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Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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wachhabenden Hauptmann erklärte, der Pastor sei von stechenden Schmerzen überrascht worden.
    Theodor von Béza war ein Sohn jener Gemeinde Vézelay, die sich als erste confoederierte. Einer der Thierry hat ihre sehr interessante Geschichte geschrieben. So hat denn der bürgerliche Geist des Widerstandes, der in Vézelay endemisch war, zweifelsohne sein Teil zu der großen Revolte der Reformierten in der Person dieses Mannes beigetragen, der sicherlich eine der seltsamsten Figuren der Ketzerei ist.
    »Ihr leidet also immer?« sagte Theodor zu Calvin.
    »Ein Katholik würde sagen wie ein Verdammter«, antwortete der Reformator mit jener Bitterkeit, womit er die nichtigsten Worte vorbrachte. »Ach, es geht mit mir zu Ende, mein Kind! Und was wird aus euch ohne mich?«
    »Wir werden uns zur Klarheit Eurer Schriften durchkämpfen«, sagte Chaudieu.
    Calvin lächelte. Sein purpurnes Gesicht bekam einen anmutigen Ausdruck, und er warf Chaudieu einen gewogenen Blick zu.
    »Nun, und was bringt Ihr mir für Neuigkeiten?« fuhr er fort.
    »Hat man viele der Unsrigen massakriert?« fragte er lächelnd. Er zeigte eine spöttische Freude, die in seinen braunen Augen glänzte.
    »Nein,« sagte Chaudieu, »alles ist in Frieden.«
    »Desto schlimmer, desto schlimmer«, rief Calvin.
    »Jede Friedensstiftung würde ein Übel bedeuten, wenn sie nicht jedesmal eine Falle wäre. Die Verfolgung ist unsere Kraft. Wohin würden wir geraten, wenn die Kirche sich der Reformation bemächtigte?«
    »Doch gerade das scheint mir die Königin-Mutter tun zu wollen«, sagte Theodor.
    »Dazu wäre sie wohl imstande«, antwortete Calvin.
    »Ich studiere dieses Weib ...«
    »Von hier aus?« rief Chaudieu.
    »Bestehen Zwischenräume für das geistige Auge?« erwiderte Calvin streng.
    Er fand die Unterbrechung unehrerbietig.
    »Katharina wünscht die Macht, und Frauen mit solchem Gesichtspunkt besitzen weder Ehre noch Treue. Um was handelt es sich denn?«
    »Nun, sie schlägt uns eine Art Konzil vor,« sagte Theodor von Béza.
    »In der Nähe von Paris?« forschte Calvin jäh.
    »Ja.«
    »Ah, um so besser!« erklärte Calvin.
    »Und wir wollen dort versuchen, uns Gehör zu verschaffen und ein öffentliches Protokoll aufnehmen, um die beiden Kirchen zu verschmelzen. Ach, wenn sie den Mut aufbrächte, die französische Kirche von der römischen Kurie zu trennen und in Frankreich ein Patriarchat zu schaffen wie in der griechischen Kirche!« schrie der Reformator, dessen Augen bei dem Gedanken glänzten, etwa einen Thron besteigen zu können. »Kann eine Papstnichte aber aufrichtig sein, mein Sohn? Zeit will sie gewinnen.«
    »Bedürfen wir deren nicht, um unseren Amboiser Verlust wettzumachen und an allen Enden des Reiches einen furchtbaren Widerstand zu organisieren?«
    »Sie hat die Schottenkönigin nach Hause geschickt,« sagte Chaudieu.
    »Eine weniger!« erklärte Calvin, das Rivestor durchschreitend. »Elisabeth von England wird sie im Zaume halten. Zwei benachbarte Königinnen werden bald in Streit geraten: die eine ist schön, die andere reichlich häßlich. Erster Grund zu einem gereizten Zustande. Dann gibts überdies die Illegitimitätsfrage ...«
    Er rieb sich die Hände. Und seine Freude hatte einen so wilden Charakter, daß Beza zusammenschauderte, denn er sah das Meer von Blut, das sein Meister seit einem Moment vor Augen hatte. »Die Guisen haben das Haus Bourbon gereizt«, sagte Beza nach einer Pause, »in Orleans hat es mit ihnen gebrochen.«
    »Nun«, fuhr Calvin fort, »du glaubtest mir bei deiner letzten Abreise nach Nerac ja nicht, als ich dir sagte, daß wir schließlich zwischen den beiden Seitenlinien des französischen Könighauses einen Kampf auf Leben und Tod hervorrufen würden. Kurz und gut, ich habe einen König, einen Hof, eine Familie in meiner Partei. Meine Lehre hat jetzt ihre Wirkung auf die Massen getan. Die Bürger haben mich begriffen, fortan werden sie die, die zur Messe gehen, die Mauern ihrer Kirchen bemalen und dort Bilder und Statuen aufstellen, Götzenknechte heißen. Ach, viel leichter ist's für das Volk, Kathedralen und Paläste zu verwüsten, als über den heiligen Glauben und über die wirkliche Gegenwart Gottes zu disputieren. Luther war ein Disputator; ich, ich bin ein Heer. Er war ein Schwätzer, ich bin ein System. Kurz, meine Kinder, ein Zänker war er, ich bin ein Denker! 0, meine Getreuen werden die Kirchen zerstören, werden die Bilder zerbrechen, werden Mühlsteine aus den Statuen machen, um der

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