Katharina von Medici (German Edition)
her.«
In diesem Augenblicke trat die Königin Katharina allein vor die beiden Brüder hin, die sich beeilten ihr entgegenzugehen, indem sie ihr eine Ehrfurcht bezeigten, worin die Italienerin nur ständigen Hohn sah.
Sie sagte:
»Meine Herren, wollet Ihr geruhen, mir anzuvertrauen, was sich vorbereitet? Sollte Eures ehemaligen Gebieters Witwe in Eurer Schätzung den Herren von Veilleville, Birago und Chiverni nachstehen?«
»Madame,« sagte der Kardinal in seinem galanten Tone, »der Politikerpflicht geht die Mannespflicht vor, und nach der soll man Damen nicht durch falsche Gerüchte erschrecken. Heute früh aber muß eine Konferenz über Staatsgeschäfte stattfinden. Ihr werdet meinen Bruder entschuldigen, weil er damit begonnen hat rein militärische Befehle zu erteilen, die Euch fremd anmuten dürften: wichtige Dinge sind zu entscheiden. Wenn Ihr es für gut befindet, wollen wir zum Lever des Königs und der Königin gehen. Die Stunde ist da.« »Was geht vor, Herr Großmeister?« fragte Katharina, die Erschreckte spielend.
»Die Reformation, Madame, ist keine Ketzerei mehr, sondern eine Partei, die bewaffnet herkommen und Euch den König entreißen will.«
Katharina, der Kardinal, der Herzog und die Edelleute wandten sich dann der Treppe zu durch die Galerie, wo sich die Höflinge drängten, welche nicht das Recht auf den Eintritt in die königlichen Gemächer besaßen. Sie bildeten Spalier.
Während Katharina mit den beiden lothringischen Fürsten redete, hatte Gondi sie bespäht und sagte nun der Königin-Mutter folgende Worte ins Ohr: »Odiate e aspettate!« (Hasset und wartet!)
Sie wurden sprichwörtlich und erklären einen der Züge dieses großen königlichen Charakters.
Pardaillan, welcher dem wachhabenden Offizier in der Schloßvogtei den Befehl geben wollte, den Gesellen des Kürschners der Königin passieren zu lassen, fand Christoph mit offenem Munde vor der Vorhalle stehen, wo er damit beschäftigt war, die Fassade, welche man dem guten König Ludwig dem Zwölften zu verdanken hat, zu betrachten. Dort befanden sich damals in viel größerer Anzahl als heute – wenn man nach dem wenigen schließen darf, was heute davon übrig ist – drollige Skulpturen. So erblicken die Neugierigen dort eine Frauenfigur, die in das Kapitell einer der Säulen der Tür gehauen ist und mit zurückgestreiftem Kleide spöttisch, was Brunel der Marphisa zeigte, einen dicken Mönch sehen ließ, der auf dem Kapitäl der mit dem anderen Türpfosten des Gesimses dieser Tür korrespondierenden Säule niederhockte; über dieser stand damals das Standbild Ludwigs des Zwölften. Mehrere in diesem Geschmack gearbeitete Fenster, die leider zerstört worden sind, belustigten oder schienen Christoph zu belustigen. Die Arkebusiere der Wache ließen bereits ihre Spaße auf, ihn niederprasseln.
»Der würde sich gerne da einquartieren«, sagte der Gefreite, indem er die Ladungen der Hakenbüchse liebkoste, die alle in Form von Zuckerbrot hergestellt waren und an seinem Wehrgehänge bammelten.
»He, Pariser!« sagte ein Soldat, »so etwas hast du wohl noch nie gesehen?«
»Er erkennt den guten König Ludwig den Zwölften wieder«, äußerte ein anderer.
Christoph tat, als hörte er nicht, und suchte sein Erstaunen noch zu übertreiben, so daß seine törichte Haltung vor der Wächterschar in Pardaillans Augen ein ausgezeichneter Freibrief wurde.
»Die Königin ist noch nicht aufgestanden,« erklärte der junge Hauptmann, »komm und erwarte sie im Saal der Garden.«
Christoph folgte Pardaillan ziemlich langsam. Eigens bewunderte er die hübsche als Arkade ausgeschnittene Galerie, wo unter Ludwigs des Zwölften Herrschaft die Höflinge auf die Empfangsstunde im Trocknen warteten, wenn es schlechtes Wetter war. Nun hielten sich hier einige den Guisen anhängende Edelleute auf, denn die in unseren Tagen so gut erhaltene Treppe, die zu ihren Gemächern führte, befindet sich am Ende dieser Galerie in einem Turme, dessen Architektur sich der Bewunderung der Neugierigen empfiehlt.
»Nun, bist du etwa gekommen, um Bildhauerstudien zu machen?« rief Pardaillan, als er sah, wie Lecamus vor den hübschen Skulpturen der äußeren Galerien stehen blieb, welche die Säulen jeder Arkade voneinander trennen oder, wenn man will, miteinander vereinigen.
Christoph folgte dem jungen Hauptmann nach der Ehrentreppe, nicht ohne diesen fast maurischen Turm mit einem entzückten Blicke gemustert zu haben.
An diesem schönen Morgen stand der
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