Katzendaemmerung
verlassen?«, fragte sie überrascht. Ihr Mund und ihr Kinn glänzten, als hätte sie gerade ein Schälchen Milch ausgeschleckt.
»Ja … äh … ich habe noch zu arbeiten - ein Eilauftrag.«
Mia zuckte nur leicht mit den Schultern. »Schade. Wir wollen nämlich gleich zum ›Palace‹ aufbrechen. Ein bisschen Abtanzen. Hättest du nicht Lust, uns zu begleiten?«
»Äh … eigentlich liebend gern«, wand ich mich diplomatisch, »aber heute klappt’s leider nicht. Die Exposés müssen bis morgen fertig sein.« Es kümmerte mich nicht, ob Mia mir diese Ausrede abnahm, entscheidend war nur, dass ich nicht Teil einer unheiligen ›menage à trois‹ wurde.
Nun zog sogar Rosalie einen Schmollmund. »Das ist aber wirklich dumm«, murmelte sie nachdenklich. Sie richtete sich etwas auf, damit sie mich besser sehen konnte. Durch die Bewegung rutschte ihr Dekolleté so weit nach unten, dass der größte Teil ihres Busens enthüllt wurde. »Mia meinte nämlich, du könntest vielleicht ein paar Aufnahmen von mir machen.« Es war schon erstaunlich, wie schnell Rosalie die Rolle der züchtigen Internatsschülerin abgelegt hatte. Mit wohlbedachtem Kalkül reckte sie sich so weit, dass nun auch ihre andere Brust nahe daran war, aus dem Stoff zu quellen. »Ich weiß, du hast sicher viel zu tun, aber könntest du morgen nicht ein paar klitzekleine Minuten für mich abzweigen? Na, was meinst du? Ich sage auch ganz lieb ›bitte, bitte‹.«
Nur widerstrebend wanderten meine Augen zu ihrem Gesicht hinauf. »Ich … also … drei, vier Bilder … ja, das müsste zu machen sein. Wer weiß? Vielleicht reicht es ja auch für einen ganzen Film.« Tatsächlich dachte ich aber nicht im Traum daran, auch nur ein einziges Foto von Rosalie zu schießen. Nie mehr , schwor ich mir. Es wurde endlich Zeit, einen Schlussstrich unter Mias Gespielinnen und die damit verbundenen Exzesse zu ziehen. Ich fühlte mich ausgebrannt. Leer. Wenn Mia in Zukunft auf Jagd nach Frischfleisch ginge, wollte ich nichts mehr davon wissen. Nie mehr! Sehnsüchtig erinnerte ich mich an die Zeit, als Bastet mir ihre wahre Natur noch verschwiegen hatte, damals, als ich mich rettungslos in zwei tiefschwarze Augen verliebt hatte – in zwei Augen, die einer Frau namens Natascha gehörten. Ob es wohl möglich war, jemals wieder so glücklich zu werden? Oder war Glück am Ende nur eine naive Illusion, ein Gefühl, das nur dummen oder unwissenden Menschen vorbehalten war?
Ich verdrängte den düsteren Gedanken und konzentrierte mich wieder auf Rosalie. Noch immer zeigte sie sich in ihrer Pin-up-Pose. Nun gut , dachte ich seufzend. Meine Aussprache mit Mia musste warten, bis unser Gast endlich wieder verschwunden war. Bis dahin aber würde ich meine Rolle weiterspielen. Ein letzter Auftritt als freizügiger Fotograf, für den Eifersucht ein Fremdwort war.
Ich schenkte der dunklen Schönheit ein möglichst zweideutiges Lächeln. »Wenn ich die Sache sooo betrachte, dann sprechen einige gewichtige Argumente sogar für zwei Filme. Einer allein würde deinen … äh … deiner Persönlichkeit einfach nicht gerecht.«
Rosalie klatschte vor Freude in die Hände. »Oooh, das ist ja wunderbar! Toll! Thomas, du bist wirklich ein Schatz.« Aufgeregt drehte sie sich zu ihrer Nachbarin herum. Das glänzende Haar folgte ihrem Kopf wie ein dunkler Kometenschweif. »Hast du gehört? Zwei ganze Filme. Nur mit mir.«
Mia machte keinen Hehl daraus, dass es für sie momentan wichtigere Dinge gab. Zärtlich umfasste sie das Gesicht des Mädchens und ließ dann ihre Hände sanft über den Hals bis zu seinen Schultern gleiten. »Tja, auf Tom kann man sich eben verlassen. Aber wenn er noch arbeiten muss, sollten wir ihn besser nicht länger stören, findest du nicht?« Statt eine Antwort abzuwarten, schob sie ihrer überraschten Freundin neckisch die Zunge zwischen die Lippen. »Schließlich haben wir zwei bis morgen auch noch jede Menge zu erledigen, nicht wahr, meine Süße?« Bei diesen Worten ließ Mia ihre Hände so geschickt über Rosalies Schultern und Arme gleiten, dass dadurch das ganze Kleid bis zu ihren Ellbogen rutschte. Auf diese Weise wurde Rosalie nicht nur völlig entblößt, sie konnte sich auch so nicht mehr den wilden Liebkosungen ihrer Gefährtin erwehren.
Das Mädchen ergab sich aber nur zu gerne in ihr Schicksal; mit einem tiefen Stöhnen warf sie den Kopf in den Nacken und schloss einfach die Augen.
Noch immer umkrampften meine Finger den Türknauf. Es dauerte eine
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