Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
kam aus der Dunkelheit auf mich zu und packte mich um die Taille. Mir blieb die Luft weg, sodass ich nicht einmal um Hilfe schreien konnte.
Vor meinem Umzug nach New York hatte ich im Karateclub meiner Heimatstadt einen Selbstverteidigungskurs besucht. Vor allem damit meine Mutter sich nicht mehr so große Sorgen machte, dass ich in die große böse Stadt gehen wollte. In diesem Kurs hatte ich gelernt, eine Kampfsituation wie diese erfolgreich zu bewältigen, doch in meinem Kopf herrschte jetzt eine erschreckende Leere. Es war wie in einem Albtraum. Ich schwebte in Gefahr, war aber vor Angst so gelähmt, dass ich weder schreien noch wegrennen konnte.
Es kam mir vor, als wären schon Stunden vergangen, aber es konnte nur eine Sekunde oder zwei gedauert haben, bis mir eine Idee kam. Ich drückte dem Typen die Rosen ins Gesicht, um ihn abzulenken. Er musste niesen, ließ mich aber nicht los. Dann erinnerte ich mich doch wieder an etwas aus diesem Selbstverteidigungskurs. Man sollte dem Angreifer vors Knie treten, weil das angeblich ein schwacher Punkt war. Ich trug spitze Schuhe mit Absatz, also zog ich mein rechtes Bein an und donnerte meinem Gegner kräftig gegen die Kniescheibe. Laut Theorie fügte man dem Angreifer damit so durchdringende Schmerzen zu, dass er seinen Griff lösen musste und man sich befreien konnte. Was auch geschah. Aber leider ließ er mich so plötzlich los, dass ich – noch immer auf einem Bein stehend – das Gleichgewicht verlor und auf den Gehsteig fiel.
Es ist wohl überflüssig dazuzusagen, dass ich nicht die Beste im Kurs gewesen war.
Jetzt steckte ich in noch größeren Schwierigkeiten, denn ich würde Zeit brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen. Unterdessen konnte mein Angreifer erneut auf mich losgehen. Meine Handtasche war ebenfalls zu Boden gefallen, und als er sie gänzlich unbeachtet ließ, um stattdessen wieder auf mich zuzukommen, wusste ich, dass ich wirklich in Gefahr war. Dieser Mann war kein gewöhnlicher Straßenräuber. Ich zog einen Schuh aus und schleuderte ihn in Richtung seines Kopfes. Man hörte einen dumpfen Aufprall und ein lautes Fluchen, er taumelte. Treffer! Die langen Nachmittage im Garten, an denen wir mit Steinen und Bällen gespielt hatten, zahlten sich aus. Ich wollte mich gerade aufrichten, um wegzurennen, als ich über mir das Rauschen von Flügeln hörte. Ich blickte auf und erkannte Ari und ihre Freunde. Sie umzingelten die dunkle Gestalt, und ich spürte dieses magische Prickeln. Diesmal war die Luft mit noch mehr Spannung aufgeladen, da sowohl die Feen als auch mein Angreifer ihre magischen Kräfte gegeneinander einsetzten.
Jemand packte mich am Arm, und ich kreischte auf. Immerhin schien meine Lähmung überwunden zu sein. »Schon gut, Katie, ich bin’s.« Ich erkannte Rods Stimme und gestattete ihm, mir beim Aufstehen zu helfen. »Sind Sie verletzt?«
»Ich glaube nicht. Nur meine Selbstachtung hat ein wenig gelitten.« Ich zog meinen Schuh wieder an und schaute prüfend an mir herab. Soweit ich sehen konnte, war nicht einmal meine Strumpfhose zerrissen. »Was ist los? Was tun Sie hier?«
»Darüber unterhalten wir uns später. Erst einmal möchte ich Sie von hier wegbringen. Die anderen haben es unter Kontrolle.«
»Haben was unter Kontrolle?«
Bevor er antworten konnte, hörte man erneut Flügel schlagen, und Sam tauchte mit einigen seiner Leute auf. Der Gargoyle mit dem Schnabel, den ich vorher gesehen hatte, war auch dabei. »Okay, Täter abführen«, befahl Sam.
Rod hob meine Handtasche auf, dann legte er seinen Arm um mich und sagte: »Kommen Sie, ich bringe Sie an einen sicheren Ort.«
»Sicher klingt gut.«
»Ich wohne nicht allzu weit von hier entfernt. Vielleicht möchten Sie ja mitkommen, sich ein bisschen sammeln und mit mir reden, bevor Sie nach Hause gehen.« Unter anderen Umständen hätte ich das für eine Anmache gehalten. Schließlich kam es von Rod. Doch er klang ehrlich besorgt. Wenn er so ein großer Lustmolch war, dass er sogar eine Frau anbaggerte, die gerade überfallen worden war, dann wollte ich es lieber gleich wissen.
»Klingt nach einer guten Idee«, erwiderte ich wahrheitsgemäß, denn es war sicher besser, meinen Freundinnen erst dann gegenüberzutreten, wenn ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte. Ihnen erzählen zu müssen, dass mein Date sich als Reinfall entpuppt hatte, war ja an sich schon schlimm genug. Gemma würde mich bestimmt umbringen, weil ich den perfekten Mann vergrault
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