Kasey Michaels
gleich im ersten Jahr um mich angehalten, was ja auch verständlich
ist, nachdem sein Vater gerade erst in die Gruft gesteckt worden war. Und dann
Bonapartes Befreiung, was ja für Tanner natürlich vorgehen musste – aber da
sagte ich schon, nicht wahr? Tut mir leid.“ Sie klappte den Fächer zu.
„Tanner hat mir erzählt, dass Ihr Verlobter bei Waterloo umgekommen ist. Ein
Captain Swain Fitzgerald, sagte er, glaube ich. So ein hübscher irischer Name.
Wie schrecklich das für Sie gewesen sein muss!“
Lydia
korrigierte sie nicht. Immerhin war in ihrem Herzen der Captain ihr Verlobter
gewesen. „Danke.“
„Oh, Lady
Lydia, Sie sind so gütig. Und ich bin ein solcher Wirrkopf.“
„Bitte
sagen Sie Lydia. Wir brauchen nicht so förmlich miteinander zu sein.“
Entzückt
schlug Jasmine die Hände über ihrem Busen zusammen. „Wir wollen Freundinnen
sein? Wie wunderbar! Ich habe hier in der Stadt so wenig Freunde, dass ich
mich, ehrlich gesagt, sehr einsam fühle. Danke, Danke!“
Wirklich,
das Mädchen war süß. Und ein wenig töricht. Und vielleicht ein ganz klein
bisschen ermüdend. Aber bestimmt reinen Herzens, glaubte Lydia. Und musste
sich eingestehen, dass Tanners Zögern bezüglich seines Antrags an seine Cousine
sie ziemlich interessierte. Sehr interessierte.
„Nichts zu
danken. Und nun, wo wir dabei sind, uns näher kennenzulernen, erklärst du mir
vielleicht, warum du deinen Großcousin so sehr ablehnst.“
„Ablehnen?
Oh, nein, nein! Tanner ist der Beste, ehrlich. Ich sollte mich geehrt fühlen,
geschmeichelt und so, wenn er um meine Hand anhielte und mich zur Duchess
machte.“
„Oh“,
machte Lydia leicht verwundert.
„Wenn ich
seine Duchess werden wollte, meine ich. Aber ich will nicht.“ Jasmine warf
einen Blick in die Runde und beugte sich dann dicht an Lydias Ohr. „Mein Herz
ist vergeben“, flüsterte sie.
Lydias Herz
vollführte einen dieser irritierenden kleinen Sätze. „Tatsächlich?“
Jasmine
nickte so heftig, dass ihre dunklen Locken tanzten. „Papa weiß es nicht, und
wenn, würde er toben. Und Tanner ist ein solcher Ehrenmann, sagt Papa, dass er
sich dem letzten Wunsch seines Vaters verpflichtet fühlt.“
„Ja“,
meinte Lydia leise seufzend, „die Pflicht. Solche Versprechen nimmt Tanner
sehr ernst.“
„Aber das
ist es ja, Lady Lydia – ich meine, Lydia. Tanner hat seinem Vater nichts
versprochen. Es war mein Papa, der versprach, Tanner den Wunsch zu übermitteln.
Ach, es ist alles zu kompliziert! Ich weiß nur, dass Tanner sich früher oder
später dem Unvermeidlichen beugen wird, und ich mich ebenfalls fügen muss. Er
wehrt sich, ich wehre mich, aber wir sind zum Heiraten verurteilt. Ich trage ja
schon die Smaragde aus dem Familienschmuck ... Papa sagt, dass ist so gut wie
ein Antrag.“
„Ja, so
könnte man es sehen“, sagte Lydia und betrachtete die wunderschönen,
blitzenden Steine, die Jasmines grünen Augen so sehr schmeichelten. „Aber wenn
du nicht mit dem Herzen dabei bist ...“
„Dann
verstehst du mich also? Oh“, seufzte Jasmine theatralisch, „wie gut es
tut, endlich einmal darüber sprechen zu können. So offen könnte ich mit Papa
nie reden, oder mit Tanner oder überhaupt mit einem Mann. Nur eine Frau kann
verstehen, dass Liebe so viel wichtiger ist als Ehre.“
„Und du
glaubst ernstlich, dass du das Thema bei deinem Vater nicht ansprechen kannst?“
Heftig
schüttelte Jasmine den Kopf. „Papa hat mir deutlich erklärt, was meine Pflicht
ist, und ich kann Tanner unmöglich abweisen, wenn er sich erst einmal zu dieser
kitzligen Sache, wie Papa es nennt, durchgerungen hat. Weißt du, es geht um das
Land. Es gehörte nicht zum Erbgut, weswegen Papas Vorfahren es bekamen, und
seitdem wollen alle nachfolgenden Herzöge es ihrem Besitz
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