Kartiks Schicksal
voll Farbe und gesprenkelt von einem sanften Licht, das die Landschaft in eine Palette taucht, die Monsieur Monet gefallen würde. Nach einer sterbenslangweiligen Predigt aus dem Mund des halb toten Reverends Waite belohnt Mrs Nightwing unsere engelhafte Geduld, indem sie uns bittet, ihr bei den Vorbereitungen für den Maskenball zu helfen. In unseren Malerkitteln, mit Farbpinseln in den Taschen, werden wir nach draußen geschickt. Auf dem Rasen wurden Tische aufgestellt und darauf lange Leinwandbahnen ausgebreitet. Farbtöpfe beschweren die Ecken. Miss McChennmine weist uns an, pastorale Szenen zu malen, die den Schauplatz unseres Maskenballs bilden sollen. Die einzige Szene, die mir einfällt, ist der lächerliche, Bocksprünge machende Pan in Unterhosen auf dem Bild im Wohnzimmer meiner Großmutter. Ich weigere mich, diese Scheußlichkeit zu malen, obwohl der Gedanke, ihn mit einem Korsett auszustatten, durchaus verlockend ist.
Felicity ist mit Feuereifer bei der Arbeit. Ihr Pinsel taucht von einem Topf in den anderen, und als die Burg zum Vorschein kommt, lächle ich und füge im Hintergrund den zerklüfteten Berg der Winterwelt hinzu. Miss McChennmine geht zwischen den Tischen herum. Sie korrigiert hier einen Busch, dort eine Blume. Es ist lästig und mich lockt der Gedanke, Miss McChennmine einen Schnurrbart zu malen.
»Was ist das?« Miss McChennmine betrachtet stirnrunzelnd unser im Entstehen begriffenes Bild des Niemandslands.
»Ein Märchen«, antwortet Felicity. Sie fügt einem Baum rote Beeren hinzu.
»Märchen sind ziemlich trügerisch. Wie endet das hier?«
Felicity lächelt herausfordernd. »Glücklich, wie sonst?«
»Es ist ein wenig düster.« Miss McChennmine nimmt einen Pinsel und tupft ein leuchtendes Orange über meinen aufgewühlten grauen Himmel der fernen Winterwelt. Es macht ihn nicht freundlicher; es verwandelt ihn nur in eine schmutzige Melange.
»Schon besser«, sagt sie. »Machen Sie weiter.«
»Monster«, murmelt Felicity zwischen den Zähnen. »Versprich, dass du ihr keinen Tropfen Magie gibst, Gemma.«
»Bestimmt nicht, bei meinem Leben«, schwöre ich.
*
Am Nachmittag kommen die Zigeunerinnen mit Körben voll Eingemachtem und anderen Süßigkeiten. Miss McChennmine fragt, ob sich einer der Zigeuner zum Hacken von Feuerholz verdingen würde. Wenig später kommt Kartik und ich spüre, wie mir die Glut ins Gesicht steigt. Er zieht seinen Mantel aus, rollt seine Hemdsärmel bis zu den Ellbogen auf, schultert die Axt und marschiert zu einem Baum.
Miss McChennmine verlässt uns, um sich vom Fortschritt des Ostflügels zu überzeugen, und ich schleiche mich zu Kartik hinüber. Sein Hemd ist feucht und klebt an seinem Körper. Ich reiche ihm Wasser. Er wirft einen Blick zu Miss McChennmine, die uns nicht die geringste Aufmerksamkeit schenkt. Zufrieden trinkt er das Wasser in einem Zug und wischt sich mit dem Handrücken über die Stirn.
»Danke«, sagt er mit einem eigenartigen Lächeln.
»Was ist so amüsant?«, frage ich.
»Es erinnert mich an einen höchst seltsamen Traum, den ich hatte.« Er reibt mit dem Daumen über seine Unterlippe.
Die Röte steigt mir in einem Schwall ins Gesicht. »Nun ja«, sage ich, den Wasserkrug hin und her drehend. »Es war nur ein Traum.«
»Wie Sie sich vielleicht erinnern, glaube ich an Träume«, sagt er und sieht mich dabei auf eine Weise an, dass ich wegschauen muss, um ihn nicht wieder zu küssen.
»Ich … ich muss über eine dringende Sache mit Ihnen sprechen«, sage ich. »Mr Fowlson hat mich in London aufgesucht. Wir waren zu einem Abendessen in der Hippokrates-Gesellschaft eingeladen. Er wartete draußen auf mich.«
Kartik nimmt die Axt, die er aus der Hand gelegt und an einen Baumstumpf gelehnt hatte. Ein gespannter Zug tritt um seinen Mund. »Was wollte er?«
»Die Magie. Ich sagte ihm, ich hätte sie dem Orden gegeben, aber er hat mir nicht geglaubt. Er drohte mir, und als mein Bruder am nächsten Abend nach Hause kam, erzählte er mir, er sei aufgefordert worden, einem exklusiven Herrenklub beizutreten. An seinem Rockaufschlag war die Nadel der Rakschana.«
»Das bekommt man nicht umsonst. Er wird geködert«, sagt Kartik.
»Ich muss mit den Rakschana sprechen«, sage ich. »Können Sie ein Treffen arrangieren?«
»Nein.« Er lässt mit einer neuen Entschlossenheit die Axt herabsausen.
»Sie könnten meinem Bruder etwas antun!«
»Er ist sein eigener Herr.«
»Wie können Sie nur so hart sein? Sie hatten auch einen
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