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Kartiks Schicksal

Kartiks Schicksal

Titel: Kartiks Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Libba Bray
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Beteuerungen hören.
    »Ihr liebt das, was ich für euch tun kann«, korrigiere ich sie.
    Sie kichern, aber es klingt kein bisschen freundlich. Es erinnert mich an den Husten eines todkranken Mannes. »Deine Zauberkraft ist nichts im Vergleich zu der des Baumes Aller Seelen.«
    Ich fahre herum. »Was habt ihr gesagt?«
    Sie seufzen in Verzückung. »Eine Berührung genügt und du wirst wissen, was wahre Zauberkraft ist – all deine Ängste gebannt, all deine Wünsche erfüllt.«
    Ich fange eine der beiden ein und schließe sie in meine Faust. Sie schlägt wild um sich.
    »Lass mich los, lass mich los!«
    Das zweite Wesen hopst herunter und beißt mich in den Daumen. Ich schleudere es weg, es schlägt einen Salto in der Luft und fasst nach einem Zweig, um seinen Sturz abzufangen.
    »Ich lasse dich ja gleich los! Hör auf herumzuschlagen! Ich will nur wissen, was es mit diesem Baum auf sich hat.«
    »Ich werde dir nichts sagen.«
    »Zerquetsche es zu Saft«, spornt Felicity mich an.
    Die Elfe reißt entsetzt die Augen auf. »Oh, bitte … Ich werde dir alles sagen.«
    Felicity grinst zufrieden. »So bekommt man, was man will.«
    Ich halte das kleine Ding in meinen hohlen Händen. »Was ist der Baum Aller Seelen?«
    Die Elfe entspannt sich, »Ein Ort mit sehr starker Magie tief im Innern der Winterwelt.«
    »Aber ich habe gedacht, der Tempel sei die einzige Quelle der Magie im Magischen Reich.«
    Das Grinsen des elfenhaften Wesens gleicht einer Totenmaske. Es hüpft auf einen Zweig knapp außerhalb meiner Reichweite.
    »Warte … bleib noch«, rufe ich ihm nach.
    »Wenn du mehr wissen willst, wirst du in die Winterwelt reisen und dich selbst überzeugen müssen. Denn wie kannst du das Magische Reich regieren, wenn du nie die starre Schönheit jener Welt gesehen hast? Wie kannst du regieren, wenn du nur die halbe Wahrheit kennst?«
    »Ich weiß, was ich über die Winterwelt wissen muss«, antworte ich, aber ich bin davon nicht überzeugt. Es ist etwas Wahres an dem, was das kleine Biest gesagt hat.
    »Du weißt nur, was sie dir über die Winterwelt erzählt haben. Willst du es ohne Wenn und Aber als die Wahrheit akzeptieren? Ohne selbst dort gewesen zu sein? Hast du nie daran gedacht, dass sie dich absichtlich über deren Geheimnisse im Unklaren lassen?«
    »Verschwinde!« Felicity pustet kräftig. Die Elfe verliert den Halt und purzelt kreischend von einem Zweig zum anderen, bis sie mit einem hörbaren Upps auf einem Blatt landet.
    »Du bist eine Närrin, eine Närrin!«, ruft sie. »In der Winterwelt wird es entschieden! Dann wirst du wissen, was wahre Macht ist, und zittern …«
    »Was für entsetzliche kleine Biester. Ich werde euch zeigen, was es heißt zu zittern!« Felicity jagt ihnen nach. Die erschrockenen Dinger fliegen durch die Bäume davon.
    »Lasst uns in Ruhe, ihr dummes Menschenpack.«
    Die kleine Wendy hockt sich nieder und hält sich die Ohren zu. »Da ist es wieder, das Geschrei.«
    Mr Darcy hopst wild in seinem Käfig und Wendy klammert sich daran fest.
    »Wendy, hör schon auf damit!«, schimpft Mae. »Da ist kein Geschrei.«
    »Ist ja gut, Liebling, nimm meine Hand«, sagt Mercy beruhigend und legt einen Arm um Wendy.
    Weit drüben über der Winterwelt zieht sich ein brennend roter Streifen durch das Grau des Himmels. Er flammt für einen Moment auf, dann verschwindet er.
    »Habt ihr das gesehen?«, fragt Ann.
    »Lasst uns näher gehen.« Bessie läuft durch das hohe Schilfgras, das sich zwischen dem Wald und der Mauer zur Winterwelt erstreckt. Der dichte Nebel sickert herüber ins Niemandsland und hüllt uns in ein fahles Leichentuch. Vor der gewaltigen Mauer halten wir inne. Jenseits des Eingangstors steigen spitze Berggipfel, schwarz wie Onyx, aus dem Nebel auf. Eis und Schnee heften sich halsbrecherisch daran. Der Himmel wogt grau von einem andauernden Sturm. Der Anblick jagt mir einen prickelnden Schauer über den Rücken. Es ist verboten; es ist eine Versuchung.
    »Könnt ihr es fühlen?«, fragt Mae. »Es kriecht einem unter die Haut, stimmt’s?«
    Pippa drängt sich neben mich und nimmt meine Hand. Felicity schlingt einen Arm um Pippas Taille und Ann nimmt meine andere Hand.
    »Glaubst du, es gibt wirklich solch einen magischen Ort im Innern der Winterwelt?«, fragt Pippa.
    Der Baum Aller Seelen lebt. Das waren die Worte, die die geheimnisvolle Frau auf die Schiefertafel geschrieben hat. Aber bis jetzt hat niemand diesen Baum mir gegenüber erwähnt. Wieder einmal wird mir klar, wie wenig

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