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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Saal sehe ich den Klatschmohnkrieger, der seine Schöne nach draußen und in Richtung Wald führt. Brigid kleidet mich aus und steckt mich unter die Decken wie ein Kind. Ich bekomme ein Glas mit etwas, was mich innerlich wärmt und mich benommen macht. Ich kann keine Worte formen.
    Ich stolpere zum offenen Fenster. Die Luft ist warm und duftet nach Frühling und ich atme sie tief ein, als hätte sie allein die Kraft, mir zu helfen. Ich sehe mehr und mehr jener schwarzen Vögel.
    Etwas Weißes blitzt zwischen den Bäumen auf und ich denke, ich sehe Pippa über den Rasen auf Spence zugehen, wie sie es im Leben getan hat. Sie ist so blass wie eine Mondscheibe, so schwer fassbar wie die Wahrheit. Nein, sie ist nicht da. Bitte, lieber Gott, hilf mir, bete ich, obwohl ich nicht an einen weißbärtigen Gott glaube, der die Bösen bestraft und die Guten belohnt. Ich habe gesehen, wie die Übeltäter ungestraft davongekommen sind und den Leidenden noch mehr Leid aufgebürdet wurde. Und wenn ein solcher Gott existiert, so glaube ich nicht, dass ich seine Aufmerksamkeit verdiene. Aber in diesem Moment, als ich meine tote Freundin wie eine Sternschnuppe über den Rasen von Spence schweben sehe, wünschte ich, ich könnte daran glauben und daraus Trost schöpfen, denn ich habe Angst.
    Mein Kopf glüht. Ich wühle ihn in die Kissen, drücke die Augen fest zu und horche auf meinen Pulsschlag, der in meinem Blut eine Warnung aussendet.
    Du bist nicht wirklich, Pippa Cross. Ich sehe dich nicht; also bist du nicht da. Ja. Gut. Sehr gut.
    Mit immer noch geschlossenen Augen leiere ich einen eintönigen Singsang vor mich hin: »Ich seh dich nicht..« Darüber muss ich kichern und das Kichern erschreckt mich aufs Neue. Hör auf, Gemma, bevor du verrückt wirst.
    Oder bin ich es schon?
    *
    Eine Parade von Träumen zieht über die Bühne. Wilhelmina Wyatt, die ihre Finger über die Schiefertafel führt. Mein Vater lachend und glücklich und mein Vater auf dem Boden, die Augen anklagend auf mich gerichtet. Philons Clan mit gezückten Waffen. Der brennende Tempel. Kartiks Kuss. Pippas bläulich-weiße Augen. Ein über den schwarzen Sand und das Gebein der Winterwelt donnerndes Heer. Ich steige die Treppenstufen hinauf und stehe vor dem Porträt von Eugenia Spence. Die Ranken der Winterwelt schlingen sich noch fester um die Kehlen und Körper jener verlorenen Seelen, die zur Opferung bereit sind. Ihre Gesichter sind grau. Und ich sehe Circe, die zwischen ihnen hindurch auf den Baum Aller Seelen zumarschiert.
    Ich erwache von einem Geräusch. Irgendetwas ist bei mir im Zimmer. Die Nymphe leuchtet in der Ecke. Sie hat eine Maus gefangen, die sie sanft von einer Hand in die andere wirft und jedes Mal wieder auffängt.
    »Besorgt?« Ihr Lachen ist wie das Splittern von Knochen. »Alles ist in Gang gesetzt. Du kannst es nicht aufhalten. Der Tag des Opfers kommt.«
    »Schweig!«
    Ihr Geflüster wickelt sich wie eine Spirale um mich. Die Nymphe lässt die Maus am Schwanz baumeln. Die Maus spreizt vor Angst ihre winzigen Krallen. Sie versucht, an ihrem eigenen Schwanz hochzuklettern. »So lange haben wir gewartet, so lange. Jetzt wird sie frei sein und wir alle mit ihr. Denn dieser Handel wurde vor langer Zeit abgeschlossen. Eine Seele im Tausch gegen eine andere.«
    Ich halte mir die Ohren zu. »Hör auf!«
    »Wie du wünschst«, sagt sie. Sie öffnet den Mund und beißt fest in den Nacken der Maus.
    Ich wache schlagartig auf. Meine Stirn ist feucht. Mein Nachthemd klebt an mir, als hätte ich eine Schwitzkur gemacht. Ich gewöhne meine Augen an die tiefe Dunkelheit, und als mein Zimmer Kontur annimmt, weiß ich, dass ich diesmal wirklich wach bin. Der Regen klatscht gegen das Fenster und mein Körper schmerzt. Ich bin so schwach wie ein neugeborenes Kätzchen. Ich höre Anns Schnarchen nicht.
    »Ann?«, rufe ich. Sie ist nicht in ihrem Bett und im Grunde meines Herzens weiß ich, dass sie mit Felicity ins Magische Reich gegangen ist.
    Ich muss ihnen nach. Ich stolpere die Treppe hinunter und in die Küche, um von da auf den Rasen und zum geheimen Tor zu gelangen. Ein scharfes Klopfen am Fenster lässt mich zusammenfahren. Es ist zu dunkel, um zu sehen, wer dort draußen ist, und um ehrlich zu sein, fürchte ich mich davor, hinzusehen. Das Klopfen wiederholt sich. Das Fenster ist beschlagen. Ich halte meine Hände an das Glas und spähe in die Nacht hinaus. Ithals Gesicht starrt mir durch die Fensterscheibe entgegen und erschreckt mich. Ithal ! Ich

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