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Katzenhöhle

Katzenhöhle

Titel: Katzenhöhle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hildegunde Artmeier
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sie wach im Bett gelegen, hatte sich gegen dieses dumpfe Geräusch zu wehren versucht und hatte an Mira gedacht, die in ihrem Blut dagelegen war, mit starren Augen. An Mira, die sie nie wieder belächeln und bevormunden würde – und die ihr unendlich fehlen würde.
     
    Helmuts Gesicht war ausgesprochen griesgrämig. Das war an und für sich nichts Neues, vor allem nicht vor der ersten Tasse Kaffee. Aber heute sah er noch missmutiger aus als sonst. Lilian stand auf.
    »Ich hol dir ’nen Kaffee, liebster aller Kollegen.« Sie zog die letzten drei Worte übertrieben in die Länge.
    »Verarschen kann ich mich selber.«
    Der hatte mal wieder eine blendende Laune. Manchmal wünschte sie sich wirklich ein anderes Gegenüber.
    In der Kaffeeküche fand sie nur eine leere Kaffeekanne vor. Also setzte sie neuen Kaffee auf und wartete geduldig. Sie wusste genau, warum Helmut so sauer war. Er hatte die morgendliche Dienstbesprechung versäumt, weil er beim Zahnarzt gewesen war. Die Schmerzen waren zwar verschwunden, dafür hatte er aber erfahren müssen, dass Lilian diesen neuen Fall leitete. Pech aber auch – keine Lorbeeren für den aufstrebenden Kriminaloberkommissar Brunner, wenn die Ermittlungen innerhalb weniger Tage erfolgreich abgeschlossen werden konnten. Noch dazu bei einem so spektakulären Todesfall: Primaballerina mit Aktstatue erschlagen, mitten im oberpfälzischen Regensburg, während die ganze Welt über ihren Verbleib rätselte. Das würde Schlagzeilen bringen! Wenn Lilian dieses Mal besagte Lorbeeren einheimste, konnte Helmut seine längst fällige Beförderung zum Kriminalhauptkommissar vorerst vergessen. Nicht, dass Lilian ihm diesen Sprung nicht gegönnt hätte: Er arbeitete hart und verlangte von sich mehr als von allen anderen. Außerdem erstickte er fast in den Schulden für das neugebaute Reihenhaus, das er und seine Frau Maika mit kärglichen Mitteln und einem horrenden Kredit zu finanzieren versuchten. Eine Gehaltserhöhung hätte er wirklich gut gebrauchen können. Als der Kaffee durchgelaufen war, war Lilian schon etwas milder gestimmt. Sie goss zwei Tassen Kaffee ein. In die eine schaufelte sie einen großen Berg Zucker.
    Im Büro stellte sie den Becher vorsichtig auf Helmuts Schreibtisch ab. »Bitte sehr, mein Friedensangebot.«
    Helmut rührte um und probierte. »Sogar mit dem richtigen Quantum an Zucker.« Er musste grinsen, obwohl er sich sehr bemühte, das nicht zu tun. »Du bist ein Schatz.«
    »Weiß ich.« Sie schmunzelte und trank einen Schluck. »Ganz okay für Bullengesöff, auch wenn’s kein Cappuccino ist, oder?«
    Lilians Telefon läutete. Es war der Staatsanwalt. Lilian hörte sich an, was er zu sagen hatte, murmelte einige Jas und legte auf.
    »Ich schätze mal, das war eine diskrete Nachfrage, ob der Fall schon gelöst ist.« Helmuts Grinsen wurde breiter.
    »Der Kandidat hat hundert Punkte.«
    »Dann mal viel Spaß bei den Ermittlungen, Chefin.«
    Lilian überhörte diese Äußerung und konsultierte ihre Armbanduhr. »Noch ein Friedensangebot: Ich brauch dich bei der Obduktion. Du weißt ja, mir wird da immer schlecht, und dann krieg ich nur die Hälfte mit.«
    »Und das nennst du Friedensangebot?«
    Er leerte seine Tasse in einem Zug, seine Augen blitzten. Jetzt sah er gar nicht mehr unzufrieden aus. Sein Jagdfieber war erwacht.

5
    Die Obduktion dauerte zwei Stunden. Gut, dass Lilian wie immer nichts gefrühstückt hatte, außer dem obligatorischen Cappuccino mit aufgeschäumter Milch. Mit fahlem Gesicht und steinerner Miene hörte sie sich das Resümee des Rechtsmediziners an: Platzwunde am Kopf mit starkem Blutverlust, Trümmerfraktur des Schädels mit Gehirnverletzung durch Knochenfragmente, Gehirnblutung, zentrale Atemlähmung. Ansonsten war nur noch die Alkoholkonzentration im Blut nennenswert: 1,9 Promille. Dass die Frau über eine ausgezeichnete körperliche Konstitution verfügt hatte, verstand sich ja von selbst, so der Rechtsmediziner. Helmut stellte einige kluge Fragen, machte einen gelungenen Abschlusswitz und verabredete sich mit dem Arzt auf ein Bier nach Dienstschluss in den Kneitinger Keller. Lilian war froh, dass niemand sie fragte, ob sie mitkommen wolle. Erstens bevorzugte sie Wein und zweitens wäre ihr bei einer Kombination aus Bier und detailliertem Wiederaufwärmen des Pathologiebefundes noch schlechter geworden.
    Lilian setzte Helmut in der Polizeidirektion ab und fuhr weiter zur Wöhrd Insel. Sie wollte mit Cedric Ormond reden. Der Ballettintendant

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