Kater Brown und die Klostermorde - Kriminalroman
nickte er ihnen kurz zu, dann vertiefte er sich wieder in seine Arbeit. »Kommen Sie herein und nehmen Sie Platz!« Der ältere Mönch winkte sie zu sich und führte sie zu einer Sitzgruppe am linken Ende des lang gestreckten Raumes. Auf einem Sideboard stand ein großer Flachbildfernseher.
»Für Videokonferenzen«, erklärte Bruder Johannes und verzog entschuldigend die Mundwinkel. »Das war auch so eine Idee unserer Bank. Diese Videokonferenzen dienen als Ersatz für den persönlichen Kontakt, weil der für unser Hotel zuständige Kundenbetreuer keine Lust hat, regelmäßig von der Zentrale in Frankfurt hier in die ›Pampa‹ zu fahren, wie er sich gern ausdrückt.«
»Apropos Hotel«, warf Tobias ein. »Sie werden doch einen festgelegten Tagesablauf gehabt haben, bevor sich diese … Sache mit Abt Bruno ereignet hat. Also zum Beispiel bestimmte feste Zeiten, um zu beten, zu meditieren oder zu singen? Wie sieht es denn jetzt damit aus?«
»Derzeit stehen unsere Gäste im Vordergrund, und auch wenn ich das nicht zu dramatisch darstellen möchte, leidet unsere Gemeinschaft schon ein wenig darunter. Wir arbeiten im Hotel in einer Art Rotationsverfahren, sodass wir mit regelmäßigen Unterbrechungen immer noch – in eingeschränkter Weise – ein monastisches Leben führen können, das von Gebet, Meditation und Gemeinschaft geprägt ist. Wir können uns jedoch nicht mehr einfach zurückziehen, um das Gespräch mit Gott zu suchen, wann uns der Sinn danach steht. Ein Teil von uns hat sich immer und zuerst um die Bedürfnisse der Gäste zu kümmern. Aber verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Wir sind dankbar für jeden Gast, der zu uns kommt. Unsere eigenen Glaubensbedürfnisse müssen eben vorerst ein wenig zurückgestellt werden.«
»Vorerst?«
»Ja, wir hoffen, dass sich das Hotel langfristig so gut etablieren wird, dass wir nicht nur für die Rückzahlung des Kredits arbeiten müssen, sondern vielleicht auch Mitarbeiter einstellen können. Dann ließe sich das gute alte Klosterleben für uns alle wieder ausbauen.« Bruder Johannes lächelte milde. »Doch das ist augenblicklich noch Zukunftsmusik. Jetzt geht es erst einmal darum, dieses Hotel zum Erfolg zu führen, und das ist eine Aufgabe, bei der wir uns von nichts und niemandem Steine in den Weg legen lassen. Abt Bruno hätte uns fast um unser Zuhause gebracht, und wir haben viel bewegen müssen, um es zu retten.«
»Bislang ist Ihnen das doch auch ganz gut gelungen. Ist nur die Frage, wie die Öffentlichkeit auf den Todesfall reagiert«, sagte Alexandra.
Bruder Johannes nickte bedächtig. »Ich weiß, das klingt ganz und gar unchristlich, aber insgeheim hoffe ich, dass Herr Wilden nicht durch einen Unfall umgekommen ist, denn ein Unfall … das wäre für uns viel unerfreulicher. Dann würde es eine Untersuchung geben, man würde unsere Sicherheitsstandards überprüfen, und wir könnten verklagt werden.«
Alexandra wiegte den Kopf hin und her. »Derzeit deutet immer mehr darauf hin, dass es kein Unfall war, und es gibt einen bunten Kreis von Verdächtigen.«
»Tatsächlich?«, fragte Bruder Johannes, und in seine Augen trat ein neugieriges Glitzern.
»Na ja, wir nehmen an, dass der Täter im Kreise der Mitarbeiter zu suchen ist. Einige von ihnen hätten durchaus ein Motiv gehabt, Wilden aus dem Weg zu räumen.«
»Aber sicher nicht dieser Herr Assmann, der heute Nachmittag hier eingetroffen ist, oder?« Bruder Johannes sah gespannt von einem zum anderen.
»Apropos eingetroffen«, sagte Tobias, der seltsam abgelenkt wirkte. »Wussten Sie eigentlich, dass Bernd Wilden bereits am Donnerstag in Lengenich gesehen wurde?«
»Nein. Er hat definitiv erst am Freitagmorgen bei uns eingecheckt.«
»Dann hat er irgendwo anders übernachtet«, überlegte Tobias laut. »Aber wo könnte das gewesen sein?«
Bruder Johannes winkte ab. »Versuchen Sie gar nicht erst, das herauszufinden! Im Umkreis von wenigen Kilometern gibt es einige Dutzend private Unterkünfte, sodass Sie tagelang damit beschäftigt wären, die alle abzuklappern.«
Tobias zog einen Mundwinkel nach unten und gab einen resignierten Laut von sich.
»Wieso sagen Sie, dass Assmann kein Motiv gehabt haben könnte?«, griff Alexandra den verlorenen Gesprächsfaden wieder auf.
»So sehr, wie er sich über den Tod von Herrn Wilden aufgeregt hat, kann ich mir nicht vorstellen, dass er damit etwas zu tun hat. Er war außer sich und hat jedem von uns die schlimmsten Vorwürfe gemacht. Bernd Wilden muss
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