Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
Vom Netzwerk:
fleht Felicity, bereit, Pippa und den anderen zu folgen.
    »Ja, worauf wartest du?«, drängt auch Ann. Sie nimmt mir die Fackel aus der Hand und beide rennen los.
    »Könnte für die Blinde gefährlich sein.« Die Elfe schnappt sich eine Locke von Wendys Haar, hält sie an ihre Nase, schnuppert daran und schnippt sie verächtlich fort. »Lass sie zurück. Ich passe auf sie auf.«
    Wendy klammert sich an meinen Arm.
    »Das tue ich ganz bestimmt nicht«, sage ich.
    Die Elfe flattert nahe an meinem Mund. »Sie wird euch auf eurer Expedition nur hinderlich sein.«
    »Ich glaube, ich habe jetzt endgültig genug von dir.« Ich puste fest und das grün schillernde kleine Biest purzelt durch die Luft. Es verflucht mich, als ich mein Nachthemd raffe und zum Boot renne, Wendy an der Hand hinter mir herziehend.
    »Fein«, sage ich, als ich in das stampfende Boot steige. »Jetzt sind wir ganz auf uns gestellt. Sehen wir zu, dass wir unsere fünf Sinne beisammenhalten. Es könnten Fallen lauern. Es könnten Ungeheuer auftauchen – oder Schlimmeres.«
    »Aber was ist mit deiner Zauberkraft?«, fragt Mae.
    Felicity sucht sich einen Platz, setzt sich und steckt das Schwert zwischen ihre Füße. »Genau. Wir werden’s ihnen zeigen, wenn sie dumm genug sind, uns zu belästigen.«
    »Wir wissen nicht, ob ich es mit ihnen aufnehmen kann«, warne ich. »Genau genommen wissen wir gar nichts über die Winterwelt. Ich habe die Magie nicht immer unter Kontrolle und ich will mich ihrer nur dann bedienen, wenn wir keine andere Wahl haben.«
    Ich schaue in die ernsten Gesichter meiner Freundinnen und plötzlich fühle ich mich ganz klein. Ich wünschte, jemand anders würde diese Last tragen. Es ist unmöglich, die vor uns liegende Flussstrecke deutlich zu sehen; der Nebel liegt schwer auf dem Wasser und ich hoffe, dass wir nicht im Begriff sind, einen schrecklichen Fehler zu begehen und in unser Unglück zu segeln.
    »Fertig?«, ruft Bessie. Sie steht mit einem Fuß im Boot und mit dem anderen auf der schmalen Felskante, die das Ufer säumt.
    Ann reicht mir die Fackel zurück. Ich befestige sie vorne am Bug, um unseren Weg zu beleuchten.
    »Stoß uns ab, Bessie, bitte«, antworte ich.
    Sie gibt dem Boot einen kräftigen Schubs und wir gleiten in den Fluss hinaus, weit weg von jedem sicheren Hafen. Wir setzen uns an die Ruder. Pippa stellt sich in den Bug und starrt durch den Nebel. Felicity, Wendy und ich mühen uns mit demselben Ruder ab und ächzen vor Anstrengung. Der Widerstand des Wassers ist groß, doch bald trägt uns der Fluss auf seinem Rücken. Der Nebel lichtet sich und wir staunen über die gewaltigen glitzernden Felswände, die sich auf beiden Seiten des Flusses wie riesige verwitterte Hände vergessener Götter erheben.
    Die einzige Farbe in dieser öden Landschaft stammt von den primitiven Felsmalereien entlang den Klippen. Bilder erschreckender Gespenster ziehen an uns vorüber, unter ihren weit ausgebreiteten Mänteln die Seelen enthüllend, die sie verschlungen haben. Quellnymphen ziehen einem an einen Felsen geketteten Opfer die Haut ab. Die Klatschmohnkrieger in ihren zerlumpten Waffenröcken und rostigen Kettenpanzern. Schwarze Vögel, die über Schlachtfelder fliegen. Amars Ebenbild – samt seinem weißen Pferd und dem grässlichen Helm – starrt uns aus der Felswand entgegen und ich wünschte, mein Blick wäre nicht darauf gefallen. Ein ganzes Geschichtsbuch ist hier aufgeblättert; zu viel, um alles zu erfassen. Aber ein Bildnis fällt mir besonders ins Auge; es zeigt eine Frau, die vor einem mächtigen Baum steht, die Arme zum Willkommen ausgestreckt. Der Nebel verdichtet sich wieder und ich kann nichts mehr sehen.
    »Dort vorne ist irgendetwas!«, ruft Pippa. »Stopp!«
    »Ich bin … kein Seemann … oder Pirat«, keucht Ann.
    Wir blicken über unsere Schulter, um zu sehen, was da ist. Eine riesige Felsformation blockiert den Weg. Sie hat oben zwei runde Löcher und unten eine weite Öffnung. Sie sieht aus wie ein schreiendes Gesicht.
    »Haltet auf den Mund zu!«, ruft Pippa über das Brausen des Wassers.
    Mit einem Ruck gerät das Boot in eine Stromschnelle und wir werden von einem Strudel erfasst. Mercy schreit auf, als eine Welle über die Bordwand schwappt. Wir sind hilflos gegen die kreiselnde Strömung. Das Boot schaukelt und dreht sich um sich selbst, bis wir schwindlig sind.
    »Vorsicht! Wir werden kentern!«, ruft Pippa.
    »Wir müssen hineinrudern!«, schreit Felicity.
    »Du bist verrückt! Wir müssen

Weitere Kostenlose Bücher