Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold
getan.« Der Alte klappte den Deckel auf seine Beweissammlung, stellte sie in die Remise und schlurfte zurück zu seinem Schlauch. Liebermann eilte ihm hinterher. »Sie haben also gesehen, wie er, ich meine, sie zurückgekommen ist?«
Doch er fand Bellin nicht mehr in Gesprächslaune vor. Wasser schoss aus dem Schlauch und benetzte die Erde, die den kostbaren Samen barg, und den linken von Liebermanns Schuhen.
»Bin ich die Polizei?«, brummte er. »Auch ich muss ab und zu schlafen.«
Ab und zu zur falschen Zeit, dachte Liebermann enttäuscht, als er die Tüte zur Mülltonne trug.
Gegenüber, im Vorgarten von Nicos Haus, hockte Nils. Neben ihm stand eine Kiste mit Studentenblumen. Ein Stück weiter hockte der einohrige Kater und verfolgte konzentriert, wie der Hausmeister eine Schaufel Sand in ein Loch warf. Von Bismarck war nichts zu sehen. Liebermann vergaß die Kippen und schlenderte neugierig zu den beiden hinüber. Ein knapper Gruß unter Männern, dann fragte Liebermann: »Was tust du da?«
Nils richtete sich auf und schob seine stummellose Mütze in den Nacken.
»Tja, jetzt hat’s ihn erwischt, den Alten.«
Die überraschende Botschaft traf Liebermann. »Überfahren?«
»Eher überrumpelt. Serrano hat ihn gefunden.«
Als sein Name fiel, bewegte der Kater sein Ohr.
»Weiß Nico es schon?«
»Hab’s ihr eben gesagt, als sie mit den Mädels los ist.«
Liebermanns Herz sank ein paar Etagen tiefer. Sie hätte ihn anrufen können.
Nein, hätte sie nicht. Er hatte ihr nie seine Nummer gegeben. Was er sofort nachholen würde, wenn sie zurückkam. Er sah zur Straße. Ihr Auto stand nicht da. »Sie ist arbeiten«, sagte Nils mit schrägem Grinsen und warf eine Ladung Sand in Bismarcks Loch. »Übrigens ist der Sarg fertig.«
Liebermann fuhr zusammen. »Bitte?«
»Schneewittchen. Ich hab gehört, dass du dich als engagiertes Elternteil in das Stück einbringst.«
»Ach ja. Ich wusste nicht, dass du auch für den Kindergarten arbeitest.«
»Tu ich auch nicht. Aber sag denen trotzdem Bescheid!«
Vielleicht waren Fetzen des seltsamen Gesprächs über die Straße und durch die offene Haustür auf der anderen Seite geweht. Der fast kahle Schädel des alten Bellin stürzte über das Kopfsteinpflaster zu ihnen heran.
»Was machen Sie denn hier draußen?«, schrie er.
Nils ließ den Spaten sinken. »Ich begrabe den Kater einer Ihrer Mieterinnen.«
Bellin riss die Arme in die Höhe. »Aber doch nicht hier! Ich habe Ihnen die Stelle markiert, oder nicht, wo Haustiere verscharrt werden dürfen. Kommen Sie mit, ich zeig’s Ihnen noch mal. Und nehmen Sie um Himmels willen diese grässlichen Blumen da mit!«
Der Hausmeister richtete sich auf und nahm seine Baskenmütze ab, um sich durch die Locken zu fahren.
»Bismarck hat niemanden gestört, solange er hier gesessen hat. Also wird er wohl auch niemanden stören, wenn er hier liegt.«
Am Hals des Alten trat eine Ader hervor.
»Wenn man Sie reden hört, könnte man glauben, dass Sie den Kanzler persönlich begraben. Aber es ist nur eine Katze! Und die kommt auf den Hof!«
Unter dem entsetzten Blick des Alten griff Nils nach einer der orangefarbenen Pflanzen und setzte sie in die Erde. »Sie haben da drüben einen hübschen Sack mit Grassamen stehen«, sagte er. »Ist das nicht dieser Rotschwingelrasen, den sie gerade auf der Südseite des Parks anlegen?«
Dem alten Bellin fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Er bewegte ein, zwei Mal die Lippen, aber es wollte kein Ton kommen. Am Ende gab er es auf und verschwand so eilig, wie er gekommen war, im entfernteren seiner beiden Häuser.
Zuerst ging der Alte, zappelnd wie ein Fisch und mit ebensolchen vorstehenden Augen. Wenig später folgte ihm der Fremde. Serrano harrte aus, bis Nils die letzte Blume in der Erde versenkt und ein hübsches rundes Beet zustande gebracht hatte. Zusammen schwiegen sie einen Augenblick, dann sagte Nils etwas zu ihm, packte seine Sachen und verschwand ebenfalls.
Serrano blieb, wo er war. Er würde Bismarcks Sturkopf vermissen, sein Gezupfe an der Decke im Kinderwagen, sogar den vermaledeiten Hering. Ja er war traurig, warum auch nicht, und nebenbei war er wütend auf den Alten, weil er ihn gerade jetzt im Stich ließ. Nein, der Alte konnte nichts dafür, er war nicht schuld, nur die Jahre, die er angesammelt hatte und die ihn erst seine Zähne und am Ende sein Herz gekostet hatten. Und, dachte Serrano plötzlich bitter, der Fremde mit seinem Unglück. Marschierte hier herein und
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