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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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als Mia jedoch den weißen Verband erspähte, schnellte sie hoch wie ein weiblicher Jack-in-the-Box.
    »Ooooh, neiiin!«, schrie sie. »Was ist denn das?«
    Ich konnte sie gerade noch festhalten. »Nichts! Gar nichts … nur ein weiterer kleiner Kratzer.« Jetzt gab es kein Zurück mehr – ich durfte nur nicht aufgeben. Meiner Geschichte fehlten höchstens noch einige klärende Zusätze.
    »Weitere Kratzer? Was soll das heißen?«, fragte Mia aufgeregt. »Warst du bei einem Arzt?«
    »Nein, das war nicht nötig. Cool down, Baby, es sind doch nur ein paar lächerliche Schrammen. Ich hatte immerhin einen Stunt aus der ersten Etage … aber es ist okay, hörst du? Alles in bester Ordnung.«
    Mia schaute mich immer noch zweifelnd an. »Wo hast du dich noch verletzt? Etwa auch dort?« Ungeniert wanderte ihre Hand zwischen meine Beine.
    Diese besondere Art der Anteilnahme ließ mich unwillkürlich schmunzeln. »Keine Angst, du kleiner Nimmersatt. Wie ich gerade spüre, ist dort sogar alles mehr als in Ordnung.«
    Das seitliche Pendeln ihres Kopfes schlug den Takt zu ihrem misstrauischen Grübeln. »Sie mögen ja recht haben, junger Mann, aber mir als erfahrener Schwester bleiben da doch noch ernste Bedenken.«
    »Ja? Inwiefern?«
    Mia öffnete wie zufällig einen weiteren Knopf ihrer Bluse. »Tja, zur Sicherheit werde ich mich wohl persönlich vom Gesundheitszustand des Patienten überzeugen müssen.« Sie fasste sich in den Ausschnitt und ließ ihren linken Busen aus dem Stoff gleiten. »Es mag eine vielleicht etwas lästige Untersuchungsmethode sein, aber es geschieht nur zu Ihrem besten.« Die rechte Brust folgte. »Was sein muss, muss eben sein.« Breitbeinig, mit hochgeschobenem Rock blieb sie vor mir stehen. »Na, was ist denn, junger Mann? Soll ich bei der Untersuchung etwa alles alleine machen?«
     
    Der Sturm hat nun seinen Höhepunkt erreicht; wild und unbeherrscht tobt er über mich hinweg. Seit einiger Zeit hat sich auch Regen darunter gemischt. Fast waagerecht prasseln die Tropfen gegen die Scheibe. Über mir hämmert das Fliegengitter, als wollte es jeden Augenblick abreißen. Die Luft stinkt fast vor Ozon.
    Oh, wie ich dieses Inferno genieße! Selbst gerade, als für wenige Momente der Strom ausfiel, begrüßte ich die Finsternis. Wäre es möglich, so würde ich die folgenden Passagen meiner Geschichte liebend gerne in vollkommener Dunkelheit schreiben. Es würde mir helfen, mich auf die immer bedrohlicher werdenden Schatten zu konzentrieren, welche die noch kommenden Ereignisse vorauswarfen. So allerdings, selbst im Schein einer schwachen Tischlampe, bleibt es nicht aus, dass ich mich auch an die wenigen Lichtflecke erinnere, die dazwischen lagen …
     
     

2. Kapitel
     
    »Damiyat«
Bubastis, 1891

An jenem Tag im Dezember leuchtete ein solcher Lichtfleck, so glaubte ich jedenfalls. Aus einer Beinahe-Niederlage war ich als zerschundener, aber letztlich doch erfolgreicher Kämpfer hervorgegangen. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher. Ich habe mich seitdem immer wieder gefragt, wer von uns beiden der bessere Täuscher war. Die Antwort fällt immer gleich aus: Im Vergleich zu Bastet war ich nichts weiter als ein stotternder Pinocchio mit einer meterlangen Nase.
    Zuweilen bin ich fest davon überzeugt, dass Mia (oder ein Teil von ihr) schon damals ganz genau wusste, wie ich zu meinen Verletzungen gekommen war. Schließlich war Ach – so selbstherrlich sich die Dämonin auch gab – irgendwie mit ihr verbunden. Betrachtete man die Sache von dieser Seite, dann war in Wirklichkeit sie die große Komödiantin, die sich an den Notlügen eines Anfängers ergötzte.
    Eines darf ich nie aus den Augen verlieren: Tief in ihrem Inneren war Mia eine Katze. Und Katzen lieben das Spiel. Selbst wenn ihr Partner eine tote Maus ist.
    Mein ›Unfall‹ änderte nichts an Mias allgemeinem Verhalten (im Grunde hatte ich das auch kaum erwartet). Etwa eine Woche nach dem Vorfall frühstückte ich abermals allein. Was sollte ich tun? Ich nahm es hin wie Hitze oder Kälte, wie ein unabänderliches Gesetz der Natur.
    Meine Wunden verheilten recht gut, selbst am Arm bildeten sich langsam feine Narben. Zusammen mit den nachlassenden Schmerzen verblassten auch die Erinnerungen an die Begegnung mit Ach. Schon bald kam es mir nur noch wie ein böser Albtraum vor. Mein Forschertrieb war jedoch keineswegs gebrochen.
     
    Als ich an diesem Morgen den Rest meines Kaffees schlürfte, entschied ich mich spontan zu weiteren

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