Kasey Michaels
Platz zurückkehrte, dann fragte er
Nicole leise: „Lyddie? Ich hab sie nicht Lyddie genannt?“
„Das hätte
niemand gewagt“, verkündete Nicole. „Aber sie ist ganz in Ordnung, man
muss nur wissen, wie man sie anfasst.“
Charlotte
verdrehte die Augen. „Und du weißt das natürlich, und immer zu deinem Vorteil!“
„Sie ist
meine Zwillingsschwester! Ich beschütze sie!“ Übermütig fragte sie: „Darf
ich dir ein Glas Wein einschenken, Euer Gnaden? Ach, ich schenke allen ein,
und wir trinken auf deine Rückkehr!“
Überrascht
fragte Rafe. „Du erlaubst ihnen Wein, Charlotte?“
„Auf keinen
Fall“, erklärte sie mit wütendem Blick zu Nicole. „Ihr Mädels trinkt
natürlich Limonade, und ohne zu murren.“
Nicole
verzog den Mund zu einem reizenden Schmollen, doch dann lächelte sie. „Siehst
du, wie streng sie mit uns ist, Rafe? Charlotte ist ein Muster an Anstand;
also, wir wissen nicht, wie wir ohne sie ausgekommen wären, nachdem Tante
Emmaline vor einigen Wochen geheiratet hat.“
Rafe machte
mittlerweile den Eindruck eines Mannes, der sich waffenlos einer Überzahl an
Feinden gegenüber sieht. „Wochen? Sie ist seit Wochen fort? Das hat sie in
ihren Briefen aber nicht erwähnt.“
Ohne darauf
einzugehen, sagte Nicole: „Lass mich nach Grayson läuten, damit du deinen Wein
bekommst, Rafe!“ Damit huschte sie nach einem drängenden Blick zu Charlotte
davon, der besagte: Vermassel es bloß nicht!
Entschlossen
ging Charlotte zum Angriff über. „Willst du mir mit deinen Worten zu verstehen
geben, dass ich mich deiner Ansicht nach nicht zum Hüten deiner Schwestern
eigne?“
„Ich ...
nein, nein, natürlich nicht. Verzeih, Charlie. Wenn Emmaline fand, dass du das
kannst, wer bin ich, ihr Urteil infrage zu
stellen? Aber sie sind ... äh ... keine kleinen Mädchen mehr, nicht
wahr?“
„Nein, das
sind sie nicht. Aber auch noch keine jungen Frauen, so gern Nicole das glauben
möchte.“
Rafe
blickte zu dem Sofa, wo die beiden Mädchen Hand in Hand saßen und miteinander
flüsterten, und sagte müde: „Manches erscheint mir im Krieg einfacher zu
regeln. Sie sind zu alt fürs Schulzimmer und zu jung für ihre erste Saison.
Was um Himmel willen soll ich nur mit ihnen anfangen?“
„Was wohl?
Du lässt sie hier auf dem Land zurück, während du dich in London verlustierst,
und vergisst sie angelegentlich, bis sie alt genug zum Debütieren sind, dann
putzt du sie gebührend heraus und lässt sie auf den Heiratsmarkt los, wobei du
betest, dass du sie am Ende der Saison nicht wieder mit heimschleppen musst.
Was sonst tun denn Eltern mit ihren Töchtern?“
Grinsend
antwortete er: „Höre ich da einen Hauch Kritik? Hast du auch zu denen gehört?
Ja, bestimmt. Aber waren die Männer in London alle blind? Oder hast du wirklich
auf mich gewartet?“
Wenn sie
seine Worte auch besser nicht ganz ernst nahm, spürte sie doch, wie ihr heiße
Röte in die Wangen stieg. „Nein, du hast mich nur wütend gemacht“, log sie
und hätte beinahe erleichtert applaudiert, als Grayson erschien und Seiner
Gnaden die Ankunft seines Freundes Captain Fitzgerald kundtat.
„Ein höchst
... einzigartiger Gentleman“, erklärte er in einem Tonfall, der
keineswegs wie ein Kompliment klang. „Er hofft, Sie sofort zu sehen, Sir.“
„So, so?
Eher vermute ich, dass er mich zu sehen verlangt.“
„Sehr wohl,
Euer Gnaden. Kaum dass er den Mund aufmachte, wusste ich, dass er einer Ihrer
Freunde sein muss.“
„Wie hübsch
Sie Beleidigungen verpacken können, Grayson!“ Rafe nahm Charlotte bei der
Hand und zog sie mit sich zur Tür. „Komm, Charlie, außer mir sollst du ein
weiteres schwarzes Schaf kennenlernen.“
„Ich möchte
mich nicht aufdrängen ...“
„Unsinn.
Meine Freundin soll meinen Freund
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