Kartiks Schicksal
Bruder.«
»Früher einmal.« Er schwingt die Axt und der Holzklotz wird in zwei Teile gespalten.
»Bitte …«, sage ich.
Kartik wirft wieder einen Blick zum Ostflügel, dann nickt er in Richtung des Waschhauses. »Nicht hier. Dort drinnen.«
Ich warte in der Waschküche. Heute sind keine Wäscherinnen da; der alte, aus Holz und Stein gebaute Raum ist leer. Ungeduldig gehe ich vor dem Herd auf und ab, wo die Bügeleisen aufgereiht sind, um heiß gemacht zu werden. Ich umrunde die großen Kupfertröge und schlage mit den Fingerknöcheln gegen die gerippten Waschbretter, die darin liegen. Ich gebe dem Rad der Mangel einen Schubs. Ich weiß, dass diese Maschine Wunder wirkt und das Wasser bis auf den letzten Tropfen aus den Kleidern herauspresst, die durch ihre langen Walzen geführt werden. Wie sehr wünschte ich, ich könnte meine durchweichten Gedanken durch die Mangel drehen, um sie von dem Gewicht zu befreien, das mich niederdrückt.
Endlich kommt Kartik. Er tritt so nahe an mich heran, dass ich das Gras und den Schweiß an ihm riechen kann. »Sie wissen nicht, wozu die Rakschana fähig sind«, warnt er.
»Ein umso triftigerer Grund, sie von Tom fernzuhalten!«
»Nein! Sie müssen sich von Fowlson und den Rakschana fernhalten. Gemma, sehen Sie mich an.«
Da ich das nicht tue, nimmt er mein Gesicht in seine Hände und zwingt mich, ihm in die Augen zu sehen. »Wenn Ihr Bruder so dumm ist, in diese Falle zu tappen, dann müssen Sie ihn verloren geben. Ich werde Sie nicht zu den Rakschana bringen.«
Tränen der Wut steigen mir in die Augen. Ich blinzle sie fort. »Ich habe Amar gesehen.«
Es ist, als hätte ich ihm einen Faustschlag versetzt. »Wann? Wo?« Er lässt mich los und ich weiche in sichere Entfernung bis zum nächsten Waschtrog zurück.
»Im Magischen Reich.«
»Sagen Sie mir alles. Ich muss es wissen!« Er kommt näher, aber ich verschanze mich hinter dem Waschtrog.
»Zuerst müssen Sie mir helfen. Vereinbaren Sie für mich ein Treffen mit den Rakschana, dann helfe ich Ihnen, Amar zu finden.«
»Das ist Erpressung.«
»Ja. Ich habe viel von Ihnen gelernt.«
Er drischt mit der Faust gegen die Wand, dass das Waschbrett, das dort hängt, zittert. Seine Stimmung ist genauso düster wie die meine mitunter und sein Temperament genauso hitzig.
»Ich brauche etwas Zeit«, sagt er ruhig. »Wenn ich die Vereinbarung getroffen habe, knüpfe ich meine Hälfte des Tuchs in den Efeu unter Ihrem Fenster.«
»Ich verstehe. Danke.«
Er quittiert es nicht einmal mit einem Nicken. »Sobald unser Geschäft abgeschlossen ist, breche ich auf. Wir werden einander nicht wiedersehen.«
Er stürmt durch die Tür des Waschhauses und bald höre ich ihn das Holz kleinhacken. Ich warte ein paar Minuten. Das ist lange genug, um seine Worte wie geschmolzenes Blei in meinen Magen sinken und alle meine Glieder erstarren zu lassen.
»Gemma, wo bist du gewesen?«, fragt Elizabeth, als ich zu den Maltischen zurückkomme.
»Eine Dame muss es nicht an die große Glocke hängen, wenn sie auf die Toilette gehen muss, oder?« Ich schockiere sie bewusst.
»Oh! Natürlich nicht.« Und sie spricht mich nicht mehr an, was ein Glück ist.
Miss McChennmine hatte recht – wo ich meine Hände im Spiel habe, entsteht ein Chaos. Ich tauche meinen Pinsel in das grelle Gelb und male eine große glückliche Sonne mitten in den schmutzigen Himmel. Wenn sie sonnige Himmel haben wollen, dann sollen sie sie haben.
Ann pirscht sich an mich heran. »Ich habe gerade Miss McChennmine und Mr Miller belauscht«, sagt sie atemlos. »Es ist schon wieder ein Mann verschwunden. Sie haben nach dem Inspektor geschickt, damit er sich der Sache annimmt. Was meinst du, was mit ihnen passiert ist?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung«, brumme ich. Ich werfe einen verstohlenen Blick zu Kartik, der die Überreste des Baumes zur Unkenntlichkeit zerhackt.
Ein Windstoß wirft den Topf mit roter Farbe um. Die Farbe spritzt über die Leinwand und verdirbt das Bild mit der Burg aus dem Niemandsland.
»Pech, Gemma«, sagt Ann. »Jetzt musst du noch einmal von vorn anfangen.«
*
Am Abend schaut Inspektor Kent vorbei, und obwohl er unsere Bilder bewundert, die beim Feuer trocknen, ist uns klar, dass sein Besuch nicht zufällig ist. Er bürstet den Schmutz von seinen Stiefeln, nachdem er bereits mit Mr Millers Männern und den Zigeunern gesprochen hat. Er führt diskrete Befragungen unter den jüngeren Mädchen durch. Er verwandelt es in eine Art Frage- und
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