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Kater mit Karma

Kater mit Karma

Titel: Kater mit Karma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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zwischen zwölf und neunzehn. Wir schlenderten am Klassenzimmer vorbei – eine offene Halle mit Bänken und einer Tafel –, wo sie die jungen Mönche in Englisch und Neurowissenschaft unterrichtete. Neurowissenschaft?
    Einige der Mönche interessierten sich mehr dafür als andere, gab sie zu, aber sie wäre sehr wichtig im Zusammenhang mit Meditation und deren Auswirkungen auf das Gehirn. Offenbar lässt sich Glück an der erhöhten Aktivität des Frontallappens messen. Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass der Mensch mit dem glücklichsten Gehirn der Welt zufällig ein buddhistischer Mönch war.
    Bevor ich weitere Fragen stellen konnte, mussten wir zurück in den Speiseraum, wo die Wahrsagerin wartete. An diesem unwirklichen Ort schien es nur ein kleiner Schritt von der Neurowissenschaft zum Wahrsagen.
    Eine Dorfwahrsagerin hätte ich mir weißhaarig und zahnlos vorgestellt. Stattdessen erblickte ich eine attraktive Frau in den Dreißigern mit großen Augen unter schweren Lidern und langen dunklen Haaren, die ihr über die Schultern fielen. Sie sah aus wie eine Frau, mit der ich mich vor gar nicht so langer Zeit in einer Spielgruppe angefreundet hätte. Leider sprach sie kein Wort Englisch.
    Die ältere Nonne, der sie vor einiger Zeit schon einmal mit erstaunlicher Treffsicherheit die Zukunft vorhergesagt hatte, erbot sich zu übersetzen, während Lydia sich Notizen machte. Die Wahrsagerin wollte nicht in meiner Hand lesen. Stattdessen blickte sie desinteressiert aus dem Fenster.
    »Sie verdienen viel Geld, aber Sie verschwenden es«, sagte sie.
    Da konnte ich ihr nicht widersprechen.
    »Ihre Familie wohnt in Ihrer Nähe. Brüder, Schwestern – einige gleich hinter dem Gartenzaun, andere ein paar Häuser weiter.«
    Nun ja, auch die besten Wahrsager lagen manchmal daneben.
    »In Ihrem Haus wohnt der Geist eines alten Mannes«, fuhr sie fort. »Er wird treppauf, treppab von einer Katze begleitet. Haben Sie eine Katze?«
    Ich nickte.
    »Die Katze und der Geist des alten Mannes – ich glaube, es ist Ihr Vater. Die beiden sind gute Freunde.«
    Lydia und ich wechselten einen Blick. Vielleicht hatte Jonah uns etwas damit sagen wollen, als er auf Dads altes Klavier pinkelte. Mein Vater hatte Katzen immer gemocht.
    »Sie hatten vor kurzem große Probleme mit Ihrer Gesundheit«, fuhr die Wahrsagerin fort. »Aber jetzt ist alles gut. Mit sechzig werden Sie wieder ein Problem haben, aber machen Sie sich keine Sorgen, es ist nichts Ernstes. Sie werden …«
    Sie nahm Lydia den Stift aus der Hand und schrieb »82« auf das Blatt Papier.
    Damit war ich zufrieden.
    »Sie haben eine schreckliche Zeit durchgemacht, alles war sehr schlimm«, sagte sie und die Erinnerung an Schmerz legte sich über ihre Augen wie ein dunkler Schleier. »Sie wollten Ihr Leben beenden, aber stattdessen sind Sie stark geworden. Sie haben jede Angst verloren und ein neues Leben begonnen.«
    Es ist nur natürlich, dass man einen Wahrsager auf die Probe stellen will. Ich fragte, in welchem Alter ich diese Erfahrung gemacht hätte. Ohne zu zögern, erwiderte sie »28« – so alt war ich gewesen, als Sam starb. Sie hatte recht. Ich hatte tatsächlich an Selbstmord gedacht.
    Ich fragte sie nach meiner Arbeit.
    »Ich sehe zwei Bücher«, sagte sie. »Sie werden Sonnenschein in die Welt bringen.«
    Ich hoffte, dass die Frau als Nächstes Lydias Zukunft vorhersagen würde, aber sie schien keine Kraft mehr zu haben. Sie sagte nur, Lydia würde drei Kinder bekommen und solle beim Autofahren aufpassen.
    Anschließend fragte sie Lydia und mich, ob wir vielleicht daran interessiert seien, Edelsteine zu kaufen, die unser Blut reinigen würden. Ihr Geschäftspartner, der zufällig draußen wartete, verkaufe solche Edelsteine und würde zu einem äußerst günstigen Preis Kettenanhänger für uns daraus machen, viel billiger als in unserem Heimatland. Ich war froh über die Möglichkeit, die einheimische Wirtschaft zu unterstützen, doch Lydia legte mir die Hand auf den Arm. Trotz ihrer spirituellen Neigungen war sie in finanziellen Dingen immer sehr scharfsinnig gewesen. Sie dankte der Wahrsagerin, zahlte ihr ein Mehrfaches des üblichen Preises und sagte, wir würden uns das mit den reinigenden Edelsteinen überlegen.
    Nachdem die Wahrsagerin und ihr Partner wieder weg waren, genossen Lydia und ich ein mittägliches Bankett aus Kartoffelcurry, grünem Gemüse, Salat, mit Kurkuma gewürzten Linsen und Sojabohnen. Dank der sri-lankischen Vorliebe für Süßes

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