Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
noch immer ganz schön in Fahrt. »Ist Rod da?«, fragte ich, bevor Isabel eine Chance hatte, mir guten Tag zu sagen.
»Er ist in einem Meeting – ein Mitarbeitergespräch oben in der Forschung und Entwicklung. Aber er müsste jeden Augenblick zurückkommen. Wenn du also so lange Platz nehmen willst.«
Das musste sie mir nicht zweimal sagen. Ich sank erschöpft in den Sessel gegenüber von ihrem Schreibtisch.
»Kann ich dir einen Kaffee anbieten?«, fragte sie.
»Eine Margarita wäre mir lieber.«
Sie zog eine Grimasse. »Au weia! Lass mich raten. Gregor?«
Ich nickte. »Wie können die Leute nur unter ihm arbeiten?«
»Das darfst du mich nicht fragen. Ich weiß nur, dass alle erleichtert aufgeatmet haben, als er nach seinem ›Unfall‹ versetzt wurde«. Sie schrieb mit ihren Fingern Gänsefüßchen in die Luft und grinste süffisant. Dann wurde sie plötzlich munter: »Ich kann dir zwar während der Arbeitszeit keine Margarita anbieten, aber ein paar von uns Mädels treffen sich morgen Abend, um was trinken zu gehen. Da könntest du doch mitkommen. Dann lernst du ein paar von den anderen Frauen kennen, die hier arbeiten. Wenn wir ehrlich sind, geht es in diesem Laden ja manchmal geradezu mittelalterlich zu, was die Behandlung von Frauen am Arbeitsplatz betrifft. Da hilft es, wenn wir alle zusammenhalten.«
»Klingt gut«, sagte ich. Je mehr Leute ich in dieser Firma kannte, desto besser konnte ich meine Aufgaben erfüllen. Ich hatte zwar dunkel in Erinnerung, dass ich an dem Abend schon irgendetwas vorhatte, aber als ich meinen Kalender durchblätterte, fand ich dort keine Eintragung. »Klar. Dann komme ich mit. Wenn es den anderen nichts ausmacht.«
»Ach, was, die freuen sich doch, wenn du dabei bist.« Sie zwinkerte mir zu. »Du kannst uns nämlich sagen, ob die Jungs, die wir gut finden, wirklich süß sind, oder ob sie uns nur durch eine Illusion täuschen.«
Wie aufs Stichwort kam Rod durch die Tür. Hoffentlich hatte er Isabels letzte Bemerkung nicht gehört. Dann fragte ich mich plötzlich, ob Isabel überhaupt wusste, dass auch er sich hinter Trugbildern versteckte. Ich versuchte mir vorzustellen, wie andere Leute ihn sahen. »Katie!«, begrüßte er mich erstaunt.
»Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
»Natürlich. Kommen Sie mit in mein Büro.« Ich raffte Jacke, Aktenmappe und Handtasche zusammen und folgte ihm. »Was macht der Kopf?«, fragte er, nachdem ich mich gesetzt hatte.
Ich befühlte meine Schläfe, und erst in diesem Moment fiel mir wieder ein, was am Vortag passiert war. War das erst einen Tag her? Schwer zu glauben. Ich erlebte so wahnsinnig viele Dinge in so kurzer Zeit. »Dem geht’s gut. Ich hatte es schon ganz vergessen. Die Stelle ist doch nicht inzwischen grün und blau geworden, oder?«
»Sieht ziemlich schlimm aus. Möchten Sie, dass ich es maskiere?«
»Ich dachte, bei mir wirkt kein Zauber.«
»Eine Illusion muss nicht auf die Person wirken, die sie trägt. Es ist ein Zauber, der Sie begleitet und dabei auf andere einwirkt.«
»Meine Freundinnen haben es schon gesehen. Die wundern sich bloß, wenn ich nach Hause komme und mein Veilchen ist verschwunden. Aber trotzdem danke für das Angebot.«
»Oh, stimmt, da haben Sie natürlich Recht.« Er klang ehrlich enttäuscht. Er hatte sich wahrscheinlich vor mir produzieren wollen, und ich war ihm einfach in die Parade gefahren. »Ich könnte es aber weniger schlimm aussehen lassen, damit Ihre Freundinnen sich nicht zu große Sorgen machen.«
Ich sah nichts, was dagegen sprach, also zuckte ich die Achseln und sagte: »Klar, warum nicht?«
Auf seinem Gesicht zeigte sich ein ehrlich erfreutes Lächeln, das ihn trotz seiner Makel richtiggehend attraktiv aussehen ließ. Jetzt war ich froh, dass ich zugestimmt hatte. Er rieb seine Hände, legte dann eine direkt oberhalb der lädierten Stelle an meine Stirn, schloss die Augen und murmelte leise etwas. Ich spürte die gleiche Spannung und den gleichen Druck in der Luft wie vorher in Owens Labor, nur auf einem deutlich niedrigeren Level. Eine Sekunde später schlug er die Augen wieder auf und trat zufrieden lächelnd einen Schritt zurück. »Ja, so ist es gut«, meinte er. »Ich habe die Illusion so eingestellt, dass sie nach und nach schwächer wird, während die Verletzung verheilt.«
»Danke«, sagte ich, obwohl ich mir vorkam wie in dem Märchen von des Kaisers neuen Kleidern. Da ich nicht sehen konnte, ob er wirklich etwas bewirkt hatte, blieb für mich eigentlich
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