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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Unzufriedenheit hervorrufen.«
    »Inwiefern?«, frage ich.
    »Es ist zu ihrem Besten!«, sagt sie, als sei es ein Mantra.
    Eine junge Hadschin nähert sich. Ihr Gesicht ist von Kummer überschattet. »Es ist keine gute Ernte«, sagt sie entschuldigend. »Wir haben durch Frost und Mehltau viele Blüten verloren.«
    Ascha runzelt die Stirn. »Frost?«
    Die Unberührbare öffnet ihre blasige Hand und einige verwelkte, erfrorene Mohnblüten kommen zum Vorschein. »Sie überleben nicht.«
    »Hier«, sage ich und lege meine Hand darauf. Neuer Klatschmohn entspringt, prall und rot. »Das könntet ihr machen, wenn ihr wolltet.«
    Das Mädchen sieht Ascha hoffnungsvoll an, doch Ascha schüttelt den Kopf.
    »Diese Methode ist nicht verlässlich«, antwortet Ascha. Sie pflückt die erste Blüte aus der Hand des Mädchens und wirft sie auf den Abfallhaufen.
    *
    Ich nehme wieder den Weg durch die Trauerweiden. Die majestätischen Zweige breiten sich wie ein Baldachin über meinem Kopf aus und ich gehe gedankenverloren unter ihm dahin. Was hat der Orden mit mir vor? Kann es sein, dass der Orden Wilhelmina Wyatt getötet hat, um sie zum Schweigen zu bringen, und wenn ja, was für ein Geheimnis hatte sie, das es wert war, dafür einen Mord zu begehen? Wie kann ich das Magische Reich regieren, wenn jene, mit denen ich ein Bündnis schließen will, sich untereinander nicht trauen?
    Nicht einmal die Aussicht, im Niemandsland Pippa und die anderen zu sehen, beruhigt mich jetzt. Sie werden von meinen Problemen nichts hören wollen. Sie werden tanzen wollen. Fröhliche Spiele spielen. Aus dünner Luft Ballkleider machen und Capes aus fadenscheinigen Wandteppichen. Und wenn Felicity und Pippa zusammen sind, dann ist es, als existierten wir anderen gar nicht. Ich bin neidisch auf ihre enge Vertrautheit und hasse mich dafür.
    Ein kleiner Sandsturm wirbelt auf dem Weg auf, gefolgt vom Geräusch galoppierender Hufe. Mein Herz schlägt schneller. Das Getrappel kommt rasch näher und ich kann ihm diesmal nicht entkommen. Die Bäume stehen zu dicht. Magie. Aber wofür? Mich tarnen. Aber wie? Kann nicht denken. Eine Illusion. Aber was? Sieh dich um, Gemma. Was ist hier? Ein Weg. Himmel. Staub. Bäume. Eine Trauerweide!
    Er kommt immer näher.
    Vergiss deine Angst. Vergiss sie. Vergiss sie. Ich fühle, wie sich die Magie in mir regt, und ich kann nur hoffen, dass sie mir gehorcht. Als ich auf meine Hände blicke, erscheinen sie wie Zweige. Ich hab’s geschafft. Ich habe mich getarnt.
    Der Reiter fällt in einen langsamen Trab und hält dann an. Ich kann vor Schreck kaum atmen. Es ist Amar. Er trägt einen Umhang aus Tierhäuten – die Augen der Tiere bewegen sich noch darin – und einen Helm aus Totenschädeln. Seine Augen sind schwarze Höhlen und ich ersticke einen Schrei. Denk daran, weswegen du hier bist, Gemma. Ruhig, ruhig …
    Das Pferd ist ein unirdisches Wesen mit Augen, wie Pippa sie manchmal hatte. Es schnaubt und bleckt die Zähne, während Amar den Weg absucht.
    »Ich weiß, dass du hier bist«, ruft er. »Ich rieche deine Zauberkraft. Deine Unwissenheit.«
    Mein Herz rast so wild, dass es zu zerspringen droht. Ein Rabe flattert von Baum zu Baum und ich fürchte, er wird mich entdecken. Stattdessen fliegt er zu Amar und lässt sich auf seiner Schulter nieder.
    »Die Zeit ist nahe. Nimm dich in Acht vor der Geburt des Mai.«
    Er drückt dem Pferd die Sporen in die Flanken und reitet in einer Staubwolke davon.
    Ich zähle bis hundert, dann lege ich meine Tarnung ab und renne, so schnell mich meine Beine tragen, ins Niemandsland.
    Ich möchte meinen Freundinnen von Circe erzählen, aber ich fürchte mich davor. Wie kann ich ihnen gestehen, dass sie immer noch lebt? Dass ich zu ihr gegangen bin, um sie um Rat zu fragen? Dass ich ihr Magie gegeben habe? Ich darf gar nicht daran denken, was für ein Risiko ich eingegangen bin. Und wofür? Für Mumpitz. Ermahnungen, meine dunklen Winkel zu erforschen, als sei nicht sie der böseste Mensch, dem ich je begegnet bin.
    Sobald ich die Burg erreiche und meine Freundinnen lachen und umhertollen höre, heitert sich meine Stimmung beträchtlich auf. Es war ein Fehler, Circe aufzusuchen, ein Fehler, den ich nicht noch einmal machen werde. Ich werde nicht wieder dorthin gehen bis zu dem Tag, an dem ich die Magie zurückgebe und das Bündnis schließen werde. Dem Tag, von dem an sie für immer aus der Welt verschwunden sein wird.

31. Kapitel
    Wir werden von einem herrlichen Sonntagmorgen geweckt,

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