Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
Versorgungsrohre gaben den Ermittlern einige Rätsel auf. Als sie in den Schacht hineinleuchteten, blickten sie in eine endlose Tiefe. „Dem Umfang der Leitungen nach zu urteilen, muss da unten etwas sein, etwas Großes. Die Frage ist nur: Wie kommen wir da runter?“ „Da ist eine Leiter angebracht“, erwiderte einer der jungen Polizisten. „Willst du da runter?“ „Warum nicht? Wenn ich entsprechend gesichert werde.“
Renquin hatte bei seinen Tatortrecherchen in der Regel einen Materialwagen dabei, denn der Polizist neigte zu Ungeduld und hasste nichts mehr, als wenn dringende Arbeit wegen technischer Probleme verzögert wurde. „Sieh mal nach, ob wir ein langes Seil haben, mit dem wir dich anbinden können.“ Der junge Kollege kam mit einem stattlichen Tau zurück, das ideal für den geplanten Einsatz schien. „Gut, wir versuchen es. Aber wenn du ein mulmiges Gefühl bekommst oder irgendwas nicht nach Plan läuft, kommst du sofort zurück, verstanden?“ Der Polizist nickte kurz und nahm ein Funkgerät in Empfang, das im Gegensatz zu Mobiltelefonen auch tief unter der Erde funktionierte.
Die ersten Sprossen bereiteten ihm keine Probleme – der zierliche Cop arbeitete sich in Windeseile in die Tiefe. Er war nicht nur mit Funk, sondern auch mit einer halbautomatischen Waffe ausgestattet, sie konnten nicht ausschließen, dass es da unten gefährlich würde. Der Spurensucher kletterte die Sprossen in einem so gleichmäßigen Rhythmus herunter, dass es wie das Ticken einer Armbanduhr klang. Einmal in der Minute stoppte er kurz, brach ein Stück von der Kreide ab, die er in der Hosentasche hatte, und ließ sie zu Boden fallen. Als er das erste Mal testete, wie weit es nach unten war, hörte er nichts. Jetzt konnte er den Aufprall deutlich vernehmen – er würde es bald geschafft haben.
Drei Minuten später hatte er das Gefühl, in Kürze auf dem Boden anzukommen. Doch plötzlich schrie er laut auf, ließ die Leiter los und knallte auf den Stein. „Was ist denn das für ein Scheiß?“, fluchte er. Er gelang ihm, sich auf dem harten Betonboden perfekt abzurollen und unverletzt zu bleiben. Im Schacht war es stockfinster, das einzige Licht kam von einigen Lämpchen, die unruhig blinkten. Er zog seine Taschenlampe aus dem Rucksack, den ihm Renquin mit auf den Weg gegeben hatte. Als Erstes fiel ihm der Lichtschalter ins Auge, aber er war sich nicht sicher, ob es klug war, ihn zu betätigen.
Er schaltete das Funkgerät an und war erfreut, als er Renquins Stimme hörte. „Was ist los, geht alles klar?“ „Ich bin unten angekommen, was soll ich machen?“ „Irgendwelche Probleme?“ „Nein, es war ganz easy, aber ich habe eine gewischt bekommen.“ „Was?“ „Ja, es gab einen kleinen Stromschlag, aber ich hab´s überlebt.“ „Warte, ich schicke dir noch ein paar Jungs runter.“ Während er auf Verstärkung wartete, hatte der Ermittler genügend Zeit, sich mit der Technik zu befassen. Er fand heraus, was die Tasten bedeuteten. Sie regelten die Luftzufuhr, den Wasserdruck und den Strom – aber es gab auch ein paar Regler, mit denen er überhaupt nichts anfangen konnte.
Die Kollegen stiegen schwer bewaffnet in den Untergrund. Wenn sich tatsächlich noch Hugos Leute da unten aufhielten, dann herrschte höchste Alarmstufe. Nun waren sie zu viert und fühlten sich einigermaßen sicher. Durch die Türe konnte man nichts sehen und nichts hören. Der Mechanismus ließ sich nicht so einfach öffnen, erst als sie zweimal in Folge zogen, ließ sich die schwere Pforte bewegen. Sie traten ein in die Katakomben.
An der Stelle, an der sonst ein Wächter stand, war niemand zu sehen. „Das ist ja Wahnsinn“, meinte Renquin, der als Letzter dazugekommen war. „Das scheint ja riesig zu sein - wie eine eigene Welt.“ Die Ermittler waren derart beeindruckt, dass sie sich konzentrieren mussten, kühl und strategisch vorzugehen. Sie blieben erst einmal zusammen. Sie fanden das Laufband und die Zweiräder - sie entschieden sich Ersteres zu benutzen.
Als sie in den Frontbereich der Katakomben kamen, hörten sie Stimmen von Männern, die wild durcheinanderredeten und sich stritten. „Das gibt Ärger“, flüsterte Renquin. Im gleichen Moment flog eine Kugel haarscharf an seinem Ohr vorbei. „Runter“, brüllte er jetzt. Den jüngsten seiner Mannschaft traf ein Geschoss mitten in die Brust. „Scheiße, Francois hat´s erwischt.“ Die Übrigen vier erwiderten das Feuer und trafen den Schützen in den
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