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Kates Geheimnis

Kates Geheimnis

Titel: Kates Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
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Flasche Wein, zwei Kelche und mehrere Tabletts. Ein Apfel, 152

    zwei Birnen und eine Traube Weinbeeren waren aus dem Korb gekullert. Bei ihrem Rock lag ein offenes Buch, und zu ihren Füßen kauerte ein Cockerspaniel.
    Neben Anne stand ein großer, dunkler, gutaussehender Mann mit noblem, recht streng wirkendem Gesicht. Er trug Reithosen, hohe schwarze Stiefel, ein weißes Hemd und ein lang geschnittenes Tweedjackett. In einer Hand hielt er eine Reitpeitsche. Er sah aus, als sei er dazu geboren, Hundertschaften von Dienern zu befehligen - und er schien nicht zu wissen, wie man lächelt. Anne zu seinen Füßen wirkte zu jung für ihn und sehr zerbrechlich. »Also das ist Edward.«
    »Ja.«
    »Sie geben ein tolles Paar ab«, sagte Jill nachdenklich. »Anne ist so jung.«
    »Viele Mädchen haben damals in ihrem Alter geheiratet«, erklärte Lucinda. »Diese Verbindung war wirklich gelungen. Edward Sheldon war die Partie zu seiner Zeit. Und Anne selbst war eine reiche Erbin.
    Ganz London war schier aus dem Häuschen über diese Verbindung - und das zu Recht.«
    Auch Lauren studierte das Gemälde. »Ich kenne dieses Bild schon so lang, aber es kommt mir vor, als sähe ich es heute zum ersten Mal.« Sie lächelte nicht.
    Jill erschien sie angespannt. »Ich habe ihn nicht mehr erlebt. Er ist vor langer Zeit gestorben. Um den Zweiten Weltkrieg, glaube ich.«
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    »Wann ist sie gestorben?« fragte Jill, während sie sich auf Anne konzentrierte.
    »Ich war neun, als sie starb«, antwortete Lauren.
    »Sie hat das hohe Alter von fünfundachtzig Jahren erreicht«, sagte Lucinda. »Dann ist sie plötzlich sehr krank geworden und im Schlaf gestorben, das war 1975. Ich kann mich recht gut an die Beerdigung erinnern.«
    Jill sah Lauren an. »Du musst viele Erinnerungen an sie haben.« »Nein, eigentlich nicht.« Lauren war erregt. »Sie war sehr brüsk - und immer sehr beschäftigt. Wir sind ihr möglichst aus dem Weg gegangen. Wir hatten alle Angst vor ihr.«
    Überrascht richtete Jill den Blick wieder auf die junge Frau zu Edwards Füßen, deren Augen so verliebt strahlten. »Auf mich wirkt sie eher zart und verletzlich.«
    Lauren antwortete nicht.
    »Hat sie jemals von Kate gesprochen?« Jill wusste, dass sie im Nebel stocherte.
    »Woran ich mich gut erinnere«, sagte Lauren, die plötzlich wieder unter Tränen lächelte, »ist, dass Hal und Thomas als Kinder in diesem Haus ziemlich wild gespielt haben. Wir waren meistens in den Ferien hier
    - und auch an ein paar Wochenenden, als wir noch sehr klein waren. Ich war damals vielleicht fünf oder sechs. Sie haben mich immer ausgeschlossen.«
    Lauren versagte die Stimme.
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    »Ist schon gut«, sagte Lucinda und tätschelte ihr den Rücken. Lauren schüttelte den Kopf. »Das ist so lange her. Ich hatte es ganz vergessen. Sie hatten eine Geheimsprache, und sie haben mich so geärgert, weil sie schon lesen konnten und ich noch nicht.
    Sie haben einfach die Wörter rückwärts buchstabiert. Nur um mich zu ärgern.«
    Jill wusste nichts zu sagen, also schwieg sie, betrachtete das Bild und meinte fast, Hal direkt neben sich zu fühlen, der sich über ihre Schulter hinweg auch das Bild ansah. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Was meinen Sie, wo das gemalt wurde?«, fragte sie Lucinda.
    »In Stainesmore«, antwortete Lucinda, »dem Landsitz der Familie.«
    »Er liegt im Norden von Yorkshire«, fügte Lauren hinzu. »Früher war Stainesmore ein riesiges, recht einträgliches Gut. Jetzt ist es allerdings ziemlich heruntergekommen. Manchmal verbringen wir noch die Sommerferien dort.«
    »Hal hat erwähnt, dass er als Kind die Sommerferien in Yorkshire verbracht hat«, sagte Jill.
    Sie konnte die Augen nicht von Edward lassen. Aus irgendeinem Grunde hatte sie eine Gänsehaut, und die Haare an ihren Armen sträubten sich. Er wirkte eitel, arrogant, kalt und wenig umgänglich. Jill dachte, dass das keine so glückliche Verbindung war. Anne schien nicht die Sorte Frau zu sein, die einen solchen Mann 155

    lange halten konnte, was immer Lauren auch sagen mochte.
    »Ich glaube, deine Großmutter war sehr verliebt«, bemerkte Jill. Lauren antwortete nicht.
    »Niemand hat zu jener Zeit aus Liebe geheiratet, Miss Gallagher«, sagte Lucinda lächelnd. »Nicht, wenn Titel und Besitztümer im Spiel waren. Aber es ist kein Geheimnis - Anne war hingerissen von ihrem Bräutigam.«
    Jill bezweifelte, dass Edward dasselbe für seine Braut empfunden hatte. Er schien nicht zu den Männern zu

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