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Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Anlauff
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Oder wenn, dann war es nicht viel, so genau ließ sich das aus drei Meter Abstand nicht sagen. Der Geruch fleischlicher Verwesung war eine der wenigen Begleiterscheinungen seines Berufes, an die er sich nicht gewöhnen konnte. Er wäre gern gegangen.
    Aber er konnte den Kadaver unmöglich einfach ausgescharrt hier im Hof liegen lassen. Und Serrano würde ihn wohl kaum neu bestatten. Es sah eher so aus, als wäre er drauf und dran, sich zu ihm zu legen.
    Es gab keinen Zweifel: Der Einohrige trauerte. Und die Frage nach dem Warum beantwortete sich von selbst, wenn man sah, wie er die Tote in der Kiste anstupste, während er ein tiefes, beruhigendes Brummen von sich gab.
    Hatte Miri nicht etwas von einer Freundin erzählt? Liebermann kramte in seinem unsortierten Gedächtnis und wurde fündig. Aurelia. Der Farbe des Fells nach konnte es hinkommen. Liebermann sah noch einmal auf den vor Zärtlichkeit überfließenden Kater. Dann wandte er sich ab. Es war dies keine Geste des Ekels, obwohl der ihm hart zusetzte, sondern des Respekts.
    Er betrachtete die Erdbeeren in der Kühltruhe, während er darauf wartete, dass Serrano seinen Abschied von Aurelia beendet haben würde. Sie schienen gut zu gedeihen in ihrem übergroßen Blumentopf. Obwohl recht früh im Jahr, zeigten die ersten bereits ein schüchternes Rot. Nur an dem vorderen Truhenrand fanden sich ein paar ramponierte Pflanzen. Die Beeren hingen noch dran, aber ein Teil der Blätter war abgerissen. Vielleicht durch Kinder oder Katzen. Liebermanns Finger strichen über Eisen, von dem die Farbe abgeplatzt war. Von der Straße her hörte er Männerstimmen. Trotzdem wartete er noch eine Minute, ehe er, die Nase im Ärmel vergraben, zu Serrano ging.
    »Sie kommen.«
    Der Kater blickte mit klaren Augen zu ihm auf. Liebermann zeigte auf die Einfahrt. »Ende der Mittagspause. Gleich wird’s laut hier.« Er griff nach dem Deckel und schob ihn hurtig über den Karton. Serranos Schwanz hob sich langsam. »Ich weiß nicht, ob es dich tröstet«, sagte Liebermann. »Dass wir nicht nur euch überfahren.«
    Er hatte keine Ahnung, was in Serranos Kopf vorging. Bis heute war Liebermann sich relativ sicher gewesen, dass ein Katerkopf in etwa einem Landbahnhof glich, durch den eine Vielzahl von Zügen reiste, ohne je zu verweilen. Im Grunde hatte er noch nie darüber nachgedacht.
    »Wenigstens hat jemand sie ordentlich zur Ruhe ge...« Weiter kam er nicht. Serrano schoss mit aufgesperrtem Rachen vor. Im nächsten Moment schlug ein kalter Schmerz in Liebermanns rechtes Bein.
    Er brüllte auf und holte nach ihm aus, aber der Kater hatte sich schon in Sicherheit gebracht. Liebermann packte einen Stein und schleuderte ihn ihm hinterher. Tollwütiges Vieh! Vorsichtig krempelte er sein rechtes Hosenbein auf: Einstiche von vier großen Stiften, aus denen je ein Tropfen Blut quoll, kamen zum Vorschein. Und der Täter: desertiert. Und wieder da.
    Aus Serranos Maul hing ein henkelloser, leerer Einkaufsbeutel. Liebermanns Überraschung war so umfassend, dass er seinen Schmerz vergaß. »Das ist nicht dein Ernst!« Aber in den Tiefen seiner Polizistenseele wusste er, dass Serrano es bitterernst meinte. Im Gegensatz zu ihm hatte der Kater seine Liebste gefunden. Jetzt wollte er mehr. Im Grunde wollte er dasselbe wie Liebermann. Wissen. Und diese Erkenntnis war wahrscheinlich die merkwürdigste seines bisherigen Lebens. Liebermann nahm dem Kater, der nun wieder friedfertig wie ein Lamm vor ihm hockte, die Tüte aus dem Maul, hob die Kiste mit abgeklemmter Luftröhre aus der Grube und schob sie hinein.
    »Na gut. Ich werde sehen, was sich machen lässt.«
    Die achtzehn Touristen waren bass erstaunt, als sie erfuhren, dass Potsdam seit hundertvierzig Jahren ein Eyland war. Dank eines Kanals, also kein ganz natürliches, aber was war schon noch natürlich heutzutage. Ralph zwinkerte und erntete verhaltenes Gelächter. Waren auch schon mal lockerer gewesen, die Leute. Vermutlich lag’s an der Mischung: Sachsen, Norddeutsche und ein holländisches Pärchen mit exzellenten Fahrrädern, die sich erst vorhin auf dem Zeltplatz zusammengewürfelt hatten. Sie kannten sich noch nicht, dies war erst die zweite Station der Tour. Noch standen sie in ängstlichem Abstand zu ihm und zueinander. Was für Ralph bedeutete, dass er brüllen musste, damit sie ihn überhaupt verstanden. In zwei Stunden würde es schon anders aussehen, und am Ende lud man sich gegenseitig zum Barbecue ein, wie jedes Mal.
    Am lautesten

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