Kartiks Schicksal
frommer Klub?«
»Nein. Das kann ich nicht sagen. Noch nicht. Vorläufig bleibt es eine private Angelegenheit«, sagt Tom. Er legt den Zeigefinger auf die Lippen und streift dabei seine Nase. »Ein Geheimnis.«
»Und deshalb sprichst du mit mir ganz offen darüber, ja?«
»Du machst dich lustig über mich!«
»Stimmt, und das sollte ich nicht, denn es ist viel zu leicht.«
»Du glaubst nicht, dass ein Klub mich aufnehmen würde?« Seine Lider flattern und sein Kopf sinkt ein bisschen herab. Gleich werden ihm die Augen zufallen. »Nun, der heutige Abend …«
»Der heutige Abend«, hake ich nach.
»… hat mir ein Zeichen gegeben. Ein Erk-k … Erkennungszeichen … Sie haben gesagt, es würde mich vor … vor unerwünschtem … Einfluss … beschützen.«
»Vor was?«, frage ich, aber es ist zwecklos. Tom ist im Sessel eingeschlafen. Seufzend nehme ich die Decke vom Sofa und breite sie über seine Beine. Ich ziehe sie bis zu seinem Kinn herauf und erstarre. An seinem Rockaufschlag steckt eine mir wohlbekannte Nadel – das Totenkopf-und-Schwert-Symbol der Rakschana.
»Tom«, sage ich und schüttle ihn. »Tom, woher hast du das?«
Er verändert seine Lage im Sessel leicht, ohne die Augen zu öffnen. »Ich hab’s dir gesagt, mir wurde die Mitgliedschaft in einem Herrenklub angetragen. Vater wird endlich stolz auf mich sein und ich werde beweisen, dass … dass ich … ein Mann bin.«
»Tom, du darfst ihnen nicht vertrauen«, flüstere ich und umklammere seine Hand fest. Ich versuche, mithilfe der Magie eine Gedankenverbindung herzustellen, aber der Alkohol, den er zu sich genommen hat, beginnt auf mich einzuwirken. Benommen lasse ich seine Hand los. In meinem Kopf dreht sich alles.
Fowlson hat seine Drohung wahr gemacht. Bittere Galle steigt in meiner Kehle hoch und eine neue Angst befällt mich. Ich bin in seinem finalen Spiel gefangen: Wenn ich Tom mein Geheimnis verrate, wird er mich für verrückt erklären. Wenn ich die Magie verwende, werden die Rakschana wissen, dass ich sie habe, und sie werden mich stellen, bevor ich eine Chance habe, das zu tun, was ich tun muss.
Derzeit kann ich meinem Bruder nicht trauen. Er ist einer von ihnen.
*
Am nächsten Morgen bringt mich Tom zum Bahnhof, wo ich eine Mrs Chaunce, eine Bekannte von Großmama, treffen soll, eine ältere Dame, die für eine kleine Vergütung mit mir bis Spence fahren wird. Tom ist heute früh unerträglich. Er ist das Trinken nicht gewöhnt – seine Gesichtsfarbe zeigt es. Seine Laune ist auf dem Tiefpunkt und es geschieht ihm recht. Tom schaut wiederholt auf seine Taschenuhr und beschwert sich bitter. »Wo bleibt sie nur? Frauen. Können einfach nicht pünktlich sein.«
»Tom, dieser Klub, dem du beigetreten bist …«,beginne ich, aber gerade da trifft Mrs Chaunce ein und Tom kann mich ihr gar nicht rasch genug übergeben.
»Leb wohl, Gemma! Angenehme Reise.«
Nach einem kurzen Austausch von Höflichkeiten kümmert sich Mrs Chaunce, die glücklicherweise genauso wenig Interesse an mir hat wie ich an ihr, um das Gepäck. Sie gibt dem Träger einen Penny für seine Mühe. Er sieht die Münze verächtlich an und ich krame in meiner Geldbörse nach zwei weiteren. Mrs Chaunce ist keine sehr gute Anstandsdame, denn ich habe sie schon verloren. Ich erspähe sie gerade noch, bevor sie in den Zug steigt, und beeile mich, sie einzuholen.
»Haben Sie das fallen lassen, Miss?«
Ich drehe mich um und sehe hinter mir Mr Fowlson mit einem Damentaschentuch in der Hand. Es ist nicht meines, aber darum geht es gar nicht; es dient nur als Anlass, um mit mir zu reden.
»Halten Sie sich von meinem Bruder fern oder …«
»Oder was, Süße, hä?«
»Ich zeige Sie an.«
Er lacht. »Und wofür? Dass Ihr Bruder einem Herrenklub beigetreten ist und Ihnen das nicht passt? Um Himmels willen! Ehe ich mich’s versehe, werde ich im Gefängnis sein.«
Ich senke meine Stimme zu einem Zischen. »Lassen Sie ihn in Ruhe oder ich … ich …«
Sein Lächeln verschwindet und ein harter Blick tritt an dessen Stelle. »Oder Sie werden was? Ihre Zauberkraft gegen mich verwenden? Aber Sie haben doch gar keine, stimmt’s, meine Süße?«
Die Magie bäumt sich in mir auf wie ein Pferd, das ausbrechen will, und nur mit äußerster Anstrengung gelingt es mir, sie zu zähmen. Ich darf sie nicht loslassen, nicht jetzt.
Mrs Chaunce ruft aus einem offenen Fenster nach mir. »Miss Doyle! Miss Doyle! Beeilen Sie sich!«
»Netter Kerl, Ihr Bruder. Will Anerkennung um
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