Kasey Michaels
du
dann früher heimgekommen, darauf bedacht, mich von der Aufgabe zu erlösen ...
oder um mich hochkant hinauszuwerfen?“
„Eins von
beiden. Was hat Emmaline sich nur dabei gedacht?“
„Das musst
du sie selbst fragen. Aber einigen Leuten schien es wohl nur natürlich, da ich
mit deinem Cousin Harold verlobt war ...“
„Entschuldigen
Sie uns eine Moment, Cummings“, rief Rafe dem Verwalter zu, der eben vor
dem Sägewerk von seinem Pferd gestiegen war. Dann packte er Charlottes Tier
beim Zügel und zog es mitsamt Reiterin eine Strecke zurück über den Pfad, bis
sie außer Hörweite waren. Aus dem Sattel springen und Charlotte von ihrem Pferd
heben war praktisch eins. Ehe sie protestieren konnte, stand sie neben ihm.
„Wiederhol
das bitte!“, befahl er knapp.
„Wirklich
Rafe, seit wann bist du so theatralisch?“, sagte Charlotte und schaute
angelegentlich auf die Blumen in ihrer Hand nieder. „Ich sagte, als die
Verlobte deines Cousins ...“
„Das hatte
ich gehört, verdammt!“, unterbrach Rafe sie. Er konnte durch den vor
seinen Augen wabernden roten Schleier der Wut kaum sehen. Charlie, seine Charlie,
verlobt mit diesem Mistkerl Harold? Ihm kam es fast hoch, er wollte jemanden
schlagen, lauthals fluchen, toben, doch er sagte nur erstickt: „Erklärst du
mir, warum du das nicht schon gestern erwähnt hast?“
Wie im
Trotz umklammerte sie die Reitgerte. „Ich hielt es nicht für
wichtig.“
„Nicht
wichtig? Du solltest Harolds Frau werden, und das findest du nicht
wichtig?“
„Es war
noch nicht lange vereinbart, Rafe. Als Harold umkam, waren wir kaum vierzehn
Tage verlobt.“
„Und er
ging mit der Jacht seines Bruders unter, während er seine Verlobung mit der
Frau, die er zu heiraten beabsichtigte, feierte, indem er mit Dirnen
herummachte. Vermutlich hast du nicht gerade gejubelt, als Mr Hobart dir und
Emmaline diese spezielle Information zukommen ließ.“
Charlotte
zuckte mit den Schultern und schaute endlich auf. „Es war nicht, wie du denkst.
Nicht, was du dir vorstellst. Ich machte mir über diese Heirat keine
Illusionen.“
Ratlos
schüttelte Rafe den Kopf. „Warum dann? Warum nahmst du seinen Antrag an?“
Ihre Augen
blitzten warnend. „Darauf müsste ich nicht antworten, ich tu's aber, weil ich
sehe, dass du keine Ahnung hast. Dein Onkel wollte Rose Cottage. Schon sein
Vater war ja darauf aus. Also willigte mein Vater schließlich ein. Die Heirat
... die Heirat sollte die Vereinbarung besiegeln. Sozusagen meine Mitgift. So
etwas ist ja nicht neu, und schließlich war ich über das Alter hinaus, in dem
man noch als passabel gilt. Das Arrangement schien nur vernünftig.“
„Und du
hast eingewilligt? Du warst zu dem Handel bereit?“
Als sie
antwortete, vermied sie seinen Blick. „Nun, ein jüngerer Sohn ist natürlich
kein großartiger Fang, doch nicht zu verachten, wenn der Vater ein Duke ist.
Und ich bin beinahe zweiundzwanzig, worauf du ja schon hingewiesen hast; die Ehe
mit Harold hätte mir sicher nicht lange etwas abgefordert. Mich dann in London
zu vergnügen ist doch gewiss besser, als eine keifende alte Jungfer zu werden?
Und so, Rafe, obwohl du es offensichtlich nicht hören magst, willigte ich ein,
ja. Und nun hör auf, mich anzuglotzen, als ob du mich nicht kenntest, und lass
uns zu Cummings zurückkehren. Du sieht gerade ziemlich albern aus.“
Nachdenklich
sein Kinn reibend sah Rafe auf Charlotte nieder.
„Nein, ich glaube das nicht! Du hast unmöglich einer Heirat mit Harold
zugestimmt, gleich, wie vernünftig das Arrangement schien. Irgendetwas stimmt
da nicht.“
„Du irrst
dich, Rafe, und übrigens, jeder andere Mann würde mir für meine Hilfe während
dieser schwierigen Monate danken, anstatt mich einer
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