Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold

Titel: Kater Serano ermittelt 01 - Katzengold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Anlauff
Vom Netzwerk:
was Liebermann mehr zu schaffen machte als dieses Beißen, war die Angst, dass es wieder aufhören könnte. Er bog in die Ossietzkystraße ein. Die anderen Bisse waren sauer, denn es waren Ameisenbisse. Er stand auf der Spitze eines Ameisenhaufens und mühte sich, in dem Gewimmel unter seinen Füßen einzelne Tiere zu erkennen. Es gelang ihm nicht. Sie bewegten sich zu schnell, zu ungeordnet, wie die Asseln früher unter den Wegplatten seiner Großeltern. Pflanzenstängelchen wurden betriebsam verschoben, Richtungen geändert, und in all der Hektik blinkte nur ab und zu der glänzende Panzer eines Mistkäfers auf. Liebermann blieb dabei, dass es ein toter Mistkäfer war. Daran änderte auch Stefan Berlichs Flucht nichts, im Gegenteil. Marion hatte ihn aus dem Bau gelockt. Seltsam war nur das Tempo. Er hätte Berlich mehr Nonchalance zugetraut. Mehr Spieleifer. Bei Lichte besehen musste Liebermann zugeben, dass er von ihm enttäuscht war.
    Vor der eingerüsteten Nummer 17 neben dem Lebensmittelladen stand ein Grüppchen Bauarbeiter und rauchte. Unter ihnen gewahrte Liebermann Moritz.
    »Hallo, Lektor!«
    »Hallo, Restaurator!«
    Die Arbeiter bildeten eine stumme Gasse, damit die beiden Männer zueinandergelangen und sich auf die Schulter klopfen konnten. Moritz zog einen zusammengefalteten Zettel aus der Tasche seiner gipsbeschmierten Jeans.
    »Wo du schon da bist: Kannst du das Bellin geben? Du wohnst doch bei ihm.«
    Liebermann beäugte den Zettel. »Was ist das?«
    »Ein Kostenvoranschlag. Der Alte will seine Remise sanieren lassen.« Moritz paffte grinsend ein Wölkchen in die Luft.
    »Keine Ahnung, wozu. In seinem Hof ist es viel zu dunkel, als dass es da jemand aushalten würde. Aber ich frag nicht. Ich rechne nur.«
    Liebermann schob den Zettel in seine Jackentasche. »Hab ich bemerkt«, sagte er. »Du rechnest ab.«
    Moritz wechselte einen Blick mit seinem Kollegium. »Was meinst du?«
    Liebermann antwortete nicht. Stattdessen fragte er: »Habt ihr gerade Lagebesprechung?«
    »Da gibt’s nicht viel zu besprechen«, sagte rechts von ihm ein Kerl wie ein Mastbaum und zündete sich eine neue Zigarette an seiner alten an. »Wir warten.«
    »Worauf?«
    »Auf den Bauleiter.«
    Er deutete auf das Gerüst, das den Block umgab.
    »Er hat wieder zugeschlagen.«
    »Wer?«
    »Na, der Silberfresser.«
    Vor Liebermanns innerem Auge erschien ein possierliches Tierchen, das sich mit Heißhunger über einen Satz Tafelsilber hermachte. Aber es war wohl unwahrscheinlich, dass der Mastbaum etwas in der Art meinte.
    »Du bist nicht von hier, was?«, fragte ein kleiner Kerl mit Glatze.
    »Er ist ein Zuzug«, sprang Moritz ein.
    »Ach so.« Die Männer nickten und rauchten.
    »Dann weißt du vielleicht noch nichts vom Silberfresser«, meinte der Kleine nachdenklich. »Er kommt nachts und klaut Gerüstteile: Streben, Schrauben, Schellen und Kupplungen. Alles, was er kriegen kann. Wir hatten eine Weile den Wachschutz hier. Aber auf Dauer ist das zu teuer.«
    »Und weißt du, was das Neueste ist?«, sagte der Mastbaum. »Seit einer Weile nimmt er nur noch die Schrauben. Vor einer halben Stunde ist unser Rico hier vom ersten Stock runtergesegelt, weil er sich gegen eine Sicherheitsstrebe gelehnt hat.«
    Aller Blicke richteten sich auf einen aknenarbigen jungen Mann, der verlegen lächelte.
    »Zeig’s ihm!«, befahl der Mastbaum.
    Rico zog seinen Pullover hoch und ließ einen handtellergroßen roten Fleck sehen, der bald dunkelviolett sein würde.
    »Wozu macht einer so was?«, fragte Liebermann.
    »Sabotage«, sagte der Mastbaum, der hier der Wortführer zu sein schien.
    »Oder er vertickt die Teile.«
    Liebermann runzelte die Stirn. »Schrauben?«
    »Eben, Schrauben zu verticken ist Quatsch. Also Sabotage.«
    »Und wer sollte so was machen?«
    Der Glatzkopf schob sich ein Stück an ihn heran. »Die Konkurrenz«, raunte er.
    Liebermann fiel auf, dass sich Moritz aus dem Gespräch heraushielt. Er lehnte an einer Laterne, rauchte und kratzte Gips mit einer Schuhspitze von der anderen.
    »Was meinst du?«, fragte Liebermann ihn.
    Moritz zuckte die Achseln. »Ich weiß nur, dass es gefährlich ist, auf einem unbefestigten Gerüst zu arbeiten. Deshalb hab ich vorgeschlagen, auf den Bauleiter zu warten. Wie die letzten Male.« Durch die Runde ging eine leichte Unruhe.
    »Wir halten die Termine nicht ein«, gab der Mastbaum zu bedenken.
    »Und dann sind wir alle am Arsch.«
    »Letztens hast du dich noch über die lange Frühstückspause

Weitere Kostenlose Bücher