Katakomben (Van den Berg) (German Edition)
schweren Schussverletzungen einen munteren Eindruck. Nur reden wollte Hugos Handlanger mit keiner Silbe.
Vom behandelnden Arzt hatten sie erfahren, dass der Patient ganz passables Französisch mit provenzalischem Dialekt sprach. „Wir wissen, dass sie uns verstehen“, begann Nicole, die sich von ihrer weichen Seite zeigte. „Sehen sie, wir könnten wunderbar zusammenarbeiten. Sie erzählen uns, wo wir nach Hugo und Fontaine suchen müssen. Dann fällt mir ganz schnell einiges ein, das wir für sie tun könnten. Wenn sie es allerdings vorziehen zu schweigen, dann schmoren sie für die drei Morde solange in der Hölle, bis sie tot sind!“ Nicole schaute dem Killer warmherzig in die Augen, aber der zeigte keine Regung. „Wollen sie wirklich den Rest ihres Lebens in einem tristen kleinen Loch verbringen und dazu noch als Mädchenmörder? Wenn sie großes Glück haben, kommen sie in die Psychiatrie und laufen in einer Zwangsjacke herum, bis sie tot sind.“
Der Killer antwortete leise: „Und wenn ich ihnen sagen würde, wo sie Hugo finden, was wäre dann?“ „Vielleicht haben Hugo und Fontaine einen so ungeheuren Druck auf sie ausgeübt, dass sie gar nicht anders konnten, als die Mädchen zu töten. Sie waren nur das Werkzeug der beiden. Diese Männer sollten für die Morde büßen, nicht sie.“ „Geben sie mir das schriftlich?“, fragte der Killer grimmig. „Nein“, warf van den Berg ein. „Schriftlich bekommen sie gar nichts. Aber sie können sicher sein, dass es jedem Richter in diesem Land verdammt gut gefällt, wenn sie der Polizei helfen, die Hintermänner einer Mädchenmörderbande zu finden. Es ist ihre einzige Chance!“ „Kommen sie heute Nachmittag wieder – ich werde überlegen“, nuschelte der Killer, ohne die Polizisten eines Blickes zu würdigen.
Der Kommissar rief Frank De Gruye an. „Wie weit seid ihr?“ „Haben gerade hier angefangen, es sieht so aus, als sei Eric ein paar Tage nicht mehr hier gewesen.“ „Wundere dich nicht, wenn es in ein paar Minuten bei euch klingelt – das sind wir.“
Deflandre wohnte in Saint-Josse, es dauerte nur zehn Minuten, bis van den Berg und Nicole an dem Mehrfamilienhaus waren. Der Kommissar wollte die Psychologin eigentlich gar nicht mitnehmen, dann aber besann er sich eines Besseren – er glaubte, dass sie in der Wohnung hilfreich sein könnte. Nicole war verdammt wild darauf, dabei zu sein, denn sie war neugierig auf Deflandres vier Wände.
Der Überläufer war so eingerichtet, wie man es von ihm erwarten konnte, in italienischem Design. Im Wohnzimmer standen beige und weiße Designermöbel, die farblich genau aufeinander abgestimmt waren. Im Schlafzimmer gab es einen Kleiderschrank, der knallrot lackiert war, das Bett war mit feinsten Lederdecken und Kissen überzogen. Van den Berg fragte sich, ob das wirklich die Bettwäsche seines Partners war. Auf dem schneeweißen Nachttisch lagen ein paar Handschellen. „Das sind nicht die Modelle, die wir im Dienst verwenden“, bemerkte der Kommissar trocken.
De Gruye und seine Leute hatten die Inhalte der Schubladen und der Schränke bereits säuberlich auf dem Steinfußboden sortiert. „Ich habe nicht Auffälliges gefunden“, sagte der junge Polizist hörbar enttäuscht. „Ich denke, die teure Wohnung ist schon auffällig genug.“ „Was kostet der ganze Schnickschnack?“, fragte van den Berg in Richtung Nicole. „30.000, mindestens.“ „Selbst, wenn Eric in meiner Gehaltsklasse wäre, hätte er dafür ganz schön lange sparen müssen.“ „Für den Luxus hatte er doch seine Zusatzeinnahmen“, bemerkte Nicole süffisant. „Okay, die Handschellen sind schon heftig, aber er ist nicht so pervers, dass er Mädchen in einer Luxushöhle quält. Dafür kenne ich ihn gut genug. Aber in einem hast du recht: Kohle konnte er nie genug kriegen.“
Van den Berg hatte die vage Hoffung, in der Wohnung Kontoauszüge oder Geld zu finden, er wusste natürlich, dass das unwahrscheinlich war. Sie überprüften sein Bankkonto, aber Deflandre war nicht so blöd, sich größere Summen auf sein Girokonto überweisen zu lassen. Sie fanden keine Hinweise auf seinen Aufenthaltsort, keine Unterlagen über geplante Reisen oder Ähnliches. Als van den Berg den Laptop auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer sah, keimte Hoffnung auf. „Lasst uns als Erstes den Rechner checken – so schnell wie möglich!“
Van den Berg hatte fürs Erste genug - sein Bein schmerzte, und er hatte Hunger. „Was
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