Katharina von Medici (German Edition)
anzunehmen, um eine der schrecklichsten Publikationen vergessen zu machen, die je gegen eine Frau vom Stapel gelassen wurde und die beweist, welch ungestümer Krieg zwischen Madame d'Estampes und ihr wütete. Anno 1537, als sie achtunddreißig Jahre alt war, veröffentlichte ein Dichter aus der Champagne namens Johann Voûté eine Sammlung lateinischer Gedichte, worin sich drei Epigramme gegen sie befanden. Man muß annehmen, daß der Dichter eines hohen Schutzes versichert worden war, denn vor seiner Sammlung steht eine von Salmon Macrin, erstem Kammerdiener des Königs, verfertigte Lobrede auf ihn. Hier die einzige heute zitierbare Stelle aus diesen Epigrammen, welche den Titel führen: In Pictaviam, anum aulicam. ( Gegen die Poitiers, ein altes Hofweib .)
›... Non trahit esca ficta praedam.‹
›Gemalte Reize fangen kein Wild mehr ein‹, sagte der Dichter, nachdem er ihr erklärt hat, daß sie sich ihr Gesicht male, daß sie ihre Zähne und Haare kaufe. ›Und du könntest,‹ fügte er hinzu, ›das Superfeinste von dem kaufen, was das Weib ausmacht, ohne daß du das erlangen würdest, was du von deinem Liebsten willst, denn du müßtest am Leben sein, bist aber tot.‹
Diese bei Simon von Colines gedruckte Sammlung war ... einem Bischof! ... Franz Bohier gewidmet, dem Bruder desjenigen, der um seinen Kredit bei Hofe zu retten und sein Verbrechen wieder gutzumachen, Heinrich dem Zweiten bei seiner Thronbesteigung das Schloß zu Chenonceaux anbot, das von seinem Vater, Thomas Bohier, erbaut worden, der unter vier Königen: Ludwig dem Elften, Karl dem Achten, Ludwig dem Zwölften und Franz dem Ersten Staatsrat gewesen war. Was waren die gegen Madame de Pompadour und gegen Marie-Antoinette veröffentlichten Pamphlete im Vergleich zu diesen Versen, von denen man behaupten könnte, daß Martial sie geschrieben habe. Dieser Voûté mußte schlecht enden. So kosteten Land und Schloß von Chenonceaux Dianen nur die Verzeihung einer Beleidigung, die ohnehin vom Evangelium anbefohlen war. Weil sie von keiner Jury dekretiert wurden, waren die der Presse auferlegten Bußen ein wenig härter als die heutigen.
Waren die französischen Königinnen Witwen geworden, mußten sie vierzig Tage lang in des Königs Gemache bleiben, ohne anderes als Kerzenlicht zu sehen. Sie verließen es erst nach des Königs Beisetzung. Dieser unverletzliche Brauch war Katharinen sehr zuwider, da sie Kabalen befürchtete: sie fand Mittel und Wege, ihn zu umgehen. Und zwar so: Als der Kardinal von Lothringen am hellichten Tage (zu jener Zeit und in solchem Augenblick!) die schöne Römerin verließ, eine berühmte Kurtisane der Zeit Heinrichs des Zweiten, welche in der Rue Culture-Sainte-Catherine wohnte, ward er von einem Trupp Liederjahne verprügelt. Weswegen Seine baß erstaunte Heiligkeit, sagt Heinrich Estienne, verbreiten ließ, daß die Ketzer ihm auflauerten ... Und um deswillen ging der Hof von Paris nach Saint-Germain. Die Königin wollte den König, ihren Sohn, nicht verlassen und siedelte auch dorthin über.
Franz' des Zweiten Regierungsantritt – eine Zeit, zu welcher Katharina die Macht meinte an sich reißen zu können, – war ein Augenblick der Enttäuschung, welcher den sechsundzwanzig Schmerzensjahren, die sie bereits am Hofe von Frankreich zugebracht hatte, in grausamster Weise die Krone aufsetzte. Mit unglaublichem Mute bemächtigten sich die Guisen damals der Macht: der Herzog von Guise ward an die Spitze der Armee gestellt, und der Konnetabel fiel in Ungnade, der Kardinal hatte die Finanzen und den Klerus hinter sich. Ihre politische Laufbahn begann Katharina mit einem jener Dramen, das, wenn es auch nicht so augenfällig gewesen ist wie andere, doch wohl das grausamste war und sie zweifelsohne an die gräßlichen Aufregungen ihres Lebens gewöhnte. Indem sie scheinbar ein Herz und eine Seele mit den Guisen war, versuchte sie ihren Triumph zu sichern, indem sie sich auf das Haus Bourbon stützte. Sei es, daß Katharina, nachdem sie vergebens die gefährlichsten Minen hatte springen lassen, jetzt die Eifersucht benutzen wollte, um den König wieder an sich zu ziehen, sei es, daß es sie, als sie die zweite Jugend erreichte, grausam dünkte, die Liebe nicht zu kennen: sie hatte das lebhafteste Interesse für einen Edelmann aus königlichem Geblüte, für Franz von Vendôme, Sohn von Ludwig von Vendôme (eine Familie, der das Haus Bourbon entstammte) und Vizedom von Chartres gezeigt, unter welchem Namen er in der
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