Kasey Michaels
genommen eine beträchtliche
Summe, die Ihr dahingeschiedener Cousin mir schuldete.“
Endlich
verstand Charlotte. Guter Gott, hier standen sie auf dem Gehweg und
unterhielten sich mit einem Kartenhai, einem Spieler! Also, es war fast schon
köstlich. Zu denken, dass sie beinahe daheim auf dem Land geblieben wäre und
dies alles verpasst hätte.
„Welcher
der beiden?“, fragte Rafe.
„Ah,
Harold, Euer Gnaden. Nicht der andere, der hatte immer ein teuflisches Glück.
Nur glaubte Harold, er könnte es seinem Bruder gleichtun, sehr zu Gunsten von
meinesgleichen. Nicht dass ich stolz wäre auf das, was ich tue, aber wenn einem
guten Mann das Geschick nicht hold ist, muss er von seinem Talent leben.“
„Und Ihr
Talent führt Sie an den Kartentisch, wo Sie junge Männer mit mehr Haaren als
Verstand scheren. Sie hätten bei Ihrem ursprünglichen Vorhaben bleiben sollen,
nämlich einfach an uns vorbeigehen und am Grosvenor Square Ihre Karte abgeben.
Wie es nun aussieht, sollten Sie Miss Seavers eine Entschuldigung aussprechen,
die ich Ihnen aber nicht gestatte, da Sie die Grenzen des Anstands längst
überschritten haben. Guten Tag, Mr Hobart.“
Charlotte
sah, wie Mr Hobarts Miene sich verfinsterte.
„Spielschulden
sind Ehrenschulden, Euer Gnaden, und gelten über den Tod hinaus, wie Sie sehr
gut wissen“, sagte er kalt, griff in die Innentasche seines Jacketts und
zog ein Bündel Papiere hervor. „Hier sind die Schuldscheine Ihres Cousins,
über insgesamt fünftausend Pfund. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“
„Und Sie
nehmen an, dass der Ruf meiner verstorbenen Cousins mich interessiert? Ob Sie
wohl bei jenem fatalen Unglück einen Schlag auf den Kopf abbekommen
haben?“
Charlotte
biss sich auf die Unterlippe, schwankend zwischen Lächeln und der Furcht, dass
Rafe einen Fehler machte, denn auch wenn sie nicht sehr welterfahren war,
wusste sie doch, dass Spielschulden immer Vorrang vor allen anderen
Lebensnotwendigkeiten hatten.
Doch Mr
Hobart schien geschlagen. Wie um Beistand zu erflehen, hob er den Blick zum
Himmel.
„Wenn Sie
uns bitte vorbeilassen wollen, Mr Hobart?“
Der Mann
nickte, schaute abermals hoch, stieß plötzlich einen Ausruf aus und stieß Rafe
und Charlotte grob vom Gehweg in die Gosse.
Im gleichen
Moment krachte vor ihren Füßen Putz und Mauerwerk nieder.
„Charlie?
Alles in Ordnung?“, fragte Rafe besorgt und zog sie an sich, während er an
dem schmalbrüstigen Haus emporschaute, das an sein eigenes Stadtpalais stieß.
„Ja, es
geht schon“, erklärte sie, obwohl sie sicher war, dass er fühlte,
wie sehr sie zitterte. „Sieh dir das an, Rafe! Wenn Mr Hobart nicht gewesen
wäre ...“
„Ja, mein
Herz, ich weiß“, sagte er leise, „entweder er oder himmlische
Mächte.“ Er nahm sie bei der Hand und führte sie zurück auf den Gehweg, wo
Mr Hobart mit seinen glänzenden Stiefeln ein paar Ziegelbrocken fortstieß und
aufgeregt, wenn auch ein wenig selbstgefällig erklärte: „Euer Gnaden, als ich
dort hinaufschaute – rein zufällig, Sir –, sah ich einen Mann da oben! Aber wer
weiß, wohin er mittlerweile verschwunden ist. Die Dächer sind ja alle
miteinander verbunden.“
„Mr Hobart,
Sie haben sich selbst der Gefahr ausgesetzt, um uns zu retten. Wir schulden
Ihnen Dank.“
„In der
Tat“, bestätigte der glatt und schaute drein wie jemand, der einen
Geistesblitz hatte, den er umgehend profitabel zu nutzen gedachte. „Und zwar
rechnet sich Ihr Dank in genau fünftausend Pfund, meine ich.“
Rafe sah
keine andere Möglichkeit, als gutwillig einzulenken. Er wies mit der Hand zum
Portal seines Hauses und sagte: „Bitte hier entlang, Mr Hobart.“
12. Kapitel
afe wünschte, sein Freund wäre hier. Zu
gern hätte er ihm diesen Hugh Hobart
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