Kasey Michaels
gemacht?
Was nur dachte sie gerade überhaupt?
Doch alles,
was sie sagte, war: „An jenem Tag war ich so grässlich zu Ihnen, und auch
später noch lange Zeit. Ich bin Ihnen wirklich nach Möglichkeit aus dem Weg
gegangen.“
„Wirklich?“
Er lächelte. „Es ist mir nicht aufgefallen.“
„Oh!“
Sie verschlang die Hände im Schoß, denn ein Teil ihrer Selbst sehnte sich
danach, Tanners Wange zu streicheln. „Alle anderen haben es bemerkt.“
„Alle
anderen sollten sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern“, murmelte
er, wobei er näher an sie heranrückte, sodass sie den Blick nicht von seinem
Mund, diesem schönen, lächelnden Mund abwenden konnte.
„Malvern!
Habe wir Sie endlich erwischt!“
Fast wäre
Lydia vom Sitz hochgeschossen, so plötzlichen kam dieser Ausruf. Im selben
Moment sprang Tanner auf und stand schon vor ihr, schützte sie mit seinem
Körper vor Blicken.
„Molton.
Brittingham. Featherstone“, sagte er träge. „Ich wusste nicht, dass ihr
vor acht Jahren überhaupt schon Hosen trugt. Ganz zu schweigen davon, dass ihr
mit Farber befreundet gewesen wäret. Und ihr seid betrunken, alle drei.“
„Na
und?“, gab Molton zurück. „Wo ist Wilde? Hörte, er hätte sich
weggeschlichen, wie's einem Feigling wie ihm ähnlich sieht. Oder ist er da
hinter dir? Los, Malvern, er soll sich zeigen! Hab was für ihn.“
Lydia hörte
das scharfe Klatschen von geflochtenem Leder auf dem Pflaster des Weges. Sie
kannte das Geräusch. Eine Kutscherpeitsche, vermutlich von einem der Wagen
draußen besorgt.
„Ach, um
Himmels willen, tu das weg, du Esel!“
„Warum? Der
Bursche hat nichts anderes verdient, will mir die Hände nicht an ihm schmutzig
machen! Und fordern würd' ich ihn auch nicht, den ehrlosen Kerl, so dumm bin
ich nicht.“
„Molton,
darüber haben wir schon geredet. So sehr ich bewundere, wie du zu deinem
Freund Farber hältst, ändern Tatsachen sich nicht durch Gefühle. Robbie schoss
damals vorzeitig!“
„Wen
interessiert das? Reden wir hier, oder machen wir uns ein bisschen Spaß?“,
sagte einer der andern mit schwerer Zunge. „Hast uns Spaß versprochen!“
Lydia saß
ganz still; sie wagte sich nicht zu rühren; noch war sie hinter Tanner im
Schatten des Buschwerks verborgen. Sie war vor Angst wie erstarrt, doch ihr
Verstand raste und kam zu unerfreulichen Schlüssen. Sie waren zu dritt und ganz
klar auf einen unfairen Kampf eingerichtet. War ihnen da nicht egal, auf wen
sie sich stürzten? War Tanner schon eingefallen, dass recht zu haben ihn
vermutlich nicht schützen würde?
Offensichtlich
nicht.
„Ist das
wahr, Molton? Du hast diese beiden jungen Narren überredet, dass sie Justin gut
festhalten sollen, während du ihn mit der Peitsche traktierst? Ja, das klingt
ganz deutlich nach dir! Nun verstehe ich, warum du und Farber Busenfreunde
wart. Das gleiche Ehrverständnis! Na, tut mir leid, dich zu enttäuschen, aber
Wilde ist nicht mehr hier. Was, ob ihr es glaubt oder nicht, ein Glück für euch
drei ist. Wenn ihr mich nun entschuldigen wollt – selbst wenn es euch nicht
auffällt, es ist eine Dame anwesend. Ich möchte sie in den Ballsaal
zurückbegleiten. Lasst uns vorbei, und wenn ihr es wünscht, werde ich mehr als
glücklich sein, wiederzukommen und für meinen guten Freund einzustehen. Dann
können wir weiter über irregeleiteten Mut reden.“
Er wandte
den Dreien den Rücken zu und reichte Lydia die Hand. „Verzeihen Sie, Lydia. Sie
hätten das hier nicht miterleben sollen. Erlauben Sie mir, Sie in den Saal zu
bringen.“
Sie hörte
das Zischen der sich ausrollenden Peitsche. „Tanner!“, schrie sie, sprang
auf, wurde aber von ihm ziemlich grob zur Seite an den Wegrand gestoßen, außer
Gefahr.
Doch sie zu
schützen kostete wertvolle Sekunden, und als er herumwirbelte, hatte Molton die
Peitsche
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