Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
Vormittag anrief.«
»Ja, tragisch.« Alexandra nickte. »Und weil die Todesumstände nicht ganz klar sind und die Polizei offenbar anderes zu tun hat, stellen wir ein paar Untersuchungen an.«
»Sie? Wer sind Sie denn überhaupt?«
»Mein Kollege und ich sind Journalisten. Wir haben Wildens Leiche gefunden. Leider konnten wir Ihre Kollegen noch nicht befragen, da sie gerade eine Wanderung unternehmen und …«
Assmann schüttelte ungläubig den Kopf. »Die gehen einfach wandern und amüsieren sich, obwohl Herr Wilden tot ist? Wie pietätlos!«
Tobias räusperte sich. »Nun, wir können nicht beurteilen, wie Sie zu Herrn Wilden gestanden haben, aber nach allem, was uns zu Ohren gekommen ist, war er bei seinen anderen Mitarbeitern nicht unbedingt sehr beliebt. Wir beide sowie einige der Mönche sind auch mit ihm aneinandergeraten, weil er – mit Verlaub – sehr cholerisch auftrat.«
Der Assistent schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, wenn ich Ihnen da widersprechen muss, doch Herr Wilden ist ein Mann mit Weitblick. Ich würde ihn fast als Visionär bezeichnen wollen, wenn das nicht so ein abgegriffenes Wort wäre. Sehen Sie, Bernd Wilden hat immer die Gesamtheit im Blick, die sich anderen, einfachen Leuten nicht erschließt. Sie empfinden ihn als rücksichtslos. Doch Sie irren! Er ist … er … war … ein wundervoller Mensch.«
Alexandra hatte allmählich das Gefühl, eine Miniausgabe von Wilden vor sich zu haben, und verkniff sich jeden Kommentar.
»Sagen Sie«, meinte Tobias, »gibt es eigentlich jemanden, der jetzt von Wildens Tod profitiert?«
Assmann legte den Kopf schief. »Wie meinen Sie das, wenn ich fragen darf?«
»Wer erbt sein Vermögen?«
»Seine Frau, nehme ich an. Ich kenne sein Testament nicht, aber er wird seine Vermögenswerte wohl ihr und den Kindern vermacht haben.«
»Und in beruflicher Hinsicht? Wer steigt durch Wildens Tod auf der Karriereleiter nach oben?«
Assmann riss entsetzt die Augen auf, doch dann entspannten sich seine Züge wieder, und er schien einen Moment nachzudenken. »Das ist ein interessanter Gedanke, muss ich sagen. Von dieser Seite hatte ich das noch gar nicht betrachtet. Ich … nein, warten Sie, ich muss auf jeden Fall vorausschicken, dass ich auf den ersten Blick keinen dieser Leute für fähig halte, einen Menschen zu töten. Es sind durchweg anständige Mitarbeiter, die zwar die eine oder andere Schwäche haben, aber einen Mord? Nein, nein. Andererseits …« Er hob vielsagend die Hände. »Man schaut einem anderen Menschen immer nur vor die Stirn, nicht wahr?«
Alexandra fragte: »Könnten Sie uns ein paar Namen nennen und nach Möglichkeit auch den Grund, warum diese Leute von Wildens Tod profitieren könnten?« Sie drückte Tobias den Notizblock in die Hand, da sie mit dem Kater auf dem Arm nicht schreiben konnte. Von Assmann schien Kater Brown keine Notiz zu nehmen, jedenfalls ging sein Blick nicht ein Mal in dessen Richtung. Unwillkürlich fragte sie sich, ob das wohl etwas zu bedeuten hatte. Wusste er, dass Assmann nur ein aufgeblasener Wichtigtuer war? Ignorierte er ihn deswegen?
Der Assistent fuhr sich durchs Haar. »Wenn es darum geht, wer seinen Posten erben könnte, dann kommen Viola Dessing und Volker Kramsch infrage. Sie sind beide seit fast zwanzig Jahren im Verband, und als Bereichsleiter sind sie dem Kreisgeschäftsführer unmittelbar unterstellt. Edwin Groß wäre auch ein Kandidat. Er ist zwar erst seit fünf Jahren mit dabei, aber er leitet die Verwaltung, und damit hat er fast noch bessere Chancen, weil das ein Posten für einen Verwaltungsfachmann ist. Frank Wiesmann von der Finanzabteilung könnte auch noch infrage kommen.« Er zählte die Namen an den Fingern ab und nickte dann. »Ja, die vier.«
»Und wer hat sonst noch etwas von Wildens Tod?«, hakte Alexandra nach. »Musste vielleicht jemand um seinen Job bangen?«
Assmann lachte. »Da weiß ich fast nicht, wo ich anfangen soll. Nachdem Herr Wilden den Posten des Kreisgeschäftsführers übernommen hatte, sorgte er im Verband dafür, dass die Arbeit neu organisiert und verteilt wurde. Allein im ersten halben Jahr hat er siebzehn Verwaltungsstellen gestrichen und die Angestellten entlassen, weil sie nichts geleistet haben. Es gab drei Mitarbeiter in der Abteilung, die für die Beschaffung von Spenden zuständig waren, und die drei haben übers Jahr nicht einmal genug Spenden zusammenbekommen, um ihre eigenen Gehälter zu finanzieren. Die Buchhaltung wurde auf die halbe
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