom geliehen habe, war vor diesem Hintergrund merkwürdig.
    Weinsteins Klage schwieg sich über die Motive indes aus. Weinstein hatte die Quittung vorgelegt, und Rosenboom hatte sie als richtig anerkannt. Jedes zweifelnde Wort darüber, dass es unwahrscheinlich sei, dass Weinstein seinem Gegner überhaupt Geld gegeben habe, griff aus diesem Grund ins Leere.
    Knobel flehte Rosenboom ein letztes Mal an, den aussichtslosen Prozess erst gar nicht aufzunehmen. Doch sein Mandant blieb hart und forderte barsch die Phantasie des Anwalts ein. Er verlangte eine

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