Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
den trifft es richtig. Denn unten erwartet sie die Kühltruhe, und die bricht ihr das Genick. Und leider erwartet sie noch jemand.« Liebermann sah bedauernd zu Laura und Estrella. »Die Katze. Sie ist kurz vor der Journalistin auf der vermeintlich sicheren Erde angekommen, nur um sie gleich darauf für immer zu verlassen. Ihr erstes Grab war nicht das Blumenbeet unter der Mörtelwanne, sondern der Körper der Journalistin, der aus ihr, ich zitiere: eine Briefmarke gemacht hat.« Laura schreckte hoch, senkte den Blick aber sofort wieder.
Liebermann wandte sich den anderen zu.
»Die Frage, die alle beschäftigt ist: Was nun? Das Natürlichste wäre, einen Arzt und die Polizei zu rufen. Die würde unter den gegebenen Umständen mit aller Kraft nach dem Silberfresser suchen. Ganz abgesehen davon, dass die Inhaberin der Kühltruhe ihr Fett wegbekommen würde, weil sie sie nicht ordnungsgemäß entsorgt hat. Nicht zu vergessen die Besitzerin der Katze und ihre Mitbewohnerin.«
»Katzen?«, schnaufte die Krebs. »Verflöhte Biester!«
Estrella reichte Laura ein Taschentuch.
»Lassen wir die Katze«, sagte Liebermann. »Aurelia hat ihren Eifer teuer bezahlt. Bleiben die Ladeninhaberin und der Silberfresser. Mit etwas Talent könnte man die Laden-Inhaberin vielleicht auch aus der Bredouille schlagen. Bleibt immer noch das Gerüst. Man kann die Strebe nicht einfach wieder anschrauben, denn dann gäbe es keine Erklärung, wie die Leiche in den Hof geraten ist. Niemand würde an einen freiwilligen Sprung aus dem dritten Stock glauben, nicht wahr? Und es würde nicht lange dauern, bis eine gewisse Baufirma die Polizei an ihren Erfahrungen mit dem mysteriösen Silberfresser teilhaben lässt. Tja. Eigentlich kann das der Runde, die dort im Hof versammelt ist, egal sein. Ist es aber nicht!«
Goran war während der letzten Minuten immer tiefer unter den Tisch gerutscht. Nico starrte Liebermann an, wie ein Insekt, das sie gerade am Rand der Tischplatte entdeckt hatte.
»Es kann dafür nur einen Grund geben«, sagte Liebermann. »Alle, wie sie dort standen, kannten den Silberfresser, und fast alle«, er ließ seine Augen über die verwirrt dreinblickende Krebs schweifen, »haben seine Arbeit gebilligt, wenn nicht sogar unterstützt. Sie wären sich wie Verräter vorgekommen, wenn sie ihn der Polizei ausgeliefert hätten. Vielleicht wäre es für den einen oder anderen sogar gefährlich gewesen.« Diesmal nahm er Moritz ins Visier, der mit ausdruckslosem Gesicht zwischen Laura und Ralph saß.
»Auf der anderen Seite«, fuhr er fort, »war die Journalistin zweifelsohne tot, und nichts und niemand konnte sie mehr zum Leben erwecken. Der Hof ist von Sträuchern und Bäumen umgeben und schlecht einsehbar, und es war dämmrig, denn ein Gewitter war im Anmarsch. Man konnte davon ausgehen, dass alle, die den Unfall mitbekommen hatten, sich mittlerweile an Ort und Stelle befanden. Wahrscheinlich gab es eine kurze Diskussion, an deren Ende man sich einig wurde, die Leiche verschwinden zu lassen. Charlotte Olbinghaus würde sich einfach auflösen, und Goran sowie Tante Lehmann, vielleicht auch Laura, Estrella und Moritz, wären außer Gefahr. Allerdings stellte sich nun die praktische Frage der Umsetzung dieses Plans. Es musste schnell gehen und möglichst ohne viel Aufhebens. Und da sind wir bei Nils und Jürgen.
Bis auf Frau Krebs vielleicht wissen alle, dass der Besitzer ihrer Stammkneipe dabei ist, sich zu vergrößern, indem er von Nils hinter seiner Bar eine Terrasse anlegen lässt. Außerdem besitzt er einen Kleinbus, und, das ist der springende Punkt, er ist in die Katzenbesitzerin Estrella verliebt, die bei ihm kellnert. Auf einen Anruf hin kommt er sofort und hilft, die Tote in seinen Bus zu verladen. Dazu bringt er Nils mit, den allgegenwärtigen Hausmeister, der für jedes Problem eine Lösung weiß und schon seit längerem ein Auge auf die im Hof anwesende Hebamme geworfen hat.« Diesmal vermied er es, Nico anzusehen, die ihn vermutlich gerade erdolchte.
»Doch bevor die beiden, unterstützt durch den Vierlingsvater Ralph, zur Tat schreiten«, sagte er, indem er einen Zipfel des schwarzen Kleides anhob, »geschieht etwas, dessen Sinn sich mir entzieht. Die nunmehr Verschworenen teilen die Sachen der Toten unter sich auf. Handy, Tasche, Kamera und vielleicht noch der ein oder andere Gegenstand, der mir bisher entgangen ist, wechseln den Besitzer. Nicht nur das: auch ihre Uhr, die Ohrringe und vor allem das Kleid! Das Kleid
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