Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
Gedanken anfreunden. Wir brauchen das Alibi vom alten Olbinghaus für gestern Abend.«
»Heute noch?«, fragte Uwe. »Ich hab in einer Stunde einen Zahnarzttermin.«
»In einer Stunde kann man ein stundenlanges Telefonat führen. Ich würd’s selbst tun, aber ich hab noch was Dringendes zu erledigen.«
Liebermann steckte das Telefon weg und nickte Serrano zu, der zu seinen Füßen saß und wartete. »Heute scheint der Tag des allgemeinen Ausgrabens zu sein«, sagte er zu ihm.
Susanne Berlich meisterte die Identifizierung der Leiche bewundernswert gefasst. Kein Zusammenbruch, wie Marion befürchtet hatte. Keine Tränen. Ein kurzer Blick, dann nickte sie und verkündete, dass sie zu gehen wünsche. Nur an ihrem stark geschminkten Gesicht ließ sich erahnen, dass ihr Gleichmut auf tönernen Füßen stand. Als sie das Institut verließen, sagte sie: »Sie hätten mir gleich sagen sollen, dass Sie Polizistin sind.«
»Hätte das etwas geändert?«
»Ich hätte Sie beauftragt, auf meinen Mann aufzupassen. Sie brauchen doch immer erst einen Auftrag, ehe Sie in Aktion treten, nicht wahr?«
Sie wandte den Blick vorwärts und schritt hochaufgerichtet durch das Foyer des Instituts zur Tür. Marion hetzte ihr nach.
»Machen Sie sich keine Mühe. Ich gehe zu Fuß.«
»Ja, aber ... Ihre Beine«, sagte Marion hilflos.
Susannes purpurfarbene Lippen verzogen sich leicht. »Keine Angst. Die nehme ich mit.«
»Warte hier«, sagte Liebermann zu Serrano. Er warf einen Blick auf das Messingschild mit der Aufschrift »Gerichtsmedizinisches Institut Potsdam« und packte den Karton fester. »Es dauert nicht lange.«
Serrano verkroch sich gehorsam in einem Busch Pfingstrosen, und Liebermann betrat das Foyer. Das Erste, was er sah, war ein kugelrunder Standaschenbecher, das Zweite Kommissarin Allhorn, deren Blässe sich ungesund von ihren flammenden Haaren abhob.
»Ich wusste gar nicht, dass du rauchst«, sagte Liebermann und versuchte auszusehen, als gehöre ein Besuch der Potsdamer Gerichtsmedizin zu seinen täglichen Pflichten. »Was machst du hier?«
»Ich habe seelischen Beistand gespendet«, sagte Marion. »Und du?« »Ach, ich bring nur was vorbei. Wie schlägt sich die Witwe?«
»Sie ist nach Hause gegangen.«
»Allein?«
Marion zuckte die Achseln. »Was bringst du denn hier vorbei?«
»Ein Paket«, sagte Liebermann verlegen und hob seine Tüten. »Falls du heute noch etwas Schönes sehen willst: Gleich gegenüber befindet sich das Schloss Lindstedt.«
»Aha.«
»Im Turm dort soll es ein malerisches Bassin geben.« Er ließ Marion stehen und eilte zur Treppe.
Marion fuhr nach Hause. Sie war müde und schlecht gelaunt. Und zu allem Übel besorgt um Liebermann. Spazierte mit Plastiktüten in der Gegend herum, spielte den Stadtführer und schien es völlig normal zu finden, dass sein Urlaub in Potsdam bereits zwei Menschen das Leben gekostet hatte. Falls er recht hatte, was Charlotte Olbinghaus betraf.
Schlechtgelaunt holte Marion ihren Sohn ab, spielte schlechtgelaunt eine Partie Uno mit ihm und verlor. Als er endlich vor dem Sandmännchen saß, hielt sie es nicht mehr aus und ließ sich mit der Gerichtsmedizin verbinden.
»Haben Sie mal auf die Uhr gesehen?«
Auch die Gerichtsmedizinerin hatte offenbar einen langen Tag hinter sich.
»Entschuldigung. Ich wollte nur wissen, ob Sie schon eine Idee haben, was die Todesursache von Stefan Berlich angeht.«
»Ich mache ihn nicht vor morgen auf. Meine Familie wartet mit dem Abendbrot.«
»Verstehe.« Durch die Bö schlechter Laune, die ihr entgegenwehte, fühlte Marion sich plötzlich wie durch Wunderhand von ihrer eigenen kuriert. Wer schnitt schon gern vor dem Abendbrot Leichen auf? »Mich interessiert auch nur«, fuhr sie freundlicher fort, »was Sie jetzt, da Sie vor dem toten, aber geschlossenen Stefan Berlich stehen, über die Art seines Ablebens sagen würden. Ich hätte Sie vorhin schon gefragt, aber die Anwesenheit der Witwe -«
»Sie waren doch am Fundort! Der Mann ist gefallen, offensichtlich von der Plattform. Was anderes ist da ja nicht in der Gegend, wovon er hätte stürzen können. Er hat eine Platzwunde am Kopf und ein paar ältere blaue Flecken. Und wie es aussieht, eine gebrochene Wirbelsäule, aber ganz genau weiß ich das erst morgen Nachmittag. Und jetzt entschuldigen Sie mich. Ich habe Hunger.«
»Gefallen und dann verscharrt?«
»Haben Sie was an den Ohren? Ich habe gesagt, dass ich mich morgen mit ihm beschäftige!«, schnauzte die
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