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Kassandra Verschwörung

Titel: Kassandra Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: I Rankin
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sie nicht dulden, keine Messer. Sie griff nach der Hand, drehte sie, riss sie ihm hinter dem Rücken hoch und brach ihm zur Sicherheit noch das Handgelenk.
    Der schwarze Jugendliche, der auf allen vieren auf dem Pflaster gelandet war, fasste nach ihrem Fußknöchel, umklammerte ihn mit seinem Schraubstockgriff und zerrte an ihm, um sie umzureißen. Sie trat ihm erst in die Rippen und dann gegen die Schläfe. Der weiße Jugendliche schrie vor Schmerz und rannte zum Ende der Gasse. Sie sah an ihm vorbei in Richtung Hauptverkehrsstraße, doch niemand schenkte ihnen auch nur die geringste Beachtung. Das war die Stadt. Man konnte jemanden auf offener Straße überfallen und ausrauben, und niemand traute sich einzuschreiten. Sie sah auf den schwarzen Jugendlichen hinab. Sie war gut einen Meter von ihm zurückgetreten, und er war im Begriff, sich aufzurappeln. Sie ließ ihn auf die Beine kommen. Er stellte keine Gefahr mehr dar.
    »Hau ab und such deinen Freund«, sagte sie.
    Doch er hatte etwas anderes vor. Es machte einmal laut ft! , und die Klinge sprang heraus. Sie hob die Augenbrauen. Kapierte er denn nicht? Wo war sein Verstand? Wo war sein Überlebensinstinkt? Sie war noch nicht einmal ins Schwitzen gekommen, hatte sich noch nicht einmal aufgewärmt. Vom Ende der Gasse rief jemand.
    »He! Was ist da los?« Der Jugendliche drehte sich um. Zwei Streifenpolizisten standen in der Mündung der Gasse. Er schaute die Hexe an und fuchtelte mit dem Messer herum.
    »Beim nächsten Mal bist du reif, Schlampe!« Dann rannte er in die Richtung davon, in die sein weißer Freund verschwunden war, während die Polizisten aus der entgegengesetzten Richtung angelaufen kamen. Die Hexe fasste sich, holte ein paar Mal tief Luft, ließ die Schultern hängen und rang sich ein paar Tränen ab. Dann fuhr sie sich langsam mit den Fingern durchs Haar und zerwühlte es.
    »Alles in Ordnung, Miss?«, fragte der erste Polizist.
    Sie nickte, gab aber keine Antwort.
    Der zweite Polizist rannte zum Ende der Gasse, sah sich um und kam schulterzuckend zurück.
    »Die kriegen wir nicht mehr«, stellte er fest. »Diese Straßen sind das reinste Labyrinth. Wie geht es Ihnen?«
    »Ist schon in Ordnung«, entgegnete sie mit schwacher Stimme und nickte. »Mit mir ist alles okay, wirklich.«
    »Natürlich. Haben sie Ihnen etwas gestohlen?«
    Ihr Blick wanderte zu ihrem linken Arm, unter dem die Umhängetasche klemmte. Ihre linke Hand umklammerte immer noch die Aktentasche. »Nein«, erwiderte sie.
    »Sah mir so aus, als hätten Sie sich wacker geschlagen«, meinte der erste Polizist anerkennend.
    »Ich habe mal an einem Selbstverteidigungskurs teilgenommen.«
    »Sehr klug. Nicht so klug ist es allerdings, allein durch eine Gasse wie diese zu gehen.«
    »Es ist mitten am Tag«, protestierte sie.
    »Darum schert sich heutzutage niemand mehr. Morgens, mittags oder abends – Raubüberfälle auf offener Straße sind inzwischen eine Ganztagsbeschäftigung.«
    Sie lächelte matt.
    »Das steht Ihnen schon besser. Kommen Sie, wir bringen Sie auf die Wache.«
    »Auf die Wache?«
    »Es sind nur zwei Minuten zu Fuß. Oder sollen wir per Funk einen Wagen anfordern?«
    »Nein, ich kann gehen.«
    »Auf der Wache kriegen Sie erst mal eine Tasse Tee, und dann kann der Arzt einen Blick auf Sie werfen.«
    »Aber mir fehlt doch nichts.«
    »Sie könnten aber unter Schock stehen. Außerdem hätten wir gern eine Täterbeschreibung von Ihnen, okay? Damit wir diese Mistkerle vielleicht erwischen, bevor sie jemand anders überfallen... vielleicht eine Frau, die keinen Selbstverteidigungskurs besucht hat... Okay?«
    Die Hexe nickte langsam. »Okay«, sagte sie und kramte aus ihrer Umhängetasche ein Papiertaschentuch hervor, mit dem sie sich die Augen trocknete.
    Auf der Wache waren die Beamten wirklich sehr freundlich und mitfühlend. Sie wollten wissen, ob sie irgendjemanden anrufen sollten. Eine Freundin vielleicht? Oder ihre Arbeitsstelle, um mitzuteilen, dass sie später aus der Mittagspause zurück sein würde? Nein, das sei nicht nötig, entgegnete sie und bedankte sich für das Angebot. Eine Wachtmeisterin brachte ihr eine Tasse gesüßten Tee, und ein Arzt untersuchte sie kurz und stellte fest, dass sie einen Schreck erlitten habe, jetzt aber wieder in Ordnung sei. Die Streifenpolizisten schienen erleichtert, wieder auf der Wache zu sein. Sie hatten die Helme abgenommen, tranken Tee und plauderten. Sie gab eine ausführliche, präzise Täterbeschreibung ab. Schließlich

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