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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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doch, dass es etwas mit Katzen zu tun hatte. Ich hätte allerdings mehr auf ›Cathy‹ oder ›Kitty‹ getippt. Tut mir schrecklich leid, aber das passiert mir immer mit Leuten, die ich nur gelegentlich einmal sehe.«
    Ich überzog meinen Part ganz bewusst. Ich war wütend. Wütend auf Bastets fröhlich zur Schau gestellte Promiskuität, wütend auf ihre durchgedrehte Botin, die mich um ein Haar zerfleischt hätte, wütend auf mich, der all diese Dinge einfach so hinnahm. Ich war wütend auf meine eigene Hilflosigkeit. Mia ließ sich ihre gute Laune aber auch dadurch nicht verderben. »Tja, Mr. Trait, wenn man in die Jahre kommt, lässt das Gedächtnis halt mehr und mehr nach.« Sie beugte sich dabei so tief zu mir herab, dass ich durch den Ausschnitt beinahe ihren Nabel sehen konnte. »Es ist wirklich schlimm; manche Menschen vergessen dabei sogar die fundamentalsten Dinge.« Bevor ich etwas erwidern konnte, hüpfte sie schon zurück in Richtung Tür. »Aber ich wollte nicht stören, nur ein kurzes ›Hallo‹ sagen. Wie ich sehe, haben sie noch einiges zu erledigen, Mr. Trait. Viel Erfolg also noch.«
    Mehrere Male atmete ich tief durch. Mias Auftritt hatte mich wieder einmal in jeder nur erdenklichen Weise aufgeregt. Es war hoffnungslos; vor irritierend-lustvollen Gefühlen konnte mich selbst der zynischste Sarkasmus nicht bewahren. Mit gesenktem Kopf wartete ich darauf, das Schließen der Tür zu hören. Ich lauschte, doch das vertraute Schnappgeräusch des Schlosses blieb aus. Völlige Stille. Verdutzt schaute ich auf und sah, dass Mia noch immer verträumt im Türrahmen lehnte. Sie hatte die Arme verschränkt und starrte mich stirnrunzelnd an. »Obwohl …«, murmelte sie undeutlich. Langsam kam sie wieder auf mich zu. »Obwohl …« Ohne Vorwarnung flog sie mir die letzten Meter förmlich entgegen. Noch bevor ich reagieren konnte, hatte Mia auch schon meine ›Ray Ban‹ in den Fingern. »… eine Sonnenbrille am Abend sicherlich nur störend ist«, beendete sie lächelnd ihren Satz. Ich versuchte noch, meinen Schönheitsfehler notdürftig mit der Hand zu verdecken, aber es war bereits zu spät. Mias Augen fiel die blau gefärbte Schwellung sofort auf. Vielleicht hatte sie den Fleck sogar schon durch die Brille hindurch entdeckt , dachte ich resignierend. Katzenaugen!
    Mias Lächeln machte augenblicklich einer ernsten Besorgnis Platz. Nahtlos trat unser Spiel in eine andere Phase ein. In dieser Runde überwogen bei mir jedoch Unsicherheit und Angst. Ich hatte keine Ahnung, wie meine neue Rolle angelegt war, etwa als strahlender Held und jugendlicher Liebhaber oder aber als hinterhältiger Betrüger, der schließlich seiner gerechten Strafe zugeführt wird. Ich hasste Stücke, in denen die Texte frei assoziiert werden mussten.
    »Heeh, du meine Güte!«, rief Mia mit großen Augen (Katzenaugen), »was ist denn mit dir passiert? Hast du dich etwa mit deinem Agenten geprügelt?«
    Schon ganz dicht dran, aber eben noch nicht ganz , dachte ich, ganz der hämisch grinsende Showmaster, der sich diebisch darüber freuen würde, wenn der Jackpot auch diesmal wieder beim Sender bliebe. Beschwichtigend hob ich die Hand, eine – wie ich hoffte – möglichst lässige Geste. »Kein Grund zur Panik.« Ich lächelte. »Es ist halb so schlimm, wie es aussieht. Nur ein paar Kratzer.« Meine Gedanken wirbelten derweil chaotisch in meinem Kopf herum. Gut. In Ordnung. Soweit läuft die Sache ja ganz gut. Nun erzähl’ der jungen Dame nur noch, wie du dir die Verletzungen zugezogen hast. Lass’ dir etwas Kreativeres einfallen als ›unter der Dusche ausgerutscht.
    Die Situation spitzte sich zu. Mia verschlang mich mit ihrem erwartungsvollen Blick, und ich wusste nicht einmal annähernd, welche Lüge ich ihr auftischen sollte.
    »Tja, was soll ich sagen«, begann ich schließlich, »die Sache ist eigentlich so dumm, dass ich mich regelrecht schäme, sie dir zu erzählen.«
    Mia, für die Scham ein Fremdwort war, schien auch bei anderen diesbezüglich keine Rücksicht zu nehmen. »Nun hör’ schon auf«, murrte sie gereizt. »Spann’ mich nicht auf die Folter und erzähl’ endlich!«
    Würde ich ja liebend gerne , dachte ich verzweifelt. Meinetwegen 1000 und eine Nacht lang. Meine Fähigkeiten als ad-hoc-Scheherasade waren jedoch mehr als dürftig. »In Ordnung«, gab ich mich scheinbar geschlagen, »aber es ist wirklich zu dumm …« Meine Augen wanderten hilfesuchend vom Schreibtisch herüber zur Wand. Bei einer Reihe von

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