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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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erzähle«, sagt er augenzwinkernd. Mehr brauchen wir nicht, um ihn zu bestürmen.
    Inspektor Kent nimmt einen Schluck Tee. »In dieser Geschichte geht es um eine Truppe von Komödianten, die nicht weit von hier verschwunden zu sein scheint.«
    »Gütiger Himmel«, sagt Mademoiselle LeFarge. »Wir hatten kürzlich Besuch von Komödianten.«
    »Gegen mein besseres Wissen«, brummt Mrs Nightwing.
    »Es ist eine äußerst merkwürdige Geschichte. Offenbar wollten sich diese Burschen mit einigen anderen Berufskollegen in Dorset treffen, aber sie sind dort nie angekommen. Inzwischen liegen uns Berichte aus verschiedenen Dörfern vor, wo sie gesehen wurden. Und entlang ihrer Spur sind Gerüchte über vermisste Personen aufgetaucht.«
    Die jüngeren Mädchen sind von der Geschichte entzückt, besonders als Inspektor Kent ihnen zuzwinkert und mit den Augenbrauen wackelt.
    Aber mir läuft eine Gänsehaut über den Rücken. »Waren das Geister?«
    Inspektor Kent lacht dröhnend. Auch die Mädchen kichern und halten mich für verrückt.
    »Während meiner zwanzig Jahre beim Yard sind mir die haarsträubendsten Dinge untergekommen, aber einen Geist habe ich nie gesehen. Ich will Ihnen sagen, was ich denke. Ich glaube, diese Komödianten, die ja allesamt zweifelhafte Existenzen sind, waren ihren Kollegen in Dorset Geld schuldig. Deshalb sind sie dort nicht aufgetaucht. Und was die Berichte über vermisste Personen betrifft, nun ja, in jedem Dorf gibt es irgendwen, der einen guten Grund hat, sich aus dem Staub zu machen.«
    »Was für einen guten Grund?«, fragt Cecily.
    »Das tut nichts zur Sache«, erklärt Mrs Nightwing und schürt damit erst recht unsere Neugier.
    »Oh, Mr Kent.« Mademoiselle LeFarge kichert. »Nichts mehr davon oder die Mädchen werden heute Nacht kein Auge zutun. Lassen Sie uns über die Hochzeit sprechen, ja?«
    »Wie Sie wünschen, Mademoiselle LeFarge, wie Sie wünschen«, antwortet er.
    »Ich dachte, vielleicht könnten Sie alle uns dabei helfen, die Lieder auszusuchen, die wir singen wollen.« Sie runzelt die Stirn. »Oje! Ich habe vergessen, ein Gesangbuch aus der Kapelle mitzubringen. Und dabei habe ich den ganzen Tag daran gedacht.«
    »Ich werde es holen«, sagt Inspektor Kent und setzt seine Teetasse ab.
    Mrs Nightwing hält ihn zurück. »Nein. Miss Doyle soll es holen. Nach meiner Berechnung hat sie noch ein paar Tage lang Buße zu tun. Es wird ihr guttun. Miss Poole, Sie werden sie begleiten.«
    Verdammte Nightwing.
    Elizabeth folgt mir auf den Rasen hinaus. Sie zuckt bei jedem Geräusch zusammen. »Was war das?«, ruft sie. Ein Frosch hüpft über ihren Fuß und sie schreit auf und greift nach meinem Arm.
    »Es ist nur ein Frosch, Elizabeth. Du führst dich auf, als wäre es ein Drache«, sage ich ärgerlich.
    Wir sind noch keine zehn Schritte gegangen, als Elizabeth kreischt und fast an mir hochklettert.
    »Was ist jetzt schon wieder?«, frage ich und schubse sie weg.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie mit Tränen in den Augen. »Es ist so dunkel! Ich hasse die Dunkelheit. Schon immer. Sie macht mir Angst.«
    »Tja, da kann ich dir nicht helfen«, knurre ich und sie fängt an zu heulen. »Also gut«, seufze ich. »Geh und versteck dich in der Küche. Ich hole das Gesangbuch und dann komme ich zu dir zurück.«
    Sie nickt und stürzt davon, ohne auch nur Danke zu sagen. Meine Lampe weist mir den Weg zur Kapelle. Nachtgetier stimmt sein Zirp- und Krächzkonzert an. Es klingt nicht eben tröstlich an diesem Abend, aber es bringt ins Bewusstsein, dass die Dunkelheit von vielen Lebewesen bevölkert ist. Die Hunde beim Zigeunerlager erheben ihr Gebell, das in ein unruhiges Winseln übergeht. Der Laut zerrt an meinen Nerven.
    Also gut. Kein Zaudern. Ich bin hier, um das Gesangbuch zu holen, und es muss schnell gehen. Die uralte Eichentür der Kapelle ist schwer. Ich ziehe mit aller Kraft und sie öffnet sich knarrend einen Spaltbreit. Im Innern ist es düster und totenstill. Alles Mögliche könnte dort lauern. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich klemme einen Stein in den Türspalt und schlüpfe hinein.
    Das schwarzblaue Dämmerlicht des späten Abends, das durch die farbigen Glasfenster fällt, wirft Muster auf den Fußboden. Mein Lampenlicht bewegt sich darüber. Ich finde kein Gesangbuch im hinteren Teil der Kapelle, also bin ich gezwungen, den Mittelgang entlangzugehen und mich immer weiter von der Tür und einer schnellen Fluchtmöglichkeit zu entfernen. Ich schwinge meine Lampe zwischen den

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