Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
Zauberei lernen. Ich wollte einem Zauberer wertvolle Dienste leisten, der mit einem Wink seiner Hand unglaubliche Dinge zustande bringen konnte. Ich wollte von Mimi weg. Eigentlich gab es da gar nichts mehr zu überlegen.
Aber ich wusste auch, dass diese Vorstellung mich viel zu sehr begeisterte und ich auf den Boden der Tatsachen zurückkehren musste, bevor ich mich endgültig entschied. Noch ein Tag im Büro, sagte ich mir. Dann ein normales Wochenende. Vielleicht ein paar Nachforschungen, um zu sehen, ob das, was ich von der Sache wusste, auch stimmte. Und dann konnte ich mit klarem Kopf entscheiden.
Oder ich wachte in der Klapse auf.
Am nächsten Morgen wieder zur Arbeit zu gehen fiel mir unbeschreiblich schwer. Es war verblüffend, wie anders ich mich an meinem freien Tag gefühlt hatte. Obwohl diese Riesenentscheidung über meinem Kopf schwebte, hatte ich mich leichter gefühlt. Aber heute lag wieder dieses Gewicht auf meinen Schultern, während ich den Broadway entlangstapfte.
Mir wurde eine kleine Gnadenfrist zuteil, da Mimi noch nicht im Büro war, als ich dort ankam. Erst als einige meiner Kollegen sich besorgt nach meiner Gesundheit erkundigten, fiel mir wieder ein, dass ich ja offiziell krank gewesen war. Das ließ ich mir eine Warnung sein. Als Mimi eintraf, hatte ich längst eine kränkliche Miene aufgesetzt und streute hier und da ein Husten ein. Mimi begegnete Leuten, die sich krank gemeldet hatten oder die plötzlich in Kleidern rumliefen, die man auch zu einem Vorstellungsgespräch tragen konnte, tendenziell mit Misstrauen. Aber auf die Idee, dass sie gar keine Angst haben müsste, ihre Mitarbeiter zu verlieren, wenn sie nicht so eine Zicke wäre, kam sie anscheinend nie.
Ich versuchte, ganz emsig auszusehen an meinem Schreibtisch und hoffte, sie würde vorbeigehen. Aber nein. »Oh, da bist du ja wieder«, schnurrte sie und blieb vor der Tür zu meinem Kabuff stehen. »Geht es dir besser?« Ihr Tonfall ließ erkennen, dass sie meine Krankheit für vorgeschoben hielt. Obwohl sie damit Recht hatte, gefiel mir das ganz und gar nicht.
Ich lächelte sie schwach an. »Ja, danke.« Ich unterstrich meinen Satz mit einem Hüsteln und wandte mich dann wieder meinem Computer zu.
Aber das war nur der Anfang gewesen. Sie rief mich alle fünf Minuten in ihr Büro und lud mir derart viel Arbeit auf, dass jemand, der wirklich krank gewesen wäre, ganz sicher unter ihrem Gewicht zusammengebrochen wäre. Dabei hielt ich mich schon unter normalen Bedingungen nur mit Mühe. »Du hast noch eine Menge aufzuholen«, tschilpte Mimi, als sie mir den neuesten Stapel mit Unterlagen zum Sortieren und Zusammenheften überreichte. Ich verkniff mir die Frage, warum sie denn den Kopierer nicht auf Sortieren eingestellt habe, da ich wusste, wie die Antwort lauten würde: Wenn ich am Tag vorher da gewesen wäre, hätte ich das Kopieren gleich selbst erledigen können.
Den Nachmittag verbrachte ich im Konferenzzimmer mit dem Zusammenstellen von umfangreichen Berichten für die Vorstandssitzung. Ich war fast fertig und hatte mich bereits mehrfach an den Papierkanten geschnitten, als Mimi ins Zimmer kam. »Was machst du da?«, fragte sie.
So geduldig wie ich nur konnte, antwortete ich: »Ich stelle die Berichte zusammen, wie du mich gebeten hattest.«
In dem Moment verwandelte sie sich in Monstermimi, glühende Augen inklusive. Ich fragte mich, ob sie vielleicht wirklich ein Monster war, aber wer, wenn nicht ich, hätte ihr das so oder so ansehen müssen? Nein, sie war einfach nur ein garstiger Mensch. »Ich hab vor einer Stunde eine größere Änderung vorgenommen, und jetzt hast du nicht mehr genug Zeit, um die korrigierten Berichte noch rechtzeitig vor der Sitzung fertig zu kriegen.«
Es hätte keinen Sinn gehabt, ihr zu sagen, dass das durchaus möglich gewesen wäre, wenn sie mich nur über ihre Änderungen informiert hätte. Menschlicher Logik war sie nicht zugänglich. Sie ging davon aus, dass ich ihre Gedanken las und die neue Version, sobald sie fertig war, in Angriff nahm. Ich war versucht, sie darüber aufzuklären, dass ich weder Gedanken lesen noch sonst irgendwelche Zaubertricks beherrschte und dass sie einfach auf normalem Wege mit mir würde kommunizieren müssen.
Warum eigentlich nicht? Den nächsten Job hatte ich schon so gut wie in der Tasche, und sofern sie mich ausreichend bezahlten, konnte er nur besser sein als dieser hier. Ich starrte sie durchdringend an. »Mimi, ich hab es satt, ständig
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