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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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spielt keine Rolle, dass es nur eine Illusion ist; die Männer glauben es.
    »Halt ! «, brüllt Lord Denby und die Flammen und die Phantome sind verschwunden. Er stolpert an die Brüstung. »Wir sind Männer der Vernunft, Miss Doyle.«
    »Nein, das sind Sie nicht. Und darum muss ich sehr offen sprechen, Sir. Sie werden nie wieder meiner Familie nahe treten oder es wird Konsequenzen geben. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Durchaus«, keucht er.
    »Was ist mit dem Magischen Reich?«, ruft Kartik laut. »Habt ihr vergessen, dass wir lange Zeit dessen Hüter waren? Wollt ihr uns nicht in die Winterwelt begleiten?«
    Die Männer murmeln untereinander. Niemand meldet sich freiwillig.
    »Also gut«, sagt Lord Denby. »Ich werde einige Fußsoldaten mit der Aufgabe betrauen.«
    »Fußsoldaten?«, frage ich.
    Kartik verschränkt die Arme. »Männer wie Fowlson und ich. Männer, die man nicht vermissen wird.«
    »Ja, nehmen Sie Mr Fowlson mit«, sagt Lord Denby, als würde er einen Dienstboten empfehlen. »Er kann mit dem Messer umgehen. Sie sind ein verlässlicher Bursche, was, Fowlson?«
    Mr Fowlson steckt die Bemerkung ein wie einen Schlag, den er nicht erwidern wird. Er beißt die Zähne zusammen.
    »Einverstanden. Ich nehme Mr Fowlson. Wir verstehen einander. Und er kann tatsächlich mit einem Messer umgehen«, sage ich. »Binden Sie bitte meinen Bruder los.«
    Mr Fowlson löst Toms Fesseln. Er schultert Toms schlaffen Körper und wir bewegen uns zur Tür.
    »Die Augenbinde!«, brüllt ein Mann.
    Ich werfe sie auf den Boden. »Ich brauche sie nicht. Wenn Sie sie tragen wollen, bitte gerne.«
    »Gemma! Was zum Teufel geht hier vor? Was hast du getan?«, fragt Tom. Er kommt wieder zur Besinnung und es muss gehandelt werden.
    »Bitte, haltet ihn gut fest, ja?«, sage ich zu Kartik und Fowlson, die Toms Arme ergreifen.
    »Was soll das! Lassen Sie mich sofort los!«, verlangt Tom, aber er ist noch zu schwach, um sich zu wehren.
    »Thomas«, sage ich und ziehe meine Handschuhe aus, »das wird dir viel mehr wehtun als mir.«
    »Was?«, fragt er.
    Ich verabreiche ihm einen kräftigen, sauberen Kinnhaken und Tom ist bewusstlos.
    »Sie sind eine ganz schön harte Lady«, sagt Fowlson, während er meinen Bruder in die Kutsche hebt.
    Ich breite meinen Rock manierlich über meine Beine und ziehe den Handschuh über meine schmerzende Hand. »Sie haben noch nie eine Kutschfahrt mit meinem Bruder unternommen, wenn er in solch einem Zustand war, Mr Fowlson. Glauben Sie mir, Sie werden mir dafür dankbar sein.«
    *
    Als Toms Verstand – soweit von einem solchen die Rede sein kann – wieder funktioniert, sitzen wir am Kai. Die Straßenlaternen werfen Tümpel aus Licht auf die Themse; sie zerfließen wie nasse Farbe. Tom ist völlig aufgelöst: Sein Kragen steht ab wie ein gebrochenes Bein und seine Brust ist mit Blut befleckt. Er hält ein nasses Taschentuch an sein grün und blau geschlagenes Gesicht, dabei wirft er mir verstohlene Blicke zu. Sooft ich seinem Blick begegne, schaut er rasch weg. Ich könnte jetzt meine Magie zu Hilfe rufen, um alle Spuren dieses Abends aus seiner Erinnerung zu löschen, aber ich entscheide mich dagegen. Ich bin es müde, mich zu verstecken. Mich selbst zu verleugnen, um andere glücklich zu machen. Soll er die Wahrheit über mich wissen, und wenn er sie nicht ertragen kann, sei’s drum.
    Tom bewegt vorsichtig sein Kinn. »Au.«
    »Ist es gebrochen?«, frage ich.
    »Nö, ös tut nur wöh«, sagt er. Er drückt das Taschentuch an seine blutige Unterlippe und zuckt zusammen.
    »Willst du nicht darüber sprechen?«, frage ich.
    »Sprek’n über wa?« Er sieht mich an wie ein erschrecktes Tier.
    »Was soeben geschehen ist.«
    Er entfernt das Taschentuch. »Was gibt es da zu diskutieren? Ich wurde mit Äther betäubt, an einen geheimen Ort gebracht, gebunden und mit dem Tod bedroht. Dann entfesselte meine Schwester, die Debütantin, die eigentlich in der Schule sein sollte, um Knicksen und Sticken zu lernen und auf Französisch Muschein zu bestellen, eine Kraft, wie ich noch nie eine gesehen habe und für die es keine rationale, juristische oder wissenschaftliche Erklärung gibt. Ich werde mich morgen öffentlich dazu äußern.« Er starrt auf den schmutzigen Fluss hinaus, der sich durch das Herz von London schlängelt. »Das alles war wirklich. Nicht wahr?«
    »Ja«, sage ich.
    »Aber du wirst keine, äh …« Er macht eine Handbewegung, als schwinge er einen Zauberstab, was vermutlich so viel heißen

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