Kasey Michaels
ihm anvertraut
hatte.
Vielleicht
lag es auch an all diesen Gründen zusammen, aber jedenfalls zeigte sich Rafe
nun mit viel größerem Selbstvertrauen auf dem Besitz, und er nahm in dem
großen Speisesalon seinen Platz am Kopf der Tafel ein, ohne auch nur einmal
dem Stuhl am unteren Ende einen Blick zu schenken, auf dem er einst als
Almosenempfänger gesessen hatte.
John
Cummings hatte diese Veränderung bemerkt und besprach sich neuerdings mit
seinem Herrn, anstatt einfach eigenmächtig
Anordnungen zu treffen. Rafe verbrachte lange Abende im Arbeitszimmer,
studierte alte Buchführungskladden und notierte Saatzeiten und Ernteerträge
und Marktpreise von Getreide und Vieh, wie er als Offizier Proviantlieferung
und -verteilung und den Wachwechsel geplant hatte.
Er hatte
mit Charlotte nicht mehr über die Vergangenheit geredet. Stattdessen tanzten
sie fast vierzehn Tage lang behutsam umeinander herum, doch langsam,
bedachtsam baute sich zwischen ihnen das frühere Verhältnis wieder auf. Nun
ging der Januar zu Ende, und sie waren beinahe wieder die besten Freunde,
lachten miteinander, neckten sich und waren tatsächlich wieder gern zusammen.
Wobei Rafe sich ihr manchmal bewusst fernhalten musste, um nicht dem immer
stärker aufkeimenden Drang nachzugeben, sie zu umarmen, zu küssen, zu trösten.
Aber er
würde warten, würde den rechten Moment abpassen. Was blieb ihm anderes übrig?
Mittlerweile
kam Charlottes Mutter jeden Nachmittag zum Tee hinunter, und später
beschäftigte sie sich im Wintergarten von Ashurst Hall, glücklich, ihre Blumen
wiederzuhaben, denn einige aus den Trümmern des Gewächshauses gerettete
Pflanzen hatte man dort untergebracht.
Und noch
etwas geschah.
Mr Seavers
hatte Rafe vor zwei Tagen nach dem Dinner aufgesucht, um ihm zu verkünden, dass
er als ein Mann von Ehre nicht länger schweigen könne. Er habe seinen Besitz
Rose Cottage dem verstorbenen Duke urkundlich überschrieben und sei nun zu der
Überzeugung gelangt, dass diese Verpflichtung auch Rafe gegenüber gültig sei.
Während
dieser Rede hatte Rafe, die Feder in der Hand, ein Buchungsjournal offen vor
sich, stumm und starr hinter seinem Schreibtisch verharrt, so wütend, dass vor
seinen Augen ein roter Nebel wallte. Er bezwang den Drang, diesen Mann zu
beschimpfen, der gerade von seiner Ehre gesprochen hatte. Als er
schließlich den Kopf hob und sprach, war seine Stimme trügerisch sanft. „Soweit
ich es verstanden habe, war diese Urkunde nicht der einzige Besitz, den Sie, der
Sie so auf Ehre pochen, meinem Onkel zu übereignen willens waren.“
Der Ältere
erbleichte und umklammerte die Lehne des Stuhls, als werde er gleich umsinken.
„Sie hat es Ihnen gesagt? Ach, diese Schande! Wir ... wir werden Ashurst Hall
umgehend verlassen, Euer Gnaden.“
Ja, das war
der Augenblick gewesen, der Augenblick, der Rafe wirklich zum Duke machte,
nicht nur dem Titel nach.
Langsam,
sorgfältig, legte er die Feder nieder und erhob sich. „Sie haben ihm geglaubt,
Mr Seavers? Sie stellten das Wort meines Onkels über das Ihrer Tochter?“
„Aber ...
aber ich sah sie. Mein Gott, ich sehe sie immer noch da vor mir stehen
und mich anstarren, mit einem Blick, der mich verdammte, weil ich dem Plan des
Duke zustimmte ... in Anbetracht dessen, was Charlotte getan hatte, war es
eine unglaublich edelmütige Geste seiner Gnaden, sie seinem Sohn zu geben
...“
„Und
obendrein Rose Cottage samt dem Land, auf das er seit Jahren ein Auge hatte,
einzuheimsen? Meinen Sie das? Charlie sagte Ihnen, dass der Mann log, dass
seine Söhne logen. Sie ist Ihre Tochter. Warum glaubten Sie ihr nicht?“
„Ich
glaubte ihr ... äh ... vermutlich.“ Mr
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