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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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natürlich nicht persönlich, Artikel in Fachzeitschriften und einmal Leserbriefe in der Times , akribisch, aber bissig, ironisch von seiner Seite. Er schätzt mich nicht, vermutlich vermutet er, ich möchte seinen Posten bekleiden, und ich streite nicht ab, dass mir vor Jahren der Gedanke durch den Kopf ging … Aber das ist jetzt nicht der Punkt. Letzten Endes schätze auch ich ihn nicht, ich halte ihn für einen eingebildeten Kakadu, wenn Sie meine Meinung wissen wollen; aber ich billige ihm eine hohe Fachkompetenz zu, und aus diesem Grund habe ich … habe ich ihm einen Brief geschrieben …»
    Er zog einen dicken Umschlag aus der Jackettinnentasche und machte Anstalten, ihn dem anderen zu geben, doch im letzten Moment zog er die Hand wieder zurück und schaute mit tränennassen Augen auf das Kuvert.
    «Um Himmels willen, Whitelands, beherrschen Sie sich», murmelte der Botschaftsrat, als er die Verwirrung seines Gegenübers sah. «Ihr Benehmen ist ja peinlich. Wollen Sie noch einen Whisky?»
    Er gab dem Kellner ein Zeichen, dieser interpretierte die Absicht richtig und brachte eilig ein Glas Whisky. Doch da hatte sich Anthony schon wieder von seiner plötzlichen Erregung erholt und reinigte mit dem Taschentuch seine Brillengläser. «Verzeihen Sie, Parker», sagte er stockend. «Ich habe einen … einen Schwächeanfall erlitten … Aber es geht mir schon wieder gut. Der Brief», sagte er zwischen kleinen Schlucken Whisky, «der Brief ist für Edwin Garrigaw und darf ihm nur ausgehändigt werden, falls mir etwas zustoßen sollte. Sie verstehen schon. Ich vertraue ihn Ihnen unter dieser Bedingung an. Falls mir … falls mir etwas zustoßen sollte, falls mich etwas Unvorhergesehenes daran hindern sollte … Es ist von vitaler Bedeutung, dass der Brief zu Garrigaw gelangt. Darin erzähle ich ihm alles … Ich meine, von dem Velázquez-Bild, das ich vorhin erwähnt habe. Es darf unter keinem Vorwand und aus keinem Grund länger verborgen bleiben – die Welt muss von seiner Existenz wissen, und es muss unbedingt nach England kommen. Edwin wird wissen, wie das anzustellen ist. Und wenn nicht er, soll man Lord Nelson oder Sir Francis Drake exhumieren, aber wir müssen uns dieses verdammte Bild aneignen, Parker, um jeden Preis, verstehen Sie?, um jeden Preis. Dieses Bild ist mehr wert als die Minen von Riotinto. Haben Sie das verstanden, Parker? Haben Sie die Art und die Bedeutung Ihrer Mission verstanden, Parker?»
    «Ja doch. Da gibt es keine Komplikation. Diesen Brief einem Typen in London aushändigen.»
    «Aber nur, falls mir etwas zustößt, ja? Sonst auf gar keinen Fall. Und wenn Sie aus welchem Grund auch immer Violet den Brief geben müssen, dann vergessen Sie nicht, ihm zu sagen, dass ich es war, der das Bild entdeckt und seine Urheberschaft bestimmt hat. Lassen Sie nicht zu, dass er das Bild und den Ruhm einheimst. Sollte mir etwas zustoßen …, dann wird man meiner wenigstens in Würde gedenken …»
    «Seien Sie unbesorgt, Whitelands», sagte der junge Diplomat eilig, als er sah, dass dem anderen wieder die Tränen in die Augen traten. «Der Brief befindet sich in guten Händen. Und hoffen wir, dass ich ihn seinem Empfänger nicht zukommen lassen muss. Und nun sagen Sie mir, was haben Sie vor?»
    «Der Brief …»
    «Ja, ja, der Brief. Falls Ihnen etwas Unwiderrufliches zustoßen sollte, das habe ich jetzt kapiert. Aber im Moment leben Sie noch, und es wird Ihnen nichts zustoßen, wenn Sie sich nicht in Dinge einmischen, die Sie nichts angehen. Aber ich frage Sie, was haben Sie nun vor? In der Sache mit dem Bild, meine ich.»
    Anthony sah den Botschaftsrat verblüfft an, als erschiene ihm die Frage absurd. Nach einer Weile strich er sich mit der Hand übers Gesicht und sagte: «Vorhaben? Ich … ich weiß es nicht. Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.»
    «Verstehe, verstehe. Was Sie tun, geht mich nichts an. Aber da Sie mich schon angerufen haben, um mich ins Vertrauen zu ziehen, erachte ich es als meine Pflicht, dieses Vertrauen mit einem freundschaftlichen Rat zu erwidern.»
    «Oh, ich weiß schon, was Sie mir sagen wollen. Aber ich höre Ihren Rat lieber nicht. Seien Sie nicht eingeschnappt, Parker. Sie sind ein guter Mensch, und ich danke Ihnen für Ihre Bereitschaft. Eigentlich … eigentlich sind Sie der einzige Freund, den ich auf der Welt habe …»
    Als der junge Diplomat sah, dass sein tieftrauriges Gegenüber wieder zu schniefen begann, nahm er sacht den Brief, steckte ihn in die Tasche,

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