Kasey Michaels
schon zum Schlag erhoben, sie züngelte ihm entgegen, hätte seinen Rücken
treffen sollen, doch stattdessen fuhr ihm die Spitze über die Wange. Blut
strömte aus der aufplatzenden Haut.
Moltons
Kumpane bejubelten den Treffer mit lautem Geschrei, was den Mann ermutigte.
Lachend hob er die Peitsche erneut, jetzt allerdings war Tanner schneller. Als
wäre ihm nichts geschehen, schoss sein rechter Arm vor, sodass das Leder sich,
ohne etwas auszurichten, um seinen stoffbedeckten Arm wickelte. Er packte die
geflochtene Schnur und zog ruckartig. Molton, dessen Reaktion aufgrund des Alkoholgenusses
sowieso verlangsamt war, verlor das Gleichgewicht und stolperte.
Die Hände
vor den Mund gepresst, um Tanner nicht durch einen Schrei abzulenken, sah Lydia
fasziniert zu, wie er kurzen Prozess machte und der feige Angreifer dank
einiger harter, gut gezielter Boxhiebe von Tanners rechter Faust jammernd zu Boden
ging.
Tanner hob
die Peitsche auf und ließ sie in der leeren Luft schnappen. „Sonst noch jemand?
Kommt, Männer. Ihr wolltet Spaß haben! Ich will euch nicht enttäuschen.“
Die beiden
jüngeren, breit und klobig gebaut, aber vielleicht etwas heller im Köpfchen,
als der erste Eindruck glauben gemacht hatte, drehten sich auf dem Absatz um,
verschwanden den Weg entlang und ließen Molton im Stich, der die Hände vors
Gesicht gedrückt, am Boden hockte. „Meine Nase! Verflucht, meine Nase ist
gebrochen!“
„Und das
haben Sie verdient, Sie feiger Hund! “, sagte Lydia mit Nachdruck, dann
biss sie sich hastig auf die Unterlippe, entsetzt über den Ausbruch.
„Sie sind
böse gefallen, nicht wahr, Molton?“ Tanner bückte sich und half dem Mann
auf, indem er ihn einfach bei Schopf und Kragen packte und hochzerrte.
„Verstanden? Sie wollten im Garten
frische Luft schnappen und sind im Dunkeln über etwas gestolpert. Bleiben Sie
dabei, oder nennen Sie mir Ihre Sekundanten. Es liegt bei Ihnen. Wer weiß,
vielleicht fühlt Robbie Farber sich in seinem Grab ja einsam und sehnt sich
nach Ihrer Gesellschaft. Gott weiß, da ist er der Einzige.“
„Lassen Sie
mich los!“, rief Molton und drückte sein Krawattentuch an die blutende
Nase. „Ich weiß schon, was ich sagen muss.“
„Das wäre
das erste Mal!“, knurrte Tanner und stieß den Mann von sich, sodass er
erneut stürzte. Dann wandte er sich an Lydia. „Es geht Ihnen gut?“
„Kein
Sorge“, entgegnete sie, fischte ein Taschentüchlein aus ihrem Retikül und
reichte es Tanner. „Sie bluten. Tut es weh?“
Er wehrte
ab und zog sein eigenes, ein großes weißes Leinentuch, hervor, um es auf seine
Wange zu pressen. „Es ist nur ein Kratzer, Lydia. Es tut mir nur leid, dass Sie
Zeugin einer so ... so...“
„So gar
nicht von Ihnen provozierten Szene sein musste? Bitte, Tanner, seien Sie nicht
dumm.“
An der Hand
führte er sie den Weg entlang, wobei er immer noch das Tuch auf die Wunde drückte.
Als er es umdrehte, sah sie, dass der Riss direkt unterhalb des Wangenknochens
fast eine Spanne lang war und nur knapp sein linkes Auge verfehlt hatte. Aber
es stimmte, die Wunde schien nur oberflächlich zu sein. Zumindest ging sie
nicht bis auf den Knochen, was man wohl Glück nennen konnte.
„Dumm lag
mir, glaube ich, nicht auf der Zunge. Obwohl Sie recht haben. Ich hätte dem
Mann nicht den Rücken zukehren dürfen. Das war schlichte Arroganz meinerseits.
Vielleicht verdiene ich diesen kleinen Kratzer.“
„Reden Sie
lieber nicht, dadurch blutet es noch mehr.“ Natürlich hätte sie ihn nicht
dumm nennen sollen, doch sie war aufgeregt, und irgendwie war es ihr so
herausgerutscht. Aber ehrlich, Männer waren solche ... Idioten. Frauen
prügelten sich nicht, die legten ihre Streitigkeiten anders bei. Sie selbst
würde nie auf den Gedanken kommen, die Hand gegen einen Menschen zu
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