KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)
mochte, war wohl, dass einem die Geräusche vertraut wurden, die er verursachte. Und das sie einem fehlen konnten.
Wie auch immer. Wenigstens die rehbraune Schönheit aus dem fernen Kuba war mir treu geblieben und wartete mit glühendem Herzchen auf meine Zuwendung.
»Komm schon her, kleiner Liebling«, sagte ich leise zu ihr, »und wärme mein Gemüt.«
Sie tat ihr Bestes und brachte meine Gedanken auf Trab. Davon gab es jede Menge, denn das Gespräch mit Maria Lappé hatte mich reichlich verwirrt. Musste ich zugeben. Was hatten ihre Andeutungen zu bedeuten, was meinte sie mit den »Guten«, den »Bösen« und den »Unschuldigen« und wer war was in diesem Spielchen? Was hatte es genau mit den »Vereinbarungen« auf sich, um die es angeblich ging? Warum bezweifelte sie, dass ihr Mann mich beauftragt hatte, um sie aus der Sache herauszuhalten und vor anonymen Verdächtigungen zu verschonen? Und vor allem: Konnte es vielleicht sein, dass sie mit all dem tatsächlich Recht hatte? Maria Lappés Hintergrund schien mir mittlerweile jedenfalls ziemlich klar: Sie war viel mehr Opfer als sonst was gewesen in ihrem Leben. Und hatte wahrscheinlich genau davon die schlanke, gerade Nase gestrichen voll! Und Jüjü, mein Auftraggeber? Von dem wusste ich, genau betrachtet, eigentlich so gut wie gar nichts. Vielleicht wäre es ganz sinnvoll, diesen Star-Chirurgen und sein Sanatorium mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Vielleicht lag ja hier – und nicht bei Maria Lappé – der Schlüssel! Aber der Schlüssel für was?
Ich spielte mit dem Gedanken, mir den Handelsregisterauszug von Lappés Sanatorium in Starnberg zu besorgen, inklusive Historie und Jahresabschluss, ließ es aber dann doch sein. Würde nichts bringen. Schließlich landete im Handelsregister nur das, was bereits geschehen war. Und wie es wohl aller Voraussicht nach weiter gehen würde. Aber nichts über Probleme, solange sie sich noch in den Köpfen der Leute zu Plänen formten. Von einem Jahresabschluss zum nächsten konnte die Geschäftsgrundlage sich in Luft aufgelöst haben, die gesamte Führungsmannschaft erneuert worden oder das Unternehmen komplett in die Pleite geschlittert sein. Was nützte da die Information, dass im Jahr zuvor alles noch ganz anders gewesen war? Mein Job war es, den Plänen nachzuspüren, solange sie noch Pläne und nicht zu Realitäten geworden waren. Mich interessierte nicht das »im Nachhinein«, sondern immer nur das »im Vorhinaus«.
Mein kubanischer Liebling wurde müde. Ich legte ihn sanft ins Bettchen und ließ ihn einschlafen, verschwand nach nebenan ins Badezimmer und putzte mir die Zähne. Dann ging ich wieder an den Schreibtisch, nahm die Notreserve Cognac aus der unteren Schublade des Rollcontainers, in dem zwischen nicht vorhandenen Kundendaten und den leeren Hängeregistern meiner Fälle noch mehr als reichlich Platz für eine ganze Kiste voller Cognac gewesen wäre, und genehmigte mir einen kleinen Schluck, um den penetranten Zahnpastageschmack zu neutralisieren. Ein Detektiv soll vielleicht nicht gerade aus vollem Halse nach Zigarrenrauch riechen, in Ordnung. Aber auch nicht nach Zahnpasta. Das war etwas für pimpelige Versicherungsvertreter, aber nicht für uns knochenharte Jungs.
Nachdem ich meine E-Mail abgerufen hatte und dabei feststellen musste, dass keine Sau etwas von mir wollte, dann noch etwas unschlüssig herumgetrödelt hatte und schließlich nichts mehr fand, was mich noch hätte aufhalten können, ließ ich die winzige Digitalkamera für besonders geheime Geheimaufgaben in meine Jackentasche gleiten, löschte das Licht, verließ das Büro und machte mich auf den Weg nach Starnberg. Jüjü besuchen. Rechnung abgeben. Und ein bisschen rumschnüffeln. War ja schließlich mein Job, oder?
23
Als ich meinen Wagen vor Hans-Jürgen Lappés »Palazzo Scalpello« abstellte, war es schon nach halb acht. Gähnende Leere im Foyer, kein Mensch weit und breit. Selbst Honigmelönchen, mein strammer Engel vom Empfang, war nicht mehr da. Lag stattdessen wahrscheinlich gerade mit einem anderen Früchtchen im Körbchen. War mir aber ganz recht, denn so blieb ich erst mal unbemerkt. Nicht dass ich in diesem Moment schon gewusst hätte, was genau ich eigentlich suchen sollte. Das nicht gerade. Aber ich hatte trotzdem das unbestimmte Gefühl, dass es sicherlich ganz nützlich wäre, mich hier im Sanatorium mal ohne lästige Zeugen umsehen zu können.
Der Weg zu Lappés Büro kam mir länger vor, als ich es von meinem
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