Katharina von Medici (German Edition)
waren mit mehr oder minder beweglichen, oder auch vergitterten Rosten versehen, welche die Überschwemmungen der Keller veranlaßten, wenn der durch einen starken Regenguß erzeugte künstliche Fluß vor dem Roste Halt machte, da er von Unrat verstopft war, dessen Fortschaffung die Anwohner oft vergaßen.
Die Vorderseite von Ehren Lecamus' Laden war zwar durchbrochen, aber mit einem bleigefaßten Fenster versehen, welches das Lokal sehr dunkel ließ.
Reichen Leuten brachte man die Pelzwerke ins Haus. Was die anlangte, die sie beim Kürschner selber kaufen wollten, denen zeigte man die Waren bei Tageslicht unter den Lauben, die tagsüber alle, sagen wir es nur, von Tischen und auf Schemeln sitzenden Kommis versperrt wurden, wie es vor etwa fünfzehn Jahren noch unter den Marktlauben zu sehen war. Von diesen vorgeschobenen Posten aus sprachen die Gesellen, die Lehrburschen und Lehrmädchen, fragten und antworteten sich gegenseitig und riefen die Vorübergehenden an. Alles Sitten, aus welchen der große Walter Scott in ›Nigels Abenteuern‹ seinen Vorteil gezogen hat. Das Firmenschild, auf welchem ein Hermelin dargestellt war, hing draußen, wie heute noch die mancher Dorfwirtschaften ausgehängt sind, und zwar an einem durchbrochen gearbeiteten, reich vergoldeten Eisenarm. Über dem Hermelin stand auf einer Seite geschrieben:
Lecamus
Kürschner
der Frau Königin und des Königs, unseres Herrn.
Auf der anderen:
der Frau Königin-Mutter
und der Herren des Parlaments.
Die Worte: der Frau Königin-Mutter waren erst vor kurzem hinzugefügt worden. Die Vergoldung war neu. Diese Änderung deutete die frische Revolution an, die durch Heinrichs des Zweiten plötzlichen und gewaltsamen Tod hervorgerufen worden war, welcher viel Glück am Hofe zerstörte und mit dem das der Guisen anhub.
Der Hinterladen ging auf den Fluß hinaus. In diesem Raume hielten sich der respektable Bürger und seine Frau, Mademoiselle Lecamus, auf. Zu jener Zeit hatte die Frau eines Mannes, der nicht von Adel war, keinerlei Anrecht auf den Titel Madame. Die Frauen der Pariser Bürger aber konnten den Titel Demoiselle für sich beanspruchen den Privilegien zufolge, die ihren Ehemännern von mehreren Königen, denen sie ungeheure Dienste geleistet, verliehen und bestätigt worden waren. Zwischen Hinterladen und Magazin ging eine Wendelstiege, eine Art Schraubentreppe in die Höhe, auf der man in die oberen Stockwerke, wo das große Lager und die Wohnung des alten Paares waren, und in die durch Dachluken erleuchteten Speicher stieg, wo die Kinder, die Magd, die Lehrlinge und die Gehilfen hausten.
Solch Zusammenpferchen von Familien, Dienern und Lehrlingen und den kargen Raum, der jedweder im Innern angewiesen bekam, wo die Lehrlinge alle in einem großen Zimmer unter den Dächern schliefen, erklärt sowohl, welch große Bevölkerung damals in Paris auf dem zehnten Teile des heutigen Stadtgebietes angehäuft war, als auch all die krausen Einzelheiten des Privatlebens im Mittelalter und die Liebeslisten, die, möge es ernsthaften Geschichtsschreibern nicht mißfallen, sich nur bei den Erzählern wiederfinden lassen und ohne sie unwiederbringlich verloren gegangen wären. Zu jener Zeit hatte ein sehr hoher Edelmann, wie der Admiral von Coligny zum Beispiel, drei Zimmer in Paris inne und sein Gefolge wohnte in einem benachbarten Gasthofe. Es gab damals noch keine fünfzig Hotels, will sagen, fünfzig Paläste in Paris, die souveränen Fürsten oder großen Vasallen gehörten, deren Existenz der der größten deutschen Souveräne, wie der des Bayernherzogs oder des Kurfürsten von Sachsen, überlegen war.
Die Küche des Lecamusschen Hauses befand sich unter dem Hinterladen am Flusse. Sie besaß eine Glastüre, die auf eine Art eisernen Balkon führte, von wo aus die Köchin mit einem Eimer Wasser schöpfen konnte und wo man die Hauswäsche bleichte. Der Hinterladen war also zu gleicher Zeit des Kaufmanns Eßzimmer, Arbeitsraum und Wohngemach. In diesem wichtigen Raume, der immer mit reichem Getäfel versehen, mit einigen Kunstgegenständen, einer Truhe geschmückt war, spielte sich des Kaufmanns Leben ab. Hier fanden die fröhlichen Abendessen nach der Arbeit, hier die geheimen Konferenzen über die politischen Interessen der Bourgoisie und des Königtums statt. Die gefürchteten Pariser Körperschaften konnten damals hunderttausende Bewaffnete auf die Beine stellen. Auch wurden zu damaligen Zeiten die Beschlüsse der Kaufleute von ihren Dienern,
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