Kasey Michaels
Himmel verhüten! Nein, Rafe, Nicole ist noch
jung, sie hegt ein paar seltsame Vorstellungen – Gott sei Dank ist sie nicht
so wie deine Mama. Aber sie wird sich machen, und Lydia auch. Sie sind noch
Kinder.“
Rafe wich
einem entgegenkommenden Mann aus, blieb aber stehen, als dieser ihnen den Weg
vertrat.
„Euer
Gnaden“, sagte der Mann, lüftete seinen Hut und verneigte sich
schwungvoll. „Ich bitte um Vergebung, dass ich Sie so
informell anspreche, doch ich war gerade auf dem Weg, meine Karte an Ihrem
Domizil abzugeben, als ich Sie und die junge Dame kommen sah.“
„In der
Tat?“, sagte Rafe, während Charlotte den Mann unauffällig musterte.
„Ja, Euer
Gnaden. Ich war mir ungewiss, ob Sie mich empfangen würden, deshalb wählte ich
den, äh, Weg des Feiglings, nur meine Karte hinterlassen zu wollen, in der
Hoffung, dass Sie später mit mir zu sprechen wünschten. Doch nun stehen Sie ja
hier vor mir – und die junge Dame.“ Er verbeugte sich vor Charlotte, die
andeutungsweise knickste, da sie unsicher war, ob sie einen Earl beehrte oder
einen Händler, der Rafe wegen einer Rechung seiner Mutter mahnen wollte.
„Nun,
Sir“, meinte Rafe obenhin, „das kann ich erst beantworten, wenn ich weiß,
wer sie sind.“
„Gott! Da
sehen Sie, wie tölpelhaft ich bin! Das Treffen kam so plötzlich! Ich bitte
vielmals um Pardon, Euer Gnaden. Mein Name ist Hobart, Hugh Hobart. Ich ...
ich war an jenem schicksalhaften Tag als Gast auf der Jacht Ihres Onkels.“
„Tatsächlich?“,
sagte Rafe und spürte, wie Charlotte seinen Arm fester fasste.
Einen
Augenblick herrschte fast ungemütliches Schweigen, bis Charlotte eingriff.
„Wie schrecklich für Sie, Mr Hobart, dass Sie dieses Unglück miterleben
mussten. Man kann nur dankbar sein, dass Sie überlebten, nicht wahr?“
„Wahrhaftig,
Mr Hobart, fast schon ein Wunder“, echote Rafe.
Mr Hobart
nickte heftig. „Ja, Euer Gnaden, so ist es, so ist es! Nicht, dass ich
unverletzt geblieben wäre, körperlich, und auch in meiner Seelenruhe habe ich
gelitten! Ein Unwürdiger wie ich überlebt, und Ihre hochgeborenen Angehören
sind tot! Mitsamt ihren reizenden Begleiterinnen.“ Aufseufzend schüttelte
er den Kopf. „Gebe Gott, dass sie einen schnellen Tod hatten; mögen ihre Seelen
in Frieden ruhen und so weiter.“
Charlotte
war gesellschaftlich wenig versiert, sah man von ihrer einen
Saison in London ab, gewann jedoch den Eindruck, dass sie und Rafe es hier mit
einem zudringlichen Kriecher zu tun hatten.
Der Mann
war noch jung, vielleicht fünf Jahre älter als Rafe, mit scharfen Zügen, einer
langen, dünnen Nase und eng zusammenstehenden Augen. Insgesamt wirkte er ein
wenig beunruhigend, ein Mann, der um ein Haar den Gentleman verfehlt hatte,
sodass er sich auf ewig am Rande der Gesellschaft bewegte. Sein Auftreten war
nicht schlecht, doch irgendwie angestrengt, und seine Sprache gestelzt und
nicht völlig für Damengesellschaft geeignet.
Auch Rafe
schien diesen Eindruck zu haben, denn in eindeutig kühlerem Ton sagte er: „Ja,
gut dann, Mr Hobart. Wäre da noch etwas? Miss Seavers und ich möchten gern
unseren Spaziergang fortsetzen.“
Anstatt
sich mit einer Verbeugung fortzumachen, stellte Mr Hobart sich ihnen energisch
in den Weg. „Äh ... etwas wäre da noch, Euer Gnaden. So ungern ich es in
Anwesenheit Ihrer Begleiterin zur Sprache bringe.“
Da
Charlotte ihm einen zustimmenden Blick zuwarf, forderte Rafe: „Also gut, reden
Sie.“ Besser, es sofort hinter sich zu bringen, ehe der Mann noch
persönlich am Grosvenor Square auftauchte. „Es geht um Geld, oder?“
„Ah, Euer
Gnaden, so direkt hatte ich nicht sein wollen, aber, ja. Sprechen wir also frei
von der Leber weg. Geldangelegenheit, ja. Genau
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