Katagi (Drachenfluch Zweites Buch) (DrachenErde - 6bändige Ausgabe) (German Edition)
seinen Bauch schlang.
„Nein!“, schrie Rajin.
Er wollte den Anderthalbhänder herumschwingen, aber die Bewegung wurde durch mehrere Ranken aufgehalten, die sich sowohl um das Schwert als auch um Rajins rechten Arm schlangen. Dann wurde ihm die Waffe aus der Hand gerissen. Rajin befreite sich mit ein paar Hieben seiner zweiten, drachenischen Klinge; er ließ das leichte Drachenier-Schwert blitzschnell durch die Luft wirbeln, ließ den Stahl durch die unermüdlich angreifenden Ranken schneiden und schlug sich durch das dichter werdende Pflanzenwerk hindurch, dass inzwischen schon ein richtiges Geflecht bildete.
Ohne nachzudenken und nur seinem inneren Instinkt folgend ließ Rajin ein paar exakt gezielte Hiebe folgen, mit denen er Bratlor aus seiner Fesselung befreite. Der Sternenseher kam wieder auf die Beine, keuchte: „Danke!“
In diesem Moment wurden sie beide von einem Licht geblendet, das so grell war, dass sie für Augenblicke nichts anderes zu sehen vermochten als strahlendes Weiß. Es war, als ob sie mit offenen Augen an einem Sommertag direkt in die Sonne gestarrt hätten.
Dazu dröhnten Worte in einer Sprache, die Rajin noch nie in seinem Leben gehört hatte. Er taumelte, für einen Moment schien sich alles um ihn herum zu drehen, und ein Gefühl der Agonie erfasste ihn. Die Füße waren schwer wie Blei, und es war ihm kaum noch möglich, sie überhaupt zu bewegen, während er gleichzeitig daran zweifelte, überhaupt noch festen Boden unter sich zu haben.
Schlafen … Sich dem Nichts ergeben … Warum nicht?
Eine durchdringende Stimme weckte ihn aus diesem Zustand.
„Rajin!“
Er war sich nicht sicher, ob er diese Stimme tatsächlich hörte oder ob sie nur in seinen Gedanken existierte. Es war jedenfalls Liisho, der zu ihm sprach, und Rajin fühlte sich in die Zeit zurückversetzt, da er diese Stimme fast ständig in seinen Gedanken vernommen hatte, einem kommentierenden Begleiter gleich.
Das Licht wurde schwächer, sein Blick klärte sich. Rajin stand schwankend und benommen da. Der Kopf war schwer.
Bratlor ging es offensichtlich ähnlich. Er stützte sich auf sein Schwert.
Rajin brauchte einen Moment, um die Veränderung zu erfassen, die sich vollzogen hatte. Die Pflanzenarme hatten sich niedergelegt, bedeckten wie ein dichtes, unwegsames Geflecht den aufgesprengten Boden. Hier und dort zuckte noch eine der Ranken, und manche von ihnen wuchsen sogar noch, allerdings in einer sehr viel gemäßigteren Geschwindigkeit, und sie griffen auch nicht mehr an. Die Müdigkeit und Benommenheit, die auch Rajin und Bratlor befallen hatte, schien auch auf sie zu wirken und sie daran zu hindern, das zu tun, wofür die Magie des verlorenen Lebens sie zweifellos geweckt hatte: Sie hatten Rajin töten sollen. Dazu hatte man sie mit magischen Mitteln aus dem Reich des Todes und der Vergessenheit zurückgeholt.
Der Weise Liisho stand vor der Orakelhöhle. Er war es gewesen, der die fremdartigen Worte hervorgebracht hatte. Noch immer rief er diese Zauberformeln – Rajin war jedenfalls sicher, dass es sich um Zauberformeln handelte -, und dabei umgab ihn ein Lichtflor. Er hatte die Arme erhoben, mit der Rechten hielt er seinen Drachenstab, der grell glühte und sogar das Leuchten des Juwels über der Orakelhöhle überstrahlte.
Die letzten Pflanzenarme, die sich noch einigermaßen hatten aufrecht halten können, sanken zu Boden. Dann senkte der Weise Liisho die Arme, blickte in Rajins Richtung und rief ihn beim Namen. „Gib Acht! Die Macht der Magie des verlorenen Lebens, auf die du Narr hereingefallen bist, ist nur geschwächt, aber keineswegs besiegt!“
Rajin wollte etwas erwidern, aber er war nicht in der Lage dazu. Ein Kloß steckte ihm im Hals und verhinderte, dass er auch nur ein einziges Wort hervorbringen konnte.
In diesem Moment klärten sich die Nebel, die bis dahin den Blick durch das kosmische Tor verwehrt hatten. Auf der anderen Seite war es heller Tag. Der Geruch von Algen und Seetang drang herüber. Eine warme Brise blies von der anderen Seite der Welt in die kalte Senke. Im Hintergrund war die Ruinenstadt Qô auf der Insel der Vergessenen Schatten zu sehen. Und doch war da eine unsichtbare Wand, die die Fluten des östlichen Ozeans daran hinderte, sich in Fjendurs Senke zu ergießen und sie innerhalb kürzester Zeit mit warmem Wasser zu füllen.
Ein gewaltiger Schatten näherte sich. Er malte sich zunächst nur auf der Meeresoberfläche ab und verdunkelte für Augenblicke sogar die
Weitere Kostenlose Bücher