Katie Chandler 02 - Alles ausser Hex-ok-neu
nehme ich auf jeden Fall«, sagte ich, als ich mich wieder zu meiner Mutter und dem Verkäufer umdrehte.
»Aber was willst du denn dazu anziehen?«, fragte Mom. »Etwas Rotes geht nicht, weil die Farben sich entweder beißen oder weil es zu viel Rot auf einmal wäre.«
»Diese Schuhe sind mein Outfit. Dazu trage ich etwas ganz Schlichtes und Einfaches, sozusagen als Hintergrund«, argumentierte ich, Gemma zitierend.
Jetzt verstand ich erst, was Gemma gemeint hatte.
Ich hätte auf sie hören und diese Schuhe gleich beim ersten Mal kaufen sollen. Dann hätte alles so viel besser funktioniert, da war ich sicher.
Mom nahm das gleiche Modell in schlichtem Schwarz in die Hand. »Wenn du sie unbedingt haben willst, warum dann nicht in dieser Farbe? Die ist vielseitiger verwendbar. Die könntest du zu allem tragen, ohne gleich so aufzufallen. Du möchtest doch nicht, dass die Leute sagen: »Oh, da kommt wieder Katie in ihren roten Schuhen.«
»Warum nicht?«, gab ich trotzig zurück. »Sie könnten mein Markenzeichen werden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Aber so bist du nicht. Du würdest das Markenzeichen von jemandem tragen, der du gar nicht bist.«
Ich stemmte meine Hände in die Hüften. »Aber warum bin ich das nicht? Könnte doch sein, dass sie meine Persönlichkeit unterstreichen, du mich aber nicht mehr gut genug kennst. Oder ich könnte mich zumindest in diese Richtung entwickeln.« Ich wirbelte herum, um den Verkäufer anzusehen. Er hatte sich zurückgezogen und tat so, als wäre er mit etwas anderem beschäftigt. Es war bestimmt nicht die erste Meinungsverschiedenheit in einem Schuhgeschäft, die er mitbekam.
»Sie stehen Ihnen hervorragend«, sagte er, »und diese Schuhe sind sehr gefragt. Ich könnte Ihnen noch eine andere Farbe zeigen, wenn Sie wollen.«
»Nein, danke«, erwiderte ich. »Ich möchte die hier.« Ich ging zum Spiegel, um mich zu bewundern.
Diese Schuhe würde ich zu meinem nächsten Date mit Ethan anziehen. Er würde mir nicht widerstehen können. Ich sah schon genau vor mir, wie der Abend verlaufen würde: Alles würde perfekt sein, ohne jedes verrückte Vorkommnis. Wir würden zu ihm gehen und diesen Wein trinken, den er beim Wein-Dinner bekommen hatte. Und dann würde ich vielleicht den ersten Sex haben seit – derart langer Zeit, dass ich kaum daran denken mochte, nämlich seit – ich meinen letzten festen Freund am College gehabt hatte.
Aber mit diesen Argumenten konnte ich meiner Mutter nicht kommen. Sie lebte nämlich in dem Glauben, ihr kleines Mädchen wäre noch Jungfrau.
Was ja auch beinahe zutraf, wenn man bedachte, dass ich nur mit einem Jungen zusammen gewesen war. Und das war nun schon mehr als fünf Jahre her.
Es war fast peinlich, wie unerfahren ich für mein Alter war. Teilweise lag das daran, dass ich mich nicht dazu überwinden konnte, so lässig mit Sex umzugehen, wie die meisten Leute meines Alters es zu tun schienen. Teilweise aber auch daran, dass die Männer offenbar dachten, mich zu berühren wäre so, wie ihre kleine Schwester zu schänden.
Das würde sich jetzt alles ändern. Ich war bereit, und es war auch höchste Zeit. Ich setzte mich hin, schlüpfte widerwillig aus den Schuhen und zog meine alten Halbschuhe wieder an. »Willst du die wirklich kaufen?«, fragte Mom missbilligend.
»Ja, und da es mein Geld ist, kann ich es auch tun, wenn ich sie haben möchte. Sie werden super aussehen zu dem schwarzen Samtkleid.« Bevor sie mich zurückhalten oder ich meine Meinung ändern konnte, überreichte ich dem Verkäufer meine Kreditkarte.
Wenn ich nicht auswärts essen ging und mich von den Buchläden fernhielt, hatte ich die Schuhe wahrscheinlich innerhalb weniger Monate abbezahlt. Aber bis dahin würde ich sie bestimmt schon mehrfach getragen und mein Leben sich vollkommen verändert haben.
Als ich den Beleg einmal unterschrieben und die Schuhe vorsichtig in eine große Einkaufstüte hatte packen lassen, musste ich auf der Rolltreppe nach unten und auf dem Weg nach draußen ständig gegen die Versuchung ankämpfen, in die Tüte zu spähen.
»Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, Katie«, sagte Mom. »Du bist doch sonst immer so pragmatisch.«
»Aber, Mom! Pragmatisch ist langweilig! Ich möchte mal was anderes machen. Es wird mir guttun, mal ein bisschen wild und verrückt zu sein. Ich bin erst sechsundzwanzig, aber ich benehme und kleide mich wie eine Frau mittleren Alters. Das ist meine Chance, mal aus dem alten Trott herauszukommen und ein
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