Kassandra Verschwörung
die Seiten für den November auf und begann zu schreiben. Nach einigen Minuten eines überwiegend einseitig geführten Gesprächs wurde das Telefonat beendet. Doch Dominique schrieb noch eine Weile weiter, langte bei den Seiten für Dezember an, überlas noch einmal, was sie aufgeschrieben hatte, änderte hier und da ein Wort und fügte noch das eine oder andere hinzu.
»Eh bien« , sagte sie. »Das war ein Glückstreffer.«
»Inwiefern?«
»Als Separt vorhin weg war, wollte er zu dem Typen, der angerufen hat. Aber der war nicht zu Hause, weshalb Separt ihm nur die Nachricht hinterlassen hat, ihn anzurufen. Und das hat er getan.«
»Und?«
Sie lächelte. »Ich glaube nicht, dass er uns unsere Geschichte komplett abgekauft hat. Es hat ihn gedrängt, dem Anrufer alles über uns zu erzählen. Er fragt sich, warum der Polizei das Ganze so wichtig ist, und was das wohl zu bedeuten hat. Der Anrufer klang sehr interessiert.«
»Haben sie irgendetwas Spezielles über die Hexe gesagt?«
»Eins nach dem anderen. Nein, kein Wort über die Hexe. Sie waren sehr... vorsichtig. Eine Art Vorsicht, wie man sie im Laufe vieler Jahre lernt. Man könnte sogar sagen, eine professionelle Vorsicht. Sie haben um die Sache herumgeredet. So getan, als wären sie zwei Freunde, von denen der eine dem anderen einfach nur seine Geschichte erzählt.«
»Glauben Sie, Separt weiß, dass er abgehört wird?«
Sie schüttelte den Kopf. »Wenn er es wüsste, hätte er den Anrufer gewarnt, und dann hätte dieser nicht preisgegeben, wo er wohnt.«
»Sie wissen, wo er wohnt?«
Sie nickte. »Ziemlich genau. Er hat gesagt, Separt habe ihn nur knapp verfehlt. Er sei auf der anderen Straßenseite im Janetta’s gewesen.«
»Janetta’s?«
»Klingt nach einer Bar, oder? Vielleicht ist Janetta auch nicht der Name der Bar, sondern der Name der Betreiberin der Bar. Wir werden es herausfinden, aber es wird ein bisschen Zeit in Anspruch nehmen. Ich glaube, dieser Jean-Pierre weiß etwas.«
»Zum Beispiel?«
»Monsieur Separt hat den Diebstahl seines Autos erst gemeldet, nachdem die Killerin in England gelandet war. Ich glaube, jemand hat ihn überzeugt... auch die andere Wange hinzuhalten. Er war nicht krank. Er hat mit der Anzeige gewartet, bis alles geregelt war. Warum lächeln Sie?«
»Sie meinten, sich blind zu stellen, nicht die andere Wange hinzuhalten.«
»Meinte ich das?«
Er nickte langsam. »Also gut. Machen wir also Janetta’s ausfindig.« Er hielt inne und rutschte auf seinem Sitz herum. »Oder wollen Sie noch hierbleiben?«
»Nein.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und sagte. »Heute Nacht schlafen Sie mit mir.« Barclays Gesichtsausdruck verriet ihr, dass sie einen Fehler gemacht hatte. »Ich meine«, verbesserte sie sich rasch, »Sie schlafen in meiner Wohnung. Mama wird darauf bestehen, dass wir mit ihr zu Abend essen. Keine Sorge, sie ist eine sehr gute Köchin. Und nach dem Essen...«
»Ja?«
»... zeigen Sie mir vielleicht Ihr Dossier über die Hexe. Immerhin sind wir jetzt Partner, oder nicht?«
»Ich denke schon«, erwiderte Barclay und fragte sich, was von alldem er wohl Joyce Parry erzählen würde. Sie erwartete ihn bald zurück, womöglich schon morgen früh. Er würde sich eine Geschichte ausdenken müssen, irgendetwas, das sie überzeugte. Dominique schien seine Gedanken zu lesen.
»Ob Ihre Vorgesetzten Ihnen einen weiteren Tag in Paris erlauben?«, fragte sie.
Barclay setzte eine zuversichtliche Miene auf und meinte lässig: »Klar doch.«
Doch insgeheim konnte er nicht anders, als genau dies zu bezweifeln.
Freitag, 12. Juni
Elder rief Joyce Parry unmittelbar vor dem Frühstück an. Der Geruch nach Speck und brutzelnden Tomaten stieg in seine Nase, als er wählte.
»Joyce? Ich bin’s, Dominic.«
»Wer sonst würde auf die... Idee kommen, um diese Zeit anzurufen?«
Sie klang verschlafen. »Tut mir leid«, entgegnete er, »hab ich dich geweckt?«
»Sag mir einfach, was es Neues gibt.«
Er fragte sich, ob sie die Nacht wie er allein verbracht hatte. »Sie hat mir eine Nachricht zukommen lassen«, sagte er.
»Wer?«
»Die Hexe.«
»Was?«
»Nicht was, wer. Die Hexe.«
»Werd nicht frech, Dominic. Nun sag schon!«
»Mehr gibt’s da nicht zu sagen. Eine Warnung, dass ich mich raushalten soll.«
»An dich persönlich gerichtet?«
»Ja, an mich persönlich.«
»Wurde die Nachricht mit der Post zugestellt?«
»Sie hat sie in einem Pub hinterlegt. The Cat over the Broomstick.«
»Was?«
»So heißt
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