Kassandra Verschwörung
den er brauchte.
Sie kehrten in Dominiques Wohnung zurück, wo man ihm das Gästezimmer zur Verfügung stellte.
»Meine Spezialwerkstatt«, sagte er und machte sich an die Arbeit. Doch er musste sie ziemlich schnell wieder einstellen, da sie den Stecker für den Lötkolben vergessen hatten. Er entfernte den Zweipolstecker von der im Zimmer befindlichen Nachttischlampe und befestigte ihn am Lötkolben. Dann ließ er sich von Dominique eine Pinzette und von Madame Herault eine Lupe, die sie zum Lesen benutzte, geben.
Während er arbeitete, hörte er Dominique und ihre Mutter im Wohnzimmer miteinander tuscheln. Immer wenn Madame Herault zu laut wurde, wies ihre Tochter sie mit einem Pst! zurecht, und sie begannen wieder zu flüstern. Er kam sich vor wie ein Chirurg bei einer besonders komplizierten Operation. Dabei war es gar nicht so kompliziert. Was er da zusammenbaute, könnte jeder Teenager mit ein bisschen Inspiration oder einer Bauanleitung aus einer entsprechenden Hobbyzeitschrift basteln. Barclay brauchte eine gute Stunde. Der Draht, den er verwendete, war so dünn wie Garn und er befürchtete, dass er reißen würde. Die von ihm verwendeten Stücke waren knapp einen Zentimeter lang und fielen ihm unzählige Male herunter. Anschließend fand er sie nicht wieder, sodass er weitere winzige Stücke abschneiden musste.
»Ein Jugendlicher hätte eine ruhigere Hand«, murmelte er. Aber wenigstens war er fertig. Er wusch sich das Gesicht, spritzte sich Wasser in seine überangestrengten Augen und trank dann mit Dominique und ihrer Mutter Tee. Danach testeten sie die beiden winzigen Geräte, indem Dominique mit ihnen in ihrem Zimmer blieb und er sich vor die Haustür stellte. Die Reichweite seiner selbstgebauten Wanzen war nicht gerade berauschend, aber er hoffte, dass es reichen würde. Während er mit seinem Empfänger im Treppenhaus stand, kam eine Nachbarin vorbei. Er lächelte sie an und erntete als Antwort nur ein misstrauisches Stirnrunzeln.
»Also gut«, sagte er schließlich, nachdem Dominique ihn kurz dafür umarmt hatte, dass er ein Genie sei, »jetzt sind Sie an der Reihe.«
Bevor sie aufbrachen, versuchte er, Dominic Elder in seinem Londoner Hotel zu erreichen. Warum wusste er auch nicht so genau. Vielleicht wollte er nur die Rückversicherung, von der er glaubte, dass Elder sie ihm geben würde. Aber Elder war nicht da.
Sie fuhren zurück zu Separts Haus und quetschten den Wagen in eine Parklücke. Dann ging Dominique zu der Telefonzelle an der Ecke und wählte Separts Nummer. Sie kam schnell zurück.
»Ein Anrufbeantworter«, sagte sie. »Und sein Auto kann ich auch nirgendwo sehen.«
»Das heißt nicht, dass er weg ist. Vielleicht ist er nur gerade in seine Arbeit vertieft. Haben Sie sein Auto gesehen, als wir vorhin hier waren?«
»Um ehrlich zu sein, nein. Vielleicht hat er in einer anderen Straße geparkt.«
»Was machen wir also jetzt?«
»Wir müssen es über die Gegensprechanlage versuchen. Wenn er antwortet, können wir es vergessen.« Also gingen sie zur Haustür und klingelten. Niemand meldete sich. »Jetzt wissen wir also, dass er weg ist«, stellte sie fest.
»Womit wir aber noch nicht drinnen sind.«
Er nahm die Straße in beide Richtungen ins Visier. Eine Frau kam auf sie zu und blieb hin und wieder stehen, um ihren Pudel wegen irgendeines Vergehens zurechtzuweisen. »Zurück ins Auto«, sagte er. Sie setzten sich in den Wagen und warteten. »Wenn ich Sie rufe, kommen Sie nicht«, wies er sie an. Während Dominique noch darüber nachgrübelte, blieb die Frau schließlich am Eingang zu dem Block stehen und öffnete die Tür. Barclay sprang aus dem Wagen und hielt der Frau die Tür auf; sie hatte Schwierigkeiten, ihren Pudel zu überzeugen, mit hineinzukommen.
»Merci, Madame« , sagte Barclay. Dann rief er in Richtung ihres Autos: »Dominique, ici! Vite!« Dominique rührte sich nicht, sah ihn nur an. Sie hatte sich in ihrer Wohnung erneut umgezogen und trug jetzt eine verwaschene Jeans und ein T-Shirt. Außerdem hatte sie wieder Lippenstift aufgetragen. Sie prüfte ihre Lippen im Rückspiegel und ignorierte seine Rufe.
Barclay stieß einen verzweifelten Seufzer aus und bedachte die Frau mit einem Achselzucken. Doch sie war bereits im Haus und steuerte den Fahrstuhl an. »Ici, Dominique!« Barclay blickte sich um, sah die Aufzugtüren hinter der Frau und dem Hund zugleiten und bedeutete Dominique zu kommen. Sie nahm die Plastiktüte vom Rücksitz und stieg aus dem Wagen.
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