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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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Zita lief auf die Straße, Linus kam ihr entgegen.
»Nichts.«
    Sie schrie
ihm ihre Befürchtungen entgegen. »Ja«, sagte er, »wir müssen auf der Regionalwache
anrufen, aber beruhig dich erst mal.«
    »Beruhigen?«
In diesem Augenblick hasste Zita ihren Mann.
    Da hörten
sie ein fröhliches Stimmchen. »Mama, Papa, da!«
    Zita glaubte,
in Ohnmacht fallen zu müssen. Da kam ein junger Mann mit Leo an der Hand um die
Ecke. »Gehört der Kleine Ihnen?«
    Zita flog
auf ihn zu und riss Leo in ihre Arme. Dem Mann war der kleine Streuner aufgefallen
und er hatte sich gedacht, der sei wohl noch etwas zu jung, um sich allein herumzutreiben.
Seine Adresse konnte Leo noch nicht sagen, nur seinen Namen. Aber er hatte ihn mitgezogen,
als er ihn gefragt hatte, wo denn seine Mama und sein Papa seien. Offenbar war der
Junge in der kurzen Zeit recht weit gekommen, der junge Mann hatte ihn am Marie-Heim-Vögtlin-Weg
aufgegriffen. Linus dankte ihm und wollte ihn auf ein Bier einladen, aber der lehnte
ab, er sei noch verabredet. Zita war völlig erschöpft. Leo merkte, dass etwas nicht
in Ordnung war, und begann zu weinen. Linus lenkte ihn ab und nahm ihn mit zum Grill,
wo er die Würste auf den Gitterrost legte. Aber die Grillzange zitterte in seiner
Hand. Zita holte nochmals Bier, ein Gefühl nie gekannter Erleichterung breitete
sich in ihr aus.
    Eine halbe
Stunde später saßen sie um den Tisch, Leo in seinem Kinderstühlchen, und aßen. Seine
Bratwurst hatte ihm Linus in kleine Stücke geschnitten und er stopfte sich vergnügt
einen Bissen nach dem anderen in den Mund. Zita hatte zuerst geglaubt, keinesfalls
etwas essen zu können, aber nun biss sie doch in einen knusprig gegrillten Cervelat.
    »Das darf
nie mehr passieren«, sagte sie.
    »Ich werde
das Gartentor ölen«, versprach Linus, »damit es immer zufällt.«
    »Hörst du,
Leo«, sie sah ihn eindringlich an, »du darfst nicht allein auf die Straße gehen,
nie mehr.«
    »Nie«, wiederholte
er ernsthaft und schüttelte heftig den Kopf.
    »Er ist
noch zu klein, um das zu begreifen«, seufzte Linus, »wir müssen einfach besser auf
ihn aufpassen.«
    Besser aufpassen
auf ein abenteuerlustiges kleines Kind, das begierig darauf ist, die Welt zu entdecken.
Man konnte keine Käseglocke über ihn stülpen.
    »Wenn er
so weitermacht, wird er mit achtzehn zu einer Weltreise aufbrechen«, prophezeite
Zita dumpf.
    Linus lachte.
»Wir werden uns schreckliche Sorgen machen und ihm besorgte SMS hinterherschicken,
die ihm auf die Nerven gehen. Aber nach einem Jahr wird er fröhlich und kräftig
zurückkehren und uns für unsere Fürsorglichkeit necken.«
    Nun lachte
Zita auch ein wenig. »Aber jetzt ist er zwei. Und er wird keine Minute mehr allein
im Garten sein.«
    »Wurst«,
meldete sich Leo. Er guckte hungrig auf den halb aufgegessenen Cervelat seiner Mutter
und verzog das runde Gesicht zu einem bezaubernden Lächeln.
    Zita schob
sie ihm auf den Teller und nahm sich stattdessen Kartoffelsalat.
    Sie dachte
an Nadine Attinger. Natürlich hatte sie nie daran gezweifelt, dass es furchtbar
war, ein Kind zu verlieren. Aber erst jetzt konnte sie sich vorstellen, welche Qualen
diese Mutter durchmachte nach dem Tod ihrer Tochter. Falls sie nicht doch die Täterin
war. Ach, Elmer, schalt sie sich, du bist und bleibst Polizistin.
     
    »Ist was?«, brummte Markus. Er saß
am kleinen Küchentisch und blätterte eine Gratiszeitung durch. Sibel hatte ihm den
Rücken zugedreht, sie zerschnitt Cervelats und Käse in kleine Stücke und gab sie
in eine Schüssel. Wurst-Käse-Salat, garniert mit Gürkchen und Zwiebeln, war ein
Lieblingsessen von Markus, gerade richtig für einen Sommerabend. Sibel war im Allgemeinen
eher ruhig, aber heute erschien sie ihm auffallend schweigsam. »Hast du immer noch
Kopfschmerzen?«
    »Nein, ist
wieder gut«, sagte sie.
    »Ist sonst
was?«
    »Nein, alles
in Ordnung.«
    »Viel zu
tun gehabt? Bist du müde?«
    »Es geht.
Und du?«
    »Ja, wir
haben Stress. Hauptsaison. Die Räder stapeln sich bei uns.« Markus Stüssi war Fahrradmechaniker.
Nach einem halben Jahr Arbeitslosigkeit hatte er eben wieder eine Stelle gefunden,
in einem kleinen Geschäft, nicht besonders gut bezahlt, aber er legte sich ins Zeug.
Er hatte Schulden, die er abbezahlen musste, und er wollte die Probezeit unbedingt
bestehen. Finanziell kamen sie mit seinem und ihrem Lohn ganz gut durch. Sie hatten
eine kleine, günstige Wohnung. Nur zwei Zimmer, nicht sehr hell, einfach eingerichtet
mit IKEA-Sachen;

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