Kasey Michaels
vielen bombastischen
Worten nichts zu sagen gelingt.“
„Ha! Ich
verstehe, warum diese Zeile dein Lieblingszitat ist, Justin! Das klingt ganz
nach dir! Bist du nun fertig? Ich kam mit Lady Lydia her, damit sie sich
amüsiert, nicht um dich zu amüsieren. Obwohl ich zugeben muss, dass ich selbst
mich gerade sehr gut amüsiere.“
„Ich
verlasse euch jetzt, ja“, sagte Wilde, während sein Blick noch immer
nachdenklich auf Lydia ruhte, die sich plötzlich erinnert zu haben schien,
dass sie die schüchterne Schwester war, die, die sich nie in den Vordergrund
drängte. „Aber vielleicht können wir uns später treffen, Tanner? Wir haben uns
so lange nicht gesehen.“
Tanner
stimmte zu, denn er war wirklich gern in Justin Wildes Gesellschaft. Er
erklärte, dass er und Lydia am Abend Lady Chalfonts Ball besuchen würden, dann
sah er seinem davonreitenden Freund nach, der vermutlich schon überlegte, wen
er als nächstes mit seiner wunderbaren – und geradezu bizarr unerwarteten –
Gegenwart zermürben würde.
„Welch ein
seltsamer Mensch“, sagte Lydia, während Tanner sein Gespann wieder
antrieb. „Hält er Frauen wirklich für so ... so hirnlos?“
„Ich könnte
sagen, ich weiß es nicht; doch ich mag ihn und möchte nicht, dass Sie einen
seltsamen Eindruck von ihm behalten. Sehen Sie, Justin war verheiratet, mit
einer außergewöhnlichen Schönheit, und es endete böse. Er hat sie um ihrer
Schönheit willen geheiratet, was ihm zufolge ein Fehler ist, den eitle,
närrische Männer allzu häufig begehen.“
„Diese
irrige, kurzsichtige Überzeugung vertreten, glaube ich, beide
Geschlechter.“
„Wirklich?“
Tanner sah sie neugierig an.
„Das
wundert Sie?“
„Vielleicht
doch nicht. Wahrscheinlich verbringen wir Männer mindestens ebenso viel Zeit
vor dem Spiegel oder bei unserem Schneider wie die Frauen. Danke für diese
Einsicht.“
„Gern
geschehen“, entgegnete sie, jetzt wieder mit ihrem schüchternen Lächeln.
Nun, an Lydia war ihm jedes Lächeln kostbar, vor allem, da sie lange Zeit gar
zu selten gelächelt hatte. „Und nun erzählen Sie mir alles. Ich bin sicher,
hinter der Geschichte steckt noch mehr.“
„Ganz
gewiss! Innerhalb von vierzehn Tagen langweilte sich Justin mit seiner
Schönheit zu Tode, da ihre Unterhaltung nicht über das Einfordern von
Komplimenten und Kritik am Äußeren anderer Frauen hinausging. Er sagte– und
daran erinnere ich mich sehr gut, weil er es sehr ernst, wenn auch in etwas
angeheitertem Zustand, äußerte –, dass sie wohl den Namen jedes Stoffes, jedes
modische Firlefanzes besser hersagen konnte als das Alphabet.“
„Armer
Mann, arme Frau.“
Endlich
erlaubte eine Lücke in dem endlosen Strom der Wagen ihm, sein Karriol aus dem
Park und auf die Straße hinauszulenken.
„Sie fand
Trost“, erklärte er trocken. „Soweit ich hörte – nicht von Justin,
derartige Indiskretionen liegen ihm nicht –, fand sie diverse Wege, sich zu
trösten. Kleider, Schmuck ... eine ganze Reihe anderer Männer, die nur zu
bereit waren, ihre Schönheit zu preisen.“
„Waren?
Heißt das, sie ...?“
„... starb,
ja, aber nicht früh genug, um Justin vor Unheil zu bewahren. Leider muss ich
das sagen, auch wenn das gefühllos klingt. Es geschah übrigens im Carlton
House. Auf der Prachttreppe verfing sie sich in ihrer üppig gerüschten
Schleppe, stürzte und fand ein vorzeitiges Ende. Der Prinz of Wales musste sich
ob des Unfalls für eine Woche zu Bett begeben!
Und etwa
einen Monat vor ihrem Tod beging einer ihrer Liebhaber den Fehler, mit seiner
neuesten Eroberung zu prahlen. Justin sah sich gezwungen, den Mann zu fordern,
um die Ehre seiner ehrlosen Frau zu verteidigen.“
„Er tötete
seinen
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