Katharina von Medici (German Edition)
nach dem Palais, wo im großen Saale das königliche Mahl hergerichtet war. Sie saß dort in der Mitte am Marmortisch und unter einem Sammetbaldachin, der mit goldenen Lilienblüten übersät war.«
Hier ist Ort und Stelle, eine jener irrigen volkstümlichen Meinungen zu zerstören, welche, nach Sauval übrigens, manche Leute wiederholen. Man hat behauptet, daß Heinrich die Schicklichkeit soweit außer acht ließ, daß er die Anfangsbuchstaben seiner Geliebten auf den Gebäuden anbrachte, welche er auf Katharinas Rat hin mit soviel Pracht weiterführte oder begann. Die Doppelchiffre aber, die man am Louvre sieht, straft alle Tage die Lügen, die so wenig scharfsinnig sind, jenen Albernheiten Bestand zu geben, welche unsere Könige und Königinnen ohne allen Grund entehren. Das H von Heinrich und die angefügten beiden Cs von Catharine scheinen auch zwei Ds für Diana zu bilden. Dies Zusammentreffen hat Heinrich dem Zweiten gefallen müssen; es ist darum aber nicht weniger wahr, daß die königliche Chiffre offiziell des Königs Buchstaben und den der Königin enthielt. Und das ist gewißlich wahr, denn diese Chiffre existiert auch noch auf der Säule der Getreidehalle, welche von Katharina allein erbaut wurde. Man kann übrigens die nämliche Chiffre noch in den Gewölben von Saint-Denis auf dem Grabmal sehen, das Katharina sich selbst zu Lebzeiten an Heinrichs des Zweiten Seite errichten ließ, auf welchem sie vom Bildhauer, für den sie Modell saß, nach der Natur dargestellt ward. Bei einer feierlichen Gelegenheit, im Augenblick, da er zu seinem deutschen Zuge aufbrach, ernannte Heinrich der Zweite Katharina für die Zeit seiner Abwesenheit zur Regentin, ebenso auch im Falle des Todes am 25. März 1552.
Katharinas grausamster Feind, der Verfasser der »vortrefflichen Abhandlung über den schlechten Wandel der Katharina von Medici« gibt zu, daß sie diese Regierung zum allgemeinen Lobe durchführte und daß der König von ihrer Verwaltung hoch befriedigt war. Heinrich der Zweite bekam zur rechten Zeit Geld und Mannschaften. Kurz, nach dem verhängnisvollen Tage von Saint-Quentin erhielt Katharina von den Parisern beträchtliche Geldsummen, die sie nach Compiègne sandte, wo der König sich befand.
In politicis machte Katharina unerhörte Anstrengungen, um ein wenig Einfluß zu erhalten. Sie war geschickt genug, den unter Heinrich dem Zweiten allmächtigen Kronfeldherrn für sich zu gewinnen. Man kennt die schreckliche Antwort, die der von Montmorency gequälte König gab. Diese Antwort war das Ergebnis der guten Ratschläge, welche Katharina dem Könige in den wenigen Augenblicken erteilte, wo sie sich allein mit ihm befand und ihm die Florentiner Politik auseinandersetzte, die darin bestand, die Großen des Königreichs gegeneinander auszuspielen und die königliche Autorität auf deren Ruinen zu errichten. Das war Ludwigs des Elften System, welches später von ihr und Richelieu fortgeführt ward. Heinrich der Zweite, der nur mit Dianas und des Konnetabels Augen sah, war ein durchaus feudaler König und Freund der großen Häuser seines Reiches.
Nach dem vom Konnetabel vergeblich zu ihren Gunsten unternommenen Versuche, den man ins Jahr 1556 zurückversetzen muß, umschmeichelte Katharina die Guisen und bildete den Plan, sie von Dianas Partei loszureißen, um sie dem Konnetabel entgegenzusetzen. Leider aber waren Diana und der Konnetabel ebenso wie die Guisen Gegner der Protestanten. In ihrem Wettstreite also konnte die religiöse Frage keine Erbitterung erzeugen. Übrigens vereitelte Diana der Königin Pläne, indem sie mit den Guisen schöntat und dem Herzoge von Aumale ihre Tochter gab. Soweit ging sie, daß bestimmte Autoren behaupten, sie habe dem galanten Kardinal von Lothringen mehr als ihre Gewogenheit bezeigt. Die Satiriker jener Zeit haben über diesen Gegenstand folgenden Vierzeiler auf Heinrich den Zweiten gemacht:
Diana wills, Karl wünschts, der freche Dachs,
Nach ihrem Pfiff sollt Ihr Euch drehn und tanzen,
Beherrschend Euch, wolln sie Euch nur kuranzen,
In ihrer Hand seid Ihr dann, Sire, wie Wachs.
(Karl ist der Kardinal Karl von Lothringen.)
Unmöglich konnte man Katharinas Zeichen des Schmerzes und Zurschautragen ihres Kummers bei Heinrichs des Zweiten Tode für aufrichtig halten. Gerade deswegen, weil der König mit unwandelbarer Leidenschaft an Diana von Poitiers hing, mußte Katharina die Rolle des verschmähten Weibes spielen, das seinen Gatten anbetet; wie alle starrsinnigen
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